Warum „Soziale Markt­wirt­schaft ökolo­gisch erneuern“?

Das Zentrum Liberale Moderne hat heute zusammen mit der Konrad-Adenauer-Stiftung das Buch „Soziale Markt­wirt­schaft ökolo­gisch erneuern“ vorge­stellt. Darin erör­tern nam­hafte Autorin­nen und Autoren ord­nungs­po­li­ti­sche Leit­li­nien für die öko­lo­gi­sche Fort­ent­wick­lung der Sozialen Markt­wirt­schaft. Hier erklärt Ralf Fücks die Motive für das Buch.

Sie können das Buch „Soziale Markt­wirt­schaft ökolo­gisch erneuern“ von Ralf Fücks und Thomas Köhler (Hrsg.) kostenlos per E‑Mail bestellen

  • Weshalb „Soziale Markt­wirt­schaft ökolo­gisch erneuern“?

Die Soziale Markt­wirt­schaft ist eine beein­dru­ckende Erfolgs­ge­schichte – sie ermög­lichte einen nie gesehenen wirtschaft­lichen Aufschwung aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs, den sozialen Aufstieg breiter Schichten, die Befriedung des Konflikts zwischen Kapital und Arbeit und einen starken Mittel­stand. Erfolge der Vergan­genheit sind aller­dings kein Ruhekissen für die Zukunft. „Weiter so“ ist nicht zukunfts­fähig, vor allem aus zwei Gründen:

Erstens: Die Soziale Markt­wirt­schaft ist renovie­rungs­be­dürftig. Stich­worte sind Wohnungsnot in Ballungs­zentren, Armut von Allein­er­zie­henden, sinkende Aufwärts­mo­bi­lität und wachsende Ungleichheit.

Zweitens: Klima­wandel, Arten­sterben und die Gefährdung der maritimen Ökosysteme sind akute Alarm­zeichen, dass die bisherige, auf fossilen Energien und einem wachsenden Ressour­cen­ver­brauch basie­rende Indus­trie­ge­sell­schaft ihre ökolo­gi­schen Grund­lagen zerstört. Ökolo­gische Trans­for­mation bedeutet deshalb keine bloß graduelle Verän­derung. Es geht um nichts Gerin­geres als eine grüne indus­trielle Revolution, eine grund­le­gende Erneuerung von Energie­system und Verkehr, Industrie und Landwirtschaft.

Dafür dürfen wir die Soziale Markt­wirt­schaft nicht über Bord werfen. Eine bessere Alter­native ist weit und breit nicht in Sicht. Wir sind überzeugt, dass eine freiheit­liche Wirtschafts­ordnung auch die beste Voraus­setzung bietet, um den Wettlauf mit dem Klima­wandel zu gewinnen. Unser Ziel muss sein, die Dynamik der Markt­wirt­schaft in eine ökolo­gische Richtung zu lenken.

  • Das führt zur zentralen Frage unseres Bandes: Wie kann die ökolo­gische Trans­for­mation der Indus­trie­ge­sell­schaft gelingen? 

Wir erleben gegen­wärtig einen Überbie­tungs­wett­bewerb von Verbots­for­de­rungen. Unter­schied­liche Modelle für eine Bepreisung von CO2-Emissionen stehen neben sektor­spe­zi­fi­schen Zielen für Gebäude, Verkehr und Landwirt­schaft. Es gibt reichlich Vorschläge und wenig ordnungs­po­li­tische Orientierung.

Die Heraus­geber und – soweit ich es sehe – auch die Autorinnen und Autoren des Bandes haben eine klare Präferenz für den Preis­me­cha­nismus als zentrales Steue­rungs­in­strument einer Markt­wirt­schaft. Das gilt nicht nur für CO2-Emissionen. Vielmehr geht es um eine umfas­sende ökolo­gische Steuer­reform mit steigenden Tarifen für schäd­liche Emissionen und den Verbrauch knapper Ressourcen.

