Die Sache der Ukraine ist auch unsere Sache!

Foto: Shut­ter­stock

Ein anderer Offener Brief an Bundes­kanzler Olaf Scholz.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten Sie auf einen etwas anderen Offenen Brief an Bundes­kanzler Olaf Scholz aufmerksam machen, der heute veröf­fent­licht wird: „Die Sache der Ukraine ist auch unsere Sache.“

Unter­zeichnet wurde der Appell von einem breiten Spektrum von Wissenschaftler/​innen, Schriftsteller/​innen und anderen namhaften Persön­lich­keiten des öffent­li­chen Lebens. Die Unter­schriften kamen innerhalb von 24 Stunden zusammen.

Zu den Inten­tionen des Offenen Briefs erklärt Ralf Fücks, Geschäfts­führer des Zentrums Liberale Moderne:

„Nach dem Beschluss des Bundes­tags zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ist eine kontro­verse Debatte über die Haltung Deutsch­lands gegenüber dem russi­schen Angriffs­kriegs gegen die Ukraine entbrannt. Die Unterzeichner/​innen fordern Bundes­kanzler Olaf Scholz und die Bundes­re­gie­rung auf:

  • Die Ukraine rasch mit allen verfüg­baren Waffen auszu­statten, die sie braucht, um die russische Invasion abzuwehren;
  • Russische Ener­gie­ex­porte mit einem Embargo zu belegen, um dem Regime die finan­zi­ellen Mittel für den Krieg zu entziehen;
  • Der Ukraine eine verbind­liche Beitritts­per­spek­tive zur Euro­päi­schen Union zu eröffnen.

Die Ukraine kämpft auch für unsere Sicher­heit und das demo­kra­ti­sche Europa. Dafür sind wir ihr jede Unter­stüt­zung schuldig. Wer einen Frieden will, der diesen Namen verdient, muss die Vertei­di­gungs­fä­hig­keit der Ukraine stärken und die Kriegs­fä­hig­keit Russlands schwächen. Zugleich ist dieser Krieg ein Prüfstein für unsere histo­ri­sche Verpflich­tung, alles zu tun, um neue Verbre­chen gegen die Mensch­lich­keit zu verhindern.“

Wer sich dem Offenen Brief anschließen möchte, kann das via change.org tun:

Pres­se­kon­takt:

Oliver Geheeb
T +49 30 577125819
oliver.geheeb@libmod.de

Die Sache der Ukraine ist auch unsere Sache! Ein anderer Offener Brief an Bundes­kanzler Olaf Scholz

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

auf der Maikund­ge­bung in Düssel­dorf haben Sie gegen Pfiffe und Protest­rufe Ihren Willen bekräf­tigt, die Ukraine auch mit Waffen­lie­fe­rungen zu unter­stützen, damit sie sich erfolg­reich vertei­digen kann. Wir möchten Ihnen auf diesem Weg Beifall für diese klaren Worte zollen
und Sie ermutigen, die Entschlie­ßung des Bundes­tags für Waffen­lie­fe­rungen an die Ukraine rasch in die Tat umzusetzen.

Ange­sichts der Konzen­tra­tion russi­scher Truppen im Osten und Süden der Ukraine, der fort­ge­setzten Bombar­die­rung der Zivil­be­völ­ke­rung, der syste­ma­ti­schen Zerstö­rung der Infra­struktur, der huma­ni­tären Notlage mit mehr als zehn Millionen Flücht­lingen und der wirt­schaft­li­chen Zerrüt­tung der Ukraine infolge des Krieges zählt jeder Tag. Es bedarf keiner beson­deren Mili­tär­ex­per­tise, um zu erkennen, dass der Unter­schied zwischen „defen­siven“ und „offen­siven“ Rüstungs­gü­tern keine Frage des Materials ist: In den Händen der Ange­grif­fenen sind auch Panzer und Haubitzen Defen­siv­waffen, weil sie der Selbst­ver­tei­di­gung dienen.

Wer einen Verhand­lungs­frieden will, der nicht auf die Unter­wer­fung der Ukraine unter die russi­schen Forde­rungen hinaus­läuft, muss ihre Vertei­di­gungs­fä­hig­keit stärken und die Kriegs­fä­hig­keit Russlands maximal schwächen. Das erfordert die konti­nu­ier­liche Lieferung von Waffen und Munition, um die mili­tä­ri­schen Kräf­te­ver­hält­nisse zugunsten der Ukraine zu wenden. Und es erfordert die Auswei­tung ökono­mi­scher Sank­tionen auf den russi­schen Ener­gie­sektor als finan­zi­elle Lebens­ader des Putin-Regimes.

Es liegt im Interesse Deutsch­lands, einen Erfolg des russi­schen Angriffs­kriegs zu verhin­dern. Wer die euro­päi­sche Frie­dens­ord­nung angreift, das Völker­recht mit Füßen tritt und massive Kriegs­ver­bre­chen begeht, darf nicht als Sieger vom Feld gehen. Putins erklärtes Ziel war und ist die Vernich­tung der natio­nalen Eigen­stän­dig­keit der Ukraine. Im ersten Anlauf ist dieser Versuch aufgrund des entschlos­senen Wider­stands und der Opfer­be­reit­schaft der ukrai­ni­schen Gesell­schaft geschei­tert. Auch das jetzt ausge­ru­fene Ziel eines erwei­terten russi­schen Macht­be­reichs von Charkiw bis Odessa kann nicht hinge­nommen werden.

Die gewalt­same Verschie­bung von Grenzen legt die Axt an die euro­päi­sche Frie­dens­ord­nung, an deren Grund­le­gung Ihre Partei großen Anteil hatte. Sie beruht auf Gewalt­ver­zicht, der gleichen Souve­rä­nität aller Staaten und der Aner­ken­nung der Menschen­rechte als Grundlage für fried­liche Koexis­tenz und Zusam­men­ar­beit in Europa. Es wider­spricht deshalb nicht der Ostpo­litik Willy Brandts, die Ukraine heute auch mit Waffen zu unter­stützen, um diese Prinzipien
zu verteidigen.

Russlands Angriff auf die Ukraine ist zugleich ein Angriff auf die euro­päi­sche Sicher­heit. Die Forde­rungen des Kremls für eine Neuord­nung Europas, die im Vorfeld der Invasion formu­liert wurden, sprechen eine klare Sprache. Wenn Putins bewaff­neter Revi­sio­nismus in der Ukraine Erfolg hat, wächst die Gefahr, dass der nächste Krieg auf dem Terri­to­rium der NATO statt­findet. Und wenn eine Atommacht damit durch­kommt, ein Land anzu­greifen, das seine Atom­waffen gegen inter­na­tio­nale Sicher­heits­ga­ran­tien abgegeben hat, ist das ein schwerer Schlag gegen die Nicht­wei­ter­ver­brei­tung von Atomwaffen.

Was die russische Führung fürchtet, ist nicht die fiktive Bedrohung durch die NATO. Viel mehr fürchtet sie den demo­kra­ti­schen Aufbruch in ihrer Nach­bar­schaft. Deshalb der Schul­ter­schluss mit Lukaschenko, deshalb der wütende Versuch, den Weg der Ukraine Richtung Demo­kratie und Europa mit aller Gewalt zu unter­binden. Kein anderes Land musste einen höheren Preis bezahlen, um Teil des demo­kra­ti­schen Europas werden zu können. Die Ukraine verdient deshalb eine verbind­liche Beitritts­per­spek­tive zur Euro­päi­schen Union.

Die Drohung mit dem Atomkrieg ist Teil der psycho­lo­gi­schen Krieg­füh­rung Russlands. Dennoch nehmen wir sie nicht auf die leichte Schulter. Jeder Krieg birgt das Risiko einer Eska­la­tion zum Äußersten. Die Gefahr eines Nukle­ar­krieges ist aber nicht durch Konzes­sionen an den Kreml zu bannen, die ihn zu weiteren mili­tä­ri­schen Aben­teuern ermutigen. Würde der Westen von der Lieferung konven­tio­neller Waffen an die Ukraine zurück­scheuen und sich damit den russi­schen Drohungen beugen, würde das den Kreml zu weiteren Aggres­sionen ermutigen. Der Gefahr einer atomaren Eska­la­tion muss durch glaub­wür­dige Abschre­ckung begegnet werden. Das erfordert Entschlos­sen­heit und Geschlos­sen­heit Europas und des Westens statt deutscher Sonderwege.

Es gibt gute Gründe, eine direkte mili­tä­ri­sche Konfron­ta­tion mit Russland zu vermeiden. Das kann und darf aber nicht bedeuten, dass die Vertei­di­gung der Unab­hän­gig­keit und Freiheit der Ukraine nicht unsere Sache sei. Sie ist auch ein Prüfstein, wie ernst es uns mit dem deutschen „Nie wieder“ ist. Die deutsche Geschichte gebietet alle Anstren­gungen, erneute Vertrei­bungs- und Vernich­tungs­kriege zu verhin­dern. Das gilt erst recht gegenüber einem Land, in dem Wehrmacht und SS mit aller Bruta­lität gewütet haben.

Heute kämpft die Ukraine auch für unsere Sicher­heit und die Grund­werte des freien Europa. Deshalb dürfen wir, darf Europa die Ukraine nicht fallen lassen.

Wer diesen Offenen Brief unter­zeichnen möchte, kann das via change.org tun:
http://www.change.org/KanzlerfuerUkraine

Erstunterzeichner/​innen:

Stephan Anpalagan, Gerhart Baum, Marie­luise Beck, Marie von den Benken, Maxim Biller, Helene von Bismarck, Marianne Birthler, Prof. Tanja Börzel, Wigald Boning, Hans Christoph Buch, Mathias Döpfner, Prof. Sabine Döring, Thomas Enders, Fritz Felgen­treu, Michel Friedman, Ralf Fücks, Marjana Gaponenko, Eren Güvercin, Rebecca Harms, Wolfgang Ischinger, Olga Kaminer, Wladimir Kaminer, Dimitrij Kapi­tel­mann, Daniel Kehlmann, Thomas Kleine-Brockhoff, Gerald Knaus, Gerd Koenen, Ilko-Sascha Kowalczuk, Remko Leemhuis, Sabine Leutheusser-Schnar­ren­berger, Igor Levit, Sascha Lobo, Wolf Lotter, Ahmad Mansour, Marko Martin, Jagoda Marinić, Prof. Carlo Masala, Markus Meckel, Eva Menasse, Herta Müller, Prof. Armin Nassehi, Ronya Othmann, Ruprecht Polenz, Gerd Poppe, Antje Ravik Strubel, Prof. Hedwig Richter, Prof. Thomas Risse, Prof. Gwendolyn Sasse, Prof. Karl Schlögel, Peter Schneider, Linn Selle, Constanze Stel­zen­müller, Funda Tekin, Sebastian Turner, Marina Weisband, Deniz Yücel, Prof. Michael Zürn

ViSdP: Ralf Fücks, Zentrum Liberale Moderne, Rein­hardtstr. 15, 10117 Berlin
www.libmod.de

Zum Download des Offenen Briefes