Appell ukrainischer Juden an den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz
Ukrainische Juden fordern in einem Appell an den deutschen Bundeskanzler Unterstützung für die Ukraine – bei der Lieferung von Verteidigungswaffen – und bei ihren NATO- und EU-Beitrittsbestrebungen. Deutschland sollte ein klares Signal gegen die aggressive Politik des Kremls setzen.
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Olaf Scholz!
Wir ukrainische Juden, wissen aus der Geschichte unserer Familien gut, was Krieg bedeutet und welches Unglück er allen Völkern bringt.
Wir, wie die Mehrheit unserer Landsleute, schätzen die vielfältige Hilfe für unser Land vonseiten der Bundesrepublik Deutschland sowie die Friedensbemühungen der Bundesregierung in der Ostukraine. Leider halten die wachsenden Spannungen an den Grenzen der Ukraine und der von der Russischen Föderation besetzten Gebiete an.
Wir alle verstehen jetzt, dass das Szenario einer Verschärfung der Sicherheitslage bis hin zu einem groß angelegten bewaffneten Konflikt mit vielen Opfern und Flüchtlingen nach Europa, durchaus möglich erscheint. Nicht nur die territoriale Integrität und die staatliche Souveränität der Ukraine stehen auf dem Spiel – sie wurden bereits vor acht Jahren von der Russischen Föderation verletzt – auch die Reaktion der internationalen Gemeinschaft, wie jetzt offensichtlich, reichte bei weitem nicht aus, um auf den Aggressor Einfluss zu nehmen.
Sprechen wir über die Existenz der Ukraine als unabhängiger und souveräner Staat und als Konsequenz, über die Stabilität des gesamten Kontinents.
Wir sind uns der besonderen Werte und Schwerpunkte deutscher Außenpolitik bewusst. Jetzt jedoch, angesichts einer möglichen Eskalation der bewaffneten Aggression Russlands gegen unser Land, halten wir es für notwendig, Sie aufzufordern, entschlossenere Maßnahmen zu ergreifen, um der Aggression Russlands Widerstand zu leisten und damit die Situation zu stabilisieren.
Wir stellen verantwortungsvoll fest, dass unter den gegenwärtigen Umständen die Behinderung von Waffenlieferungen an die Ukraine durch das Beschaffungssystem der NATO nur als ein Zugeständnis auf Druck des Kremls interpretiert werden kann – das aus logischer Sichtweise nicht gerechtfertigt und moralisch einfach nicht akzeptabel ist.
Wir alle wissen sehr gut, wohin die Politik der Beschwichtigung und Ermutigung den Aggressor führt. Die Versorgung der Ukraine mit defensiven letalen Waffen kann eine entscheidende präventive Rolle dabei spielen, Moskaus aggressive Pläne zu stoppen. Auch die unmissverständlich artikulierte Unterstützung der Bundesregierung für die NATO- und EU-Beitrittsbestrebungen der Ukraine wird dem Kreml ein klares Signal für die Sinnlosigkeit einer aggressiven Politik sein.
Deutschland hat sowohl aus historischen Gründen als auch aufgrund seiner wirtschafts- und militärpolitischen Lage eine besondere Verantwortung für die Sicherheit und eine friedliche und stabile Entwicklung in der Region.
Wir sind davon überzeugt, dass die Bundesregierung in der Lage ist, aus den schwierigen Lehren der Geschichte den einzig richtigen Schluss zu ziehen und der Ukraine in dieser für uns alle schwierigen Zeit die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen.
Der Appell wurde am 30. Januar 2022 von 350 Personen unterzeichnet. Die Unterschriftenliste wird aktualisiert. Jeder kann sich dem Appell anschließen.
Pressekontakt:
Oliver Geheeb
Zentrum Liberale Moderne
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