Ukraine: Gastbeitrag von Marie­luise Beck auf Zeit Online

Seit 50 Tagen ist der Komiker Wolodymyr Selenskyj Präsident der Ukraine. Hält er sein Aufbruchs­ver­sprechen – oder deckt er das System einer klepto­kra­ti­schen Klasse?

Ein Gastbeitrag von Marie­luise Beck

Der neue Präsident der Ukraine ist eine Black Box, scheinbar aus dem politi­schen Nichts via Showbusiness ins Zentrum der Macht katapul­tiert. Ein Kandidat, der sich den Medien ansonsten verwei­gerte, der keine Journa­lis­ten­fragen beant­wortete, der nicht offen­legte, was ihn umtreibt und wo er hinwill. Ein Populist neuen Typs – er trat nicht auf, um zu spalten, sondern um zu versöhnen. Dass Wolodymyr Selenskyj ohne Umschweife Russisch sprach, während das Land versucht, das Ukrai­nische als Natio­nal­sprache wieder­zu­be­leben, war eine kluge Geste. Dass er seine jüdische Herkunft nicht verbarg, aber auch nicht zum Thema machte, war eher sympa­thisch. Dass er jung und unver­braucht daherkam, gefiel den Menschen, die das „Estab­lishment“ satthaben...