Welcher Frieden? – Einige Botschaften unserer Konferenz „Die Ukraine und wir“

Foto: Tobias Kunz

Längst ist Russlands Krieg in der Ukraine Teil eines globalen Konfliktes zwischen Demokratie und Autori­ta­rismus. Es geht in diesem Krieg um nicht weniger als um die Frage, in welcher Welt wir künftig leben wollen. Und wir können der Frage nicht länger ausweichen, wer diesen Krieg gewinnen soll. Eine Nach­lese der dies­jäh­ri­gen LibMod-Kon­fe­renz „Welcher Frieden? Die Ukraine und wir“ von Ralf Fücks.

1. Russlands Krieg gegen die Ukraine ist kein regio­naler Konflikt. Er ist zentraler Schau­platz einer globalen Ausein­an­der­setzung zwischen Demokratie und Autori­ta­rismus. Russland kann den Krieg nur mit massiver Unter­stützung aus dem Iran, Belarus, Nordkorea und China führen. Es geht in diesem Krieg um nicht weniger als um die Frage, in welcher Welt wir künftig leben wollen.

2. Hört auf, über „Friedens­ver­hand­lungen“ mit Russland zu reden. Es gibt keine Grund­lagen für einen friedlich-schied­lichen Kompromiss mit dem Putin-Regime, keine Rückkehr zum Status quo vor dem Krieg. Russlands Kriegs­ziele sind unver­ändert: Die terri­to­riale Zerstü­ckelung der Ukraine und ihre Unter­werfung unter die Vorherr­schaft Russlands. Zwischen dieser Agenda und der Vertei­digung einer unabhän­gigen, freien Ukraine als Teil des demokra­ti­schen Westens gibt es keinen Kompromiss. Wir können der Frage nicht länger ausweichen, wer diesen Krieg gewinnen soll.

3. Solange das jetzige Regime an der Macht ist, gibt es keine Sicherheit mit, sondern nur gegen Russland. Appeasement sichert nicht den Frieden in Europa, sondern erhöht die Gefahr des ganz großen Krieges. Wer einen direkten Zusam­men­prall zwischen Russland und der NATO vermeiden will, muss alles tun, um die revisio­nis­ti­schen, neo-imperialen Ambitionen des Kremls in der Ukraine zu stoppen.

4. Wie der Krieg endet, hängt entscheidend von der militä­ri­schen, politi­schen und finan­zi­ellen Unter­stützung der Ukraine durch den Westen ab. Auch wenn die Kämpfe irgendwann in Verhand­lungen über einen Waffen­still­stand münden, entscheiden die militä­ri­schen Kräfte­ver­hält­nisse, ob sich die Ukraine den russi­schen Forde­rungen beugen oder ihre Souve­rä­nität und Freiheit behaupten kann.

5. Das Minimum, das die Ukraine erreichen muss, ist die irrever­sible Mitglied­schaft in der EU und der NATO. Ohne Beitritt zur NATO bleibt die Sicherheit und auch die europäische Integration der Ukraine bedroht. Und ohne Beistands­ga­rantie des Westens werden die inter­na­tio­nalen Inves­ti­tionen ausbleiben, die nötig sind, damit die Ukraine ökono­misch wieder auf die Füße kommt. Umgekehrt braucht die NATO die Ukraine als Ankerland für Sicherheit in Europa und im Schwarzen Meer.

6. Aufgrund der gebremsten, diskon­ti­nu­ier­lichen Waffen- und Muniti­ons­lie­fe­rungen aus dem Westen und der anhal­tenden Luftüber­le­genheit Russlands ist die militä­rische Situation der Ukraine kritisch. Aber Fatalismus ist nicht angebracht. Die Ukraine hat wieder und wieder ihre Wider­stands­kraft bewiesen, und der Westen verfügt über ein Vielfaches der ökono­mi­schen Ressourcen gegenüber Russland.

7. Wenn die Ukraine das kommende Jahr erfolg­reich besteht, sinken die Erfolgs­aus­sichten Russlands rapide. Es braucht keine Wunder­dinge, um das Blatt zugunsten der Ukraine zu wenden. Neben dem bestän­digen Nachschub an Waffen und Munition muss ihr ermög­licht werden, militä­rische Ziele im russi­schen Hinterland anzugreifen, um die Kampf­fä­higkeit Russlands zu schwächen und die ständigen Luftan­griffe zu unter­binden. Dazu gehört die Freigabe von „Taurus“-Marschflugkörpern.

8. Wir müssen endlich aufhören, unsere Politik an den vermeint­lichen „roten Linien“ Putins auszu­richten, statt ihm klare Grenzen zu ziehen: bis hierher und nicht weiter. Die Eskalation, die Biden und Scholz fürchten, ist längst da. Die Frage ist nur, ob der Westen sie annimmt oder ob wir mit der Ukraine auch uns selbst aufgeben.

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