Wenn die Umwelt­krise die Folge einer chroni­schen Exter­na­li­sierung ökolo­gi­scher Kosten ist, dann ist der wirksamste Hebel ökolo­gi­scher Politik die Einbe­ziehung dieser Kosten in die Preis­bildung – sei es in Form von Abgaben und Steuern oder durch einen Markt für Emissi­ons­rechte, nicht zu vergessen den Abbau umwelt­schäd­licher Subven­tionen. Bei alledem geht es wohlge­merkt um Ordnungs­po­litik, aber eine Politik, die vor allem auf die Dynamik von Märkten und auf die Innova­ti­ons­kraft von Wissen­schaft und Unter­nehmen setzt.

Weshalb Vorrang für markt­wirt­schaft­liches Instru­men­tarium? Es befördert den Innova­ti­ons­wett­bewerb, setzt Anreize für Eigen­in­itiative von Produ­zenten und Konsu­menten und entfaltet eine Multi­pli­ka­tor­wirkung über die ganze Breite der Volkswirtschaft

Reichen ein progressiv angelegter CO2-Preis und andere Umwelt- und Ressour­cen­steuern aus? Kurz: nein. Wo der Preis­me­cha­nismus nicht greift, brauchen wir auch künftig ein flankie­rendes Instru­men­tarium von Grenz­werten, Förder­pro­grammen und auch von Verboten als Ultima Ratio der Politik. Krebs­er­re­gende Stoffe gehören verboten, Rasen in der Stadt ebenfalls.

Nicht zuletzt ist die öffent­liche Hand als Investor gefragt. Inves­ti­tionen in Bildung, Wissen­schaft und öffent­liche Infra­struktur müssen deutlich steigen, wenn wir den ökolo­gi­schen Umbau beschleu­nigen wollen. Ein Beispiel: Die Sonntags­reden zur Verla­gerung von Flugreisen und Autoverkehr auf die Schiene bleiben ein frommer Wunsch, wenn sie nicht mit einem massiven Ausbau der Kapazi­täten im Bahnverkehr einhergehen.

  • Zu all diesen Fragen finden sich in diesem Band eine Fülle von Anregungen.

Einige Beiträge konzen­trieren sich auf syste­mische Fragen – etwa die Archi­tektur der Energie­wende – , andere konzen­trieren sich auf Schlüs­sel­sek­toren wie die Landwirt­schaft, eine dritte Gruppe von Beiträgen beleuchtet die Rolle von Unter­nehmen und Verbrau­chern als Akteure der ökolo­gi­schen Trans­for­mation. Ein Querschnitts­thema, das sich durch den Band zieht, ist die Frage, wie wir nationale Regle­ments besser mit europäi­schen und inter­na­tio­nalen verknüpfen können. Auch die Verbindung von Ökologie und sozialer Teilhabe wird hoch gehandelt: Wer das eine gegen das andere ausspielt, wird am Ende beides verlieren.

  • Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes…

…reprä­sen­tieren ein vielfäl­tiges Spektrum an fachlicher Expertise und politi­schen Überzeu­gungen. Einige kommen aus der Wissen­schaft, andere aus der Wirtschaft, aus Verbänden, Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tionen und der Politik. Dass einige promi­nente Köpfe der Union dabei sind, war gewollt. Mit Sicherheit handelt es sich aber nicht um eine Parteischrift.

  • Und weshalb macht der Fücks jetzt gemeinsame Sache mit der Adenauer-Stiftung?

Ich halte es mit Deng Xiaoping: Egal ob die Katze grün oder schwarz ist, Haupt­sache sie fängt Mäuse. Wenn wir den Klima­schutz auf Trab bringen wollen, müssen wir ihn auf die Agenda aller demokra­ti­schen Parteien setzen.

Ich hoffe also, dass wir mit diesem Band dazu beitragen, den Wettbewerb um die ökolo­gische Erneuerung der Markt­wirt­schaft anzukurbeln. Je mehr politische und gesell­schaft­liche Akteure sich daran betei­ligen, umso besser.

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