Die Anziehungskraft der EU für die Ukraine, Georgien und Moldau

Was macht einen Beitritt in die EU für die Gesellschaften der Ukraine, Georgien und Moldau so attraktiv und worin liegt die Anziehungskraft der Europäischen Union für diese Länder aus? Darüber diskutierten auf unserem Panel bei Café Kyiv.
An der Diskussion nahmen teil: Knut Abraham, CDU-Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Zaal Andronikasvili, Publizist und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut für Literatur- und Kulturforschung, sowie Ljudmyla Melnyk, Präsidentin der Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft. Ebenso beteiligt war Martin Sieg, Strategischer Berater in Chisinau. Khatia Kikalishvili, Direktorin des Programms „Östlicher Partnerschaft“ des Zentrum Liberale Moderne, moderierte die Veranstaltung.
Ljudmyla Melnyk brachte die Situation für die Ukraine auf den Punkt: „Die Ukraine hat keine andere Wahl, als Mitglied der EU zu werden, denn nur so kann sie überhaupt überleben.“ Welche Bedeutung die europäischen Werte von Rechtsstaatlichkeit und Freiheit für die Menschen in der Ukraine haben, machte sie mithilfe der persönlichen Geschichte ihrer Großmutter deutlich: Sie sei zu Zeiten der Sowjetunion für zehn Jahre in den Gulag verbannt worden, aufgrund von Willkür. Erfahrungen wie ihre Großmutter hätten viele Menschen in der Ukraine gemacht, sie wüssten daher aus eigenen Erfahrungen, was Rechtsstaatlichkeit und Demokratie bedeuten. Genau darum ginge es ihnen, es sei die einzige Möglichkeit, sich demokratisch und rechtsstaatlich zu entwickeln. In der aktuellen Kriegssituation ginge es noch um noch viel mehr: „Es ist für die Ukraine das einzige Mittel, um als Staat zu überleben“.
Dr. Zaal Andronikashvili blickte nach Georgien, wo Tausende Menschen seit mehr als drei Monate ununterbrochen auf die Straßen gehen, um gegen eine Regierung zu protestieren. Gegen eine Regierung, die illegitim sei weil sie durch Wahlmanipulation an die Macht gekommen sei und die EU-Verhandlungen abgebrochen hat.
„Es ist so, dass die Menschen in Georgien die EU mit ihrer Freiheit verbinden. Die EU steht für Reformen, sie steht für Freiheit. Die Menschen in Georgien haben sich entschieden: Sie wollen nicht Teil eines autokratischen Regimes sein, sie wollen Teil eines Rechtsstaates sein. Das ist eine politische Entscheidung, es ist eine Werte-Entscheidung, sie hat mit Wohlstand nichts zu tun. Es gibt auch andere Modelle, um an Wohlstand zu kommen. Hier aber geht es um eine politische Zukunft in einem freien Rechtsstaat. Dafür kämpfen die Menschen.“ (Dr. Zaal Andronikashvili)
Und auf die Situation in Moldau schauend, betonte Martin Sieg, dass es auch hier um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ginge, allerdings sei die Situation in Moldau uneindeutiger: Viele Menschen hätten sich in der Situation eingerichtet. Man habe dort Demonstrationen gegen die EU gesehen, allerdings seien die Demonstranten dafür bezahlt worden. Bei den pro-europäischen Demonstrationen hingegen seien die Menschen in weit größerer Zahl auf die Straße gegangen, ohne dafür bezahlt zu werden.
Er verwies darauf, dass es auch für den Zentral- und Westeuropa problematisch sei, wenn Osteuropa zu einer Grauzone werde, in der sowohl politische Akteure als auch Oligarchen mit wirtschaftlichen Interessen einflussreicher würden.
Knut Abraham fügte hinzu:
„Die Erweiterung der EU ist ja keine Charity-Veranstaltung, sondern es liegt in unserem ureigensten Interesse, die Ukraine, Moldau und Georgien in die EU aufzunehmen. Das ist auch in unserem deutschen, im europäischen Interesse. Denn wenn der Osten Europas eine Grauzone ist, die für zwielichtige Geschäfte genutzt wird, ist das auch ein Problem für uns. Die Stabilität des Ostens Europa durch eine EU-Mitgliedschaft ist daher in unserem ureigensten Interesse.“ (Knut Abraham)
Und er ergänzte: Nicht erst aufgrund der aktuellen Entwicklung in den USA sei es auch in unserem eigenen geopolitischen Interesse, diese Länder in die EU aufzunehmen. Eine Mitgliedschaft beinhalte auch eine bindende militärischen Beistandsverpflichtung, damit sei eine EU-Mitgliedschaft auch ein Garant für die Sicherheit Europas.
Es war eine trotz der Beiträge aus verschiedenen Länderperspektiven sehr einstimmige Diskussion, die klar machte: Den EU-Beitrittskandidaten geht es um eine Mitgliedschaft in einer Wertegemeinschaft. Von ihrem Beitritt profitieren nicht nur sie, sondern das gesamte EU-Bündnis.
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