Welcher Frieden? – Einige Botschaften unserer Konferenz „Die Ukraine und wir“
Längst ist Russlands Krieg in der Ukraine Teil eines globalen Konfliktes zwischen Demokratie und Autoritarismus. Es geht in diesem Krieg um nicht weniger als um die Frage, in welcher Welt wir künftig leben wollen. Und wir können der Frage nicht länger ausweichen, wer diesen Krieg gewinnen soll. Eine Nachlese der diesjährigen LibMod-Konferenz „Welcher Frieden? Die Ukraine und wir“ von Ralf Fücks.
1. Russlands Krieg gegen die Ukraine ist kein regionaler Konflikt. Er ist zentraler Schauplatz einer globalen Auseinandersetzung zwischen Demokratie und Autoritarismus. Russland kann den Krieg nur mit massiver Unterstützung aus dem Iran, Belarus, Nordkorea und China führen. Es geht in diesem Krieg um nicht weniger als um die Frage, in welcher Welt wir künftig leben wollen.
2. Hört auf, über „Friedensverhandlungen“ mit Russland zu reden. Es gibt keine Grundlagen für einen friedlich-schiedlichen Kompromiss mit dem Putin-Regime, keine Rückkehr zum Status quo vor dem Krieg. Russlands Kriegsziele sind unverändert: Die territoriale Zerstückelung der Ukraine und ihre Unterwerfung unter die Vorherrschaft Russlands. Zwischen dieser Agenda und der Verteidigung einer unabhängigen, freien Ukraine als Teil des demokratischen Westens gibt es keinen Kompromiss. Wir können der Frage nicht länger ausweichen, wer diesen Krieg gewinnen soll.
3. Solange das jetzige Regime an der Macht ist, gibt es keine Sicherheit mit, sondern nur gegen Russland. Appeasement sichert nicht den Frieden in Europa, sondern erhöht die Gefahr des ganz großen Krieges. Wer einen direkten Zusammenprall zwischen Russland und der NATO vermeiden will, muss alles tun, um die revisionistischen, neo-imperialen Ambitionen des Kremls in der Ukraine zu stoppen.
4. Wie der Krieg endet, hängt entscheidend von der militärischen, politischen und finanziellen Unterstützung der Ukraine durch den Westen ab. Auch wenn die Kämpfe irgendwann in Verhandlungen über einen Waffenstillstand münden, entscheiden die militärischen Kräfteverhältnisse, ob sich die Ukraine den russischen Forderungen beugen oder ihre Souveränität und Freiheit behaupten kann.
5. Das Minimum, das die Ukraine erreichen muss, ist die irreversible Mitgliedschaft in der EU und der NATO. Ohne Beitritt zur NATO bleibt die Sicherheit und auch die europäische Integration der Ukraine bedroht. Und ohne Beistandsgarantie des Westens werden die internationalen Investitionen ausbleiben, die nötig sind, damit die Ukraine ökonomisch wieder auf die Füße kommt. Umgekehrt braucht die NATO die Ukraine als Ankerland für Sicherheit in Europa und im Schwarzen Meer.
6. Aufgrund der gebremsten, diskontinuierlichen Waffen- und Munitionslieferungen aus dem Westen und der anhaltenden Luftüberlegenheit Russlands ist die militärische Situation der Ukraine kritisch. Aber Fatalismus ist nicht angebracht. Die Ukraine hat wieder und wieder ihre Widerstandskraft bewiesen, und der Westen verfügt über ein Vielfaches der ökonomischen Ressourcen gegenüber Russland.
7. Wenn die Ukraine das kommende Jahr erfolgreich besteht, sinken die Erfolgsaussichten Russlands rapide. Es braucht keine Wunderdinge, um das Blatt zugunsten der Ukraine zu wenden. Neben dem beständigen Nachschub an Waffen und Munition muss ihr ermöglicht werden, militärische Ziele im russischen Hinterland anzugreifen, um die Kampffähigkeit Russlands zu schwächen und die ständigen Luftangriffe zu unterbinden. Dazu gehört die Freigabe von „Taurus“-Marschflugkörpern.
8. Wir müssen endlich aufhören, unsere Politik an den vermeintlichen „roten Linien“ Putins auszurichten, statt ihm klare Grenzen zu ziehen: bis hierher und nicht weiter. Die Eskalation, die Biden und Scholz fürchten, ist längst da. Die Frage ist nur, ob der Westen sie annimmt oder ob wir mit der Ukraine auch uns selbst aufgeben.
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