Amerika entdeckt den Zusammenhalt: Rückblick auf die Veranstaltung „Demokratie im Stresstest: USA“
„Die Wahlnacht der Midterms war eine gute für die Demokraten, aber die Demokratie bleibt verletzlich“, so Cathryn Clüver Ashbrook. Ob tatsächlich Grund zur Entwarnung besteht, analysierten die Teilnehmenden der zusammen mit der Bertelsmann Stiftung veranstalteten Gesprächsreihe „Demokratie im Stresstest“.
Alle hatten Angst, doch so schlimm ist es dann nicht gekommen: Die rote Welle, ein roter Tsunami gar – er ist ausgeblieben. „Die Wahlnacht der Midterms am 8. November 2022 in den USA war eine gute für die Demokraten, aber die Demokratie bleibt verletzlich“: So eröffnete Cathryn Clüver Ashbrook, Senior Advisor bei der Bertelsmann Stiftung, ihr Statement.
Die Institutionen haben Stand gehalten
Auch Rachel Tausendfreund, Editorial Director beim German Marshall Funds of the United States in Berlin sah nicht alle Befürchtungen bestätigt: Die Institutionen haben weitgehend Stand gehalten, was vor allem daran deutlich wird, dass es kaum Wahlanfechtungen gibt. Wo die Republikaner verloren haben – auch die MAGA-Trumpisten –, haben sie es weitgehend akzeptiert. Das war bei den Präsidentschaftswahlen 2020 anders.
Die Demokratie bleibt verletzlich
Das heißt nicht, dass es keine institutionellen Probleme in der US-amerikanischen Demokratie gäbe. Gerrymandering, also das Zuschneiden von Wahlkreisen zu den eigenen Gunsten, wird von beiden Parteien nach wie vor betrieben. Geld hat einen (zu) großen Einfluss auf demokratische Prozesse. Es wirkt stärker als Fachkompetenz oder Gemeinwohlorientierung als politisches Selektionsprinzip: Als Kandidat oder Kandidatin wird aufgestellt wird, wer die meisten Spenden einwerben kann – nicht, wer politisch die klügsten Ideen hat.
Das gespaltene Mediensystem mit Angeboten für beide Pole trägt dazu bei, dass die Bevölkerung vor allem Informationen bekommt, die ihre jeweilige Weltsicht bestätigt. Aber Rachel Tausendfreund sieht auch Hoffnung, etwa bei den noch zahlreich vorhandenen, lokalen Zeitungen und Radiostationen.
Amerika entdeckt den Zusammenhalt
Die politische Mitte, so waren sich die Diskutierenden einig, zählt weiterhin. Und einige Teilnehmende sahen sogar schon eine zunehmende „polarization fatigue“ um sich greifen – man ist die großen politischen Auseinandersetzungen leid und wünscht sich Harmonie und Gemeinsinn. Dies bestätigen auch die Ergebnisse eines neuen Buches von Mathias Risse und Co-AutorInnen: Die Umfragen des Politologen aus Harvard zeigen, dass die meisten Amerikaner und Amerikanerinnen sich wünschen, dass die Nation zusammenhält.
Demokratie müssen einen Unterschied machen, um als Regierungs- und Lebensform Bestand zu haben. Sie basieren immer auf Bedingungen, die sie nicht vollständig selbst herstellen können – und auf dem Glauben und Engagement der Menschen, die Demokratie erhalten wollen. Ob die US-Demokratie Bestand haben wird, hängt also auch davon ab, ob sich genug Menschen der Gefahren um sie bewusst sind und sich für sie einsetzen.
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