„Status Quo der CDR-Regu­lie­rung in Deutsch­land und der EU“

Beim zweiten Workshop unserer Stake­holder-Dialoge „Carbon Manage­ment – Negative Emis­sionen“ disku­tierten wir am 17. April, wie ein intel­li­gentes Markt­de­sign und gezielte Rahmen­be­din­gungen gestaltet sein müssen, um die Skalie­rung und den Ausbau von CDR und negativen Emis­sionen zu ermöglichen.

Wie müssen ein intel­li­gentes Markt­de­sign und gezielte Rahmen­be­din­gungen gestaltet sein, um die Skalie­rung und den Ausbau der CO2-Entnahme (Carbon Dioxide Removal, CDR) und negativen Emis­sionen zu ermög­li­chen? Wie können wir dabei sicher­stellen, dass die Möglich­keit, CO2 aus der Atmo­sphäre zu entziehen, nicht dazu führt, dass wir weniger CO2 einsparen?

Diese Fragen disku­tierten wir am 17. April beim zweiten Workshop unserer Stake­holder-Dialoge „Carbon Manage­ment – Negative Emis­sionen“, der sich mit dem aktuellen Stand und Diskurs zur CDR-Regu­lie­rung in Deutsch­land und der Euro­päi­schen Union befasste.

Der Schwer­punkt der Diskus­sion lag auf dem „Wie und Wer“ – konkret ging es um Markt­de­sign, Regu­lie­rungen, Förder­me­cha­nismen und Inves­ti­tionen. Lisa Badum (Bündnis 90/​die Grünen), Robin Mesarosch (SPD), Olaf in der Beek (FDP) und Oliver Grundmann (CDU/​CSU legten als Mitglieder des Bundes­tages ihre partei­po­li­ti­sche Position dar.

Carbon Dioxid Removal (CDR) in der deutschen Klima­po­litik 

Für das Jahr 2045 sieht das Bundes-Klima­schutz­ge­setz eine Netto-Treib­haus­gas­neu­tra­lität vor. Nach dem Jahr 2050 sollen negative Treib­haus­gas­emis­sionen erreicht, also mehr CO2 gebunden als emittiert werden. Mit diesen Zielen hat sich Deutsch­land auch dem Einsatz von Carbon Dioxide Removal (CDR) verschrieben.

Um eine Netto-Treib­haus­gas­neu­tra­lität zu erreichen, verwies der „Klima­schutz­plan 2050“ schon 2016 indirekt auf die Notwen­dig­keit, der Atmo­sphäre CO2 zu entziehen. Der Plan beschäf­tigte sich damals aller­dings noch nicht explizit mit tech­no­lo­gie­ba­sierten Methoden und erwähnte statt­dessen haupt­säch­lich land­ba­sierte biolo­gi­sche CDR-Maßnahmen wie beispiels­weise Auffors­tung oder Wieder­vernäs­sung von Mooren.

EU: Strategie zur CO2-Entnahme und das Streben nach Netto-Null-Emissionen

Auch auf EU-Ebene hat mit dem European Green Deal die CO2-Entnahme als wesent­li­cher Bestand­teil der euro­päi­schen Klima­po­litik an Bedeutung gewonnen, insbe­son­dere durch das Netto-Null-Ziel für Treib­haus­gas­emis­sionen. Es besteht dabei Konsens, dass schwer vermeid­bare Emis­sionen durch CO2-Entnahme ausge­gli­chen werden müssen, wobei der Umfang und die Methoden zur CO2-Entnahme jedoch umstritten sind.

Insbe­son­dere drei Initia­tiven der EU beschäf­tigen sich aktuell intensiv mit dem Instru­ment der CO2-Entnahme und der dafür rele­vanten Infrastruktur:

1.: Schaffung eines Zerti­fi­zie­rungs­in­stru­ments für die CO2-Entnahme („Carbon Removal Certi­fi­ca­tion Framework“, kurz CRC‑F)

Die Euro­päi­sche Kommis­sion hat Ende 2022 einen Vorschlag