Klima­wandel: die ökolo­gi­schen Folgen von Nord Stream 2

Nord Stream
Röhren für die Pipeline Nord Stream 2 werden vor Lubmin verlegt – Shutter­stock /​ Stefan Dinse

Protest­schilder gegen das Pipeline-Projekt „Nord Stream 2“ sieht man bei den Fridays-for-Future Demons­tra­tionen kaum. Dabei ist klar, dass Europa Alter­na­tiven zu fossilen Brenn­stoffen braucht. Doch weil Erdgas weniger klima­schädlich ist als Kohle, befür­worten manche Experten und Politiker den Bau der Pipeline. Maxim Edwards lässt in seinem Beitrag die Kontra­henten zu Wort kommen. 

Grünes Licht für Nord Stream 2: Nach zweieinhalb Jahren hat Dänemark dem Bau der Gaspipeline durch seine Wirtschaftszone in der Ostsee zugestimmt.

Die Geneh­migung war die letzte Hürde für die Fertig­stellung der 1.225 Kilometer langen Unter­was­ser­leitung vom russi­schen Ust-Luga im Verwal­tungs­gebiet Leningrad bis an die deutsche Ostsee­küste nach Greifswald.

Mit der Inbetrieb­nahme von Nord Stream 2 im kommenden Frühling und der 2011 eröff­neten Vorgänger-Pipeline könnte sich die Kapazität der russi­schen Erdgas­lie­fe­rungen nach Europa auf 110 Milli­arden Kubik­meter verdoppeln.

Zwar gehört die Pipeline dem staatlich kontrol­lierten russi­schen Energie­riesen Gazprom, etwa die Hälfte der für den Bau aufge­brachten acht Milli­arden Euro stammen jedoch von fünf europäi­schen Firmen: Uniper und Wintershall aus Deutschland, OMV aus Öster­reich, Engie aus Frank­reich und dem nieder­län­disch-briti­schen Konzern Shell. 

Portrait von Adrian Lobe

Maxim Edwards ist Journalist und arbeitet unter anderem für The Atlantic, Al Jazeera, Foreign Policy und The Guardian

Angesichts dieser Namen ist es keine Überra­schung, dass einfluss­reiche Player in Berlin voll an Bord sind. Altkanzler Gerhard Schröder ist sogar Aufsichts­rats­vor­sit­zender des Projekts.

Weil Öl- und Gasein­nahmen rund 40 Prozent des russi­schen Staats­haus­halts ausmachen, warnen Gegner des Projekts, dass es bei einem so großen Deal mit Gazprom niemals ausschließlich ums Geschäft gehen kann.

Geopo­li­tische Themen dominieren Diskussion

Russische Liefe­rungen machen bereits fast 40 Prozent der Erdga­sim­porte der EU aus, weswegen Kritiker von Nord Stream 2 argumen­tieren, dass eine Diver­si­fi­zierung notwendig ist, um zu verhindern, dass Moskaus politi­scher Einfluss mit seinem Erdgas­absatz wächst.

Diese Wirklichkeit ist in Mittel- und Osteuropa stark zu spüren. Der ukrai­nische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, die Pipeline könne „Europa schwächen und Russland stärken“ – teils aus politi­schen Gründen, teils wegen der Befürchtung, Russland könne die osteu­ro­päi­schen Transit­staaten umgehen und ihnen lukrative Transit­ge­bühren entziehen.

Das Versprechen von Bundes­kanz­lerin Angela Merkel, weiterhin Gas über die Ukraine zu beziehen, hat diese Ängste nicht zerstreut.

Bei einer solchen Hinter­grund­ge­schichte überrascht es nicht, dass geopo­li­tische Themen den Großteil der öffent­lichen Diskussion zu Nord Stream 2 in Europa dominiert haben. Hinter Schlag­zeilen wie „Putins Pipeline“ verbirgt sich jedoch eine umfas­sendere Geschichte über die Zukunft von Pipelines im Allge­meinen und die Rolle von Erdgas bei Europas glanz­losen Versuchen, sich von fossilen Brenn­stoffen zu verabschieden.

Abgesehen von den Demons­tranten, die im Mai festge­nommen wurden, nachdem sie in Wrangelsburg in ein Rohr von NS2 geklettert waren, scheint die Pipeline in der wachsenden deutschen Klima­schutz­be­wegung kaum eine Rolle zu spielen.

Bei den Fridays-for-Future-Märschen gibt es keine Plakate und Protest­schilder gegen NS2. Die Diskussion über die Auswir­kungen von NS2 auf die Umwelt ist jedoch nicht weniger aufge­laden – und es steht mindestens genauso viel auf dem Spiel.

Gasim­porte als Klimaschutz?

Die Bundes­re­gierung hat zuletzt ein neues Klima­paket mit dem Ziel verab­schiedet, die Treib­haus­gas­emis­sionen des Landes bis 2030 um 55 Prozent unter dem Wert von 1990 zu senken. Dies folgte auf die Entscheidung im Januar, alle Kohle­kraft­werke des Landes in den nächsten 19 Jahren still­zu­legen.

In diesem Zusam­menhang bemühen sich Vertreter von Nord Stream 2 auf die Umwelt­ver­träg­lichkeit der Pipeline zu verweisen, denn die Verbrennung von Erdgas verur­sache nur etwa die Hälfte der Kohlen­di­oxid­emis­sionen von Kohle.

Ihre Argumente fallen zu einem günstigen Zeitpunkt. Während die EU-Nachfrage nach Erdgas steigt, reduziert das benach­barte Norwegen Produktion und Exporte. Derweil kündigt die nieder­län­dische Regierung an, die gesamte Produktion auf dem Onshore-Gasfeld Groningen, dem größten Europas, bis 2022 einzu­stellen – acht Jahre früher als ursprünglich geplant.

Zusammen mit den hohen Energie­preisen und hohen Kosten für die Förderung erneu­er­barer Energien machen diese Faktoren günstiges Erdgas zu einer attrak­tiven Option in Deutschland. Aber von wem soll es kommen?

2017 wurden die USA zum ersten Mal seit 60 Jahren Netto-Erdgas­ex­porteur. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2019 haben sich die Ausfuhren von Flüssig­erdgas (LNG) im Vergleich zum Vorjah­res­zeitraum verdoppelt. Deutschland stellt einen idealen Markt dar. Nord Stream 2‑Sprecher Jens Müller sieht im Import von ameri­ka­ni­schem LNG nach Deutschland aller­dings keine Alter­native zu russi­schem Gas.

„Jedes Klimaziel bleibt ohne mehr Gas im Energiemix illuso­risch. Wenn mehr Gas vorhanden ist, sollte es nicht gefrackt oder mittels einer ineffek­tiven Verflüs­si­gungs­me­thode trans­por­tiert werden; die Differenz der Kohlen­di­oxid­emis­sionen zwischen dem Transport über NS2 und der gleichen Menge US-LNG entspricht den jährlichen Emissionen der Slowakei: 40 Millionen Tonnen“, erklärte Müller The Battle­ground in einer E‑Mail.

Kirsten Westphal, Wissen­schaft­lerin von der Stiftung Wissen­schaft und Politik, argumen­tiert, dass sich Berlins Bemühungen zur Dekar­bo­ni­sierung in einem Tauziehen zwischen den ameri­ka­ni­schen und russi­schen Gaslobbys sowie geopo­li­ti­schen Anliegen verwi­ckelt haben.

Wo man [in Deutschland] eine Spaltung sieht ist zwischen der rein auf Energie und Wirtschaft fokus­sierten Elite, die sehr pragma­tisch in Bezug auf Handels­themen und Erdgas, einschließlich des Zugangs zu russi­schem Erdgas, argumen­tiert und der außen- und sicher­heits­po­li­ti­schen Elite, die in der Vergan­genheit sehr offen gegen das Projekt war und sich statt­dessen für US-LNG ausge­sprochen hat“, erklärte Westphal, die ausgiebig über die europäische Energie­po­litik geschrieben hat und die Auffassung vertritt, dass ameri­ka­ni­sches LNG zu teuer sein könnte, um die Kosten für russi­sches Pipeline-Gas für den europäi­schen Markt zu unterbieten.

Dies hat Polen, die Verei­nigten Staaten und die Ukraine nicht davon abgehalten, sich kürzlich zusam­men­zu­schließen, um größere Importe von US-LNG nach Osteuropa zu sichern. Der ehemalige US-Energie­mi­nister Rick Perry erklärte im Mai in Warschau, dass ameri­ka­ni­sches „Freedom Gas“ trotz seiner Kosten mit Nord Stream 2 konkur­rieren könne, würde es in großen Mengen exportiert.

Perry fügte hinzu, dass Washington beabsichtige, seine LNG-Export­ka­pa­zität nach Europa bis 2020 auf 112 Milli­arden Kubik­meter pro Jahr zu verdoppeln – etwas mehr als das von Nord Stream 1 und 2 gelie­ferte Volumen.

Schäden im Ökosystem

Die Kritik von Umwelt­schützern an Nord Stream 2 konzen­triert sich jedoch wie bei jeder Pipeline auf Bedenken hinsichtlich der Reali­sier­barkeit und der langfris­tigen Nutzung eines solch immensen Infra­struk­tur­pro­jekts sowie der ökolo­gi­schen Folgen seines Baus.

Der Natur­schutzbund NABU, eine Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sation mit Sitz in der deutschen Haupt­stadt, behauptet, dass die Nord Stream 2‑Pipeline ein großes Risiko für fünf Natura-2000-Schutz­ge­biete in den Küsten­ge­wässern und der ausschließ­lichen Wirtschaftszone (AWZ) des Landes in der Ostsee darstellt.

Anne Böhnke-Henrichs, Referentin für Meeres­schutz beim NABU, sagt, dass sie und ihre Kollegen glauben, dass das Ausbaggern des Meeres­bodens beim Pipeline-Bau Meeres­le­bens­räume gestört hat und dass deren Erholungs­phase noch länger dauern wird als von Nord Stream 2 in seinem Bauantrag behauptet.

2018 reichte NABU Klage gegen Nord Stream 2 ein, in der unter anderem behauptet wird, die Umwelt­ver­träg­lich­keits­prüfung des Unter­nehmens sei unvollständig.

Böhnke-Henrichs sagt, dass der 50 km lange Unter­was­ser­graben der Pipeline an einigen Stellen bis zu 80m breit ist und das Ausbaggern von 2,5 Millionen Kubik­metern Sediment nötig macht. Dieser Prozess berge das Risiko einer Eutrophierung.

„Wegen der in diesem Sediment gespei­cherten Nährstoffe werden durch das Ausbaggern etwa 250 Tonnen Phosphor mobili­siert, was die Algen­blüte in der Ostsee antreibt. Wenn die Algen auf den Meeres­boden sinken, bauen sie sich biolo­gisch ab und verbrauchen große Mengen von Sauer­stoff, wodurch im Meer sogenannte anoxische oder ‚tote Zonen‘ entstehen“, erklärte sie.

Böhnke-Henrichs sagt, dass es zwar einen Zusam­menhang mit dem Unter­was­serbau zu geben scheint, es jedoch „bislang keinen eindeu­tigen Beweis dafür gibt, dass diese Ereig­nisse mit einem bestimmten Infra­struk­tur­projekt zusammenhängen“.

„Aus unserer Sicht ist der Zustand der Ostsee so schlecht, dass wir keinen zusätz­lichen Druck auf dieses Ökosystem ausüben dürfen“, so Böhnke-Henrichs. „Irgendwann müssen wir sagen: ‚das reicht‘. Denn wir haben bereits die Ziele verfehlt, die von drei Umwelt­richt­linien zur Erhaltung mariner Lebens­räume gefordert werden.“

Jens Müller, Presse­sprecher von NS2, erwiderte, dass er sich nicht zu laufenden recht­lichen Verfahren äußern könne, die deutschen Bauge­neh­mi­gungen aber Teil eines umfas­senden Planungs­pro­zesses gewesen seien, der bis ins Jahr 2007 zurückreiche.

„Die gründ­lichen Berech­nungen von Nord Stream haben gezeigt, dass beim Bau der ersten Pipeline Nährstoffe freige­setzt werden, die etwa 0,4 Prozent Stick­stoff und 0,2 Prozent Phosphor des durch­schnitt­lichen jährlichen Gesamtinputs in die Ostsee entsprechen“, erklärte er.

Die Kritik an den Auswir­kungen der Pipeline auf die Umwelt betrifft auch die Anlandung in Russland, wo die Pipeline durch das Natur­schutz­gebiet Kurgalsky an der Ostsee­küste führt.

Bei einer Konferenz über NS2, die am 10. Oktober in Berlin von einem Netzwerk russi­scher opposi­tio­neller Aktivisten organi­siert wurde, befasste sich ein Panel mit dem Schicksal des Reservats.

Yevgeniya Chirikova, Leiterin von Activatica, einem in Estland ansäs­sigen Projekt, das sich mit Graswurzel-Aktivismus in Russland befasst, behauptete in einem Interview am Rande der Konferenz, dass eine Doppel­moral im Spiel sei, da NS2 im Vergleich zu einem konven­tio­nellen Pipeline-Tunnel bei der Anlandung auf russi­scher Seite hochent­wi­ckelte Mikro­tunnel-Techno­logien auf der deutschen Seite verwendet

Chikirova verwies zudem auf die Bedeutung von vermeintlich geheimen Proto­kollen, die Green­peace Öster­reich veröf­fent­licht hat und die zeigen sollen, wie russische Regie­rungs­mit­glieder und NS2-Vertreter über eine Grenz­än­de­rungen des Natur­schutz­ge­biets debattieren.

Im Gegensatz dazu wird in den Dokumenten von NS2 über die Anlandung in Russland hervor­ge­hoben, dass die Pipeline durch den engsten, 3,7 Kilometer langen Abschnitt des Kurgalsky-Natur­schutz­ge­biets mit einer gerin­geren Konzen­tration seltener Flora und Fauna getrieben wurde. Es sei durch den engst möglichen Abschnitt innerhalb der Reser­vat­s­grenzen gebaut worden, um den Schaden klein zu halten.

„Das Ziehen von Pipelines durch einen Mikro­tunnel ist eine bewährte Techno­logie für eine Strecke von 700 Metern so wie in Deutschland, könnte jedoch bei einer Entfernung von etwa drei Kilometern wie bei der russi­schen Anlandung Risiken bergen; die Trenchbox-Techno­logie ist der effek­tivste Weg, um Auswir­kungen dort zu minimieren“, erklärte Müller.

NS2 erhöht Kohle­ver­stromung in Russland

Für die deutsche Politi­kerin Rebecca Harms, ehemalige Europa­ab­ge­ordnete und Frakti­ons­vor­sit­zenden der Grünen/​EFA, ist eine zentrale Kritik an Nord Stream 2 mit dem Energie­ver­brauch in Russland verbunden.

Zusam­men­ge­fasst betonte sie bei einem Interview in Berlin, dass der Klima­wandel nicht im luftleeren Raum statt­findet. Was Deutschland helfen könnte, die eigenen Kohlen­di­oxid­emis­sionen zu senken, müsse nicht unbedingt auch in Russland funktionieren.

„Ein wichtiger Teil dieser Debatte ist, dass wir, obwohl wir der Meinung sind, der Umwelt durch den Übergang von Kohle zu Gas hierzu­lande zu helfen, zum verstärkten Einsatz von Kohle und relativ schmut­ziger Kohle in Russland beitragen. Es ist kein Zufall, dass so viele Umwelt­schützer aus Russland aus dem Land fliehen und in der Europäi­schen Union Asyl suchen mussten“, sagte Harms.

„30 Prozent unserer Bevöl­kerung in Russland lebt ohne Gas; während wir unser eigenes Gas nach Deutschland verkaufen, verbrauchen wir zu Hause mehr Kohle, sodass sich die Situation insgesamt verschlechtert. Während in Deutschland von ‚Energie­ersatz‘ die Rede ist, spricht in Russland niemand darüber. Putin plant, noch mehr Kohle abzubauen, und das hat er offen gesagt. Wenn Deutschland Gas vollständig ablehnen und sich für grüne Techno­logien entscheiden würde, würden Russen nicht die für das Klima so schreck­liche Kohle verwenden, sondern Gas“, sagt Chirikova.

„Am besten wäre es natürlich, erneu­erbare Energien zu nutzen, aber es ist riskant sich dafür in Russland einzu­setzen“, erklärte sie. Ob es in Russland einen direkten Kausal­zu­sam­menhang zwischen Gasex­porten und der Verbrennung von minder­wer­tiger Kohle gibt, ist angesichts des Gasüber­schusses noch immer umstritten.

„In Deutschland hat Gazprom einen Vorteil wegen der ersten Debatten, die wir über die Energie­wende hatten – verbunden mit der Forderung nach dem Atomaus­stieg. Als wir begannen, und die Techno­logie der erneu­er­baren Energien und die Ideen von den enormen Dimen­sionen der Effizienz am Anfang standen, war Gas immer Teil der Übergangs­sze­narien“, räumt Harms ein. „Wir sehen jetzt, dass die Klima­ziele nicht erreicht werden. Wir wissen, dass es notwendig ist, Gas als fossilen Brenn­stoff viel schneller aus dem Verkehr zu ziehen, als wir gedacht hatten. “

„Es ist eine Sache, Straßen und Brücken zu blockieren, aber als alte Atomkraft-Gegnerin und Aktivistin, so wie ich mein politi­schen Leben begonnen habe, kann ich sagen, dass der Erfolg der Anti-Atomkraft-Bewegung in Deutschland begann, als wir Alter­na­tiven präsen­tieren konnten. Momentan ist die Sprache von Extinction Rebellion und Fridays for Future sehr allgemein, es geht haupt­sächlich um die globalen CO2-Emissionen, aber es bietet die perfekte Gelegenheit, um diese Debatten zu führen“, sagte Harms.

Bindung an teure Gasimporte

Wer auch immer Erdgas nach Europa liefern darf: Es ist klar, dass der Kontinent Alter­na­tiven zu fossilen Brenn­stoffen braucht. Erdgas kann zwar in der Tat eine wichtige Rolle beim Übergang von der Kohle weg spielen, die Verbrennung von Erdgas muss aber auch der Vergan­genheit angehören, wenn Europa seinen Verpflich­tungen im Pariser Klima­ab­kommen zur vollstän­digen Dekar­bo­ni­sierung seiner Wirtschaft nachkommen will.

Manche Experten fragen sich, ob Inves­ti­tionen in ein solch riesiges Infra­struk­tur­projekt die Notwen­digkeit eines Abschieds von fossilen Brenn­stoffen auf eine immer weiter zurück­wei­chende Zukunft verschieben; eine Kritik­punkt, der sich auch gegen Pipeline-Projekte in Nordamerika verbreitet hat.

Die deutsche Energie­ex­pertin Claudia Kemfert schreibt, dass die Rolle von Nord Stream 2 in diesem Szenario darin bestehen könnte, „die Markt­fle­xi­bi­lität zu verringern … und sich auf Jahrzehnte an vergleichs­weise teure Gasim­porte zu binden […] Die Konstruktion einer solchen Pipeline wird den Wechsel zu erneu­er­baren Energien behindern und den Verbrau­chern teuer zu stehen kommen. “

So wie die Emissionen fossiler Brenn­stoffe keine Grenzen kennen, endet Nord Stream 2 auch nicht mit der Anlandung im Natur­schutz­gebiet Kurgalsky. Die Pipeline bezieht einen Großteil ihrer Ressourcen aus den Gasfeldern der Jamal-Halbinsel in Nordrussland, die zusammen mit Westsi­birien jährlich zwischen 130 und 150 Milli­arden Kubik­meter Gas liefern können.

Studien zeigen seit einigen Jahren, dass der Großteil der fossilen Brenn­stoffe im Boden bleiben muss, damit die Klima­ziele erreicht werden können. Die Aussichten für Erdgas sind besser. Über 50 Prozent der weltweit bekannten Reserven müssten jedoch im Boden bleiben, unabhängig davon, wer sie abpumpt.

Aber auch wenn Einigkeit darüber besteht, dass sich alles verändern muss, lassen sich alte Gewohn­heiten schwer ablegen. Erst kürzlich erteilte Deutschland die Erlaubnis, das Kohle­kraftwerk Datteln‑4 ans Netz gehen zu lassen. Extinction Rebellion hat bereits Proteste angekündigt.

Der Artikel wurde zuerst am 4. November 2019 auf www.battleground.eu veröffentlicht.

Textende

Hat Ihnen unser Beitrag gefallen? Dann spenden Sie doch einfach und bequem über unser Spendentool. Sie unter­stützen damit die publi­zis­tische Arbeit von LibMod.

Wir sind als gemein­nützig anerkannt, entspre­chend sind Spenden steuerlich absetzbar. Für eine Spenden­be­schei­nigung (nötig bei einem Betrag über 200 EUR), senden Sie Ihre Adress­daten bitte an finanzen@libmod.de

 

Verwandte Themen

Newsletter bestellen

Mit dem LibMod-Newsletter erhalten Sie regel­mäßig Neuig­keiten zu unseren Themen in Ihr Postfach.

Mit unseren Daten­schutz­be­stim­mungen
erklären Sie sich einverstanden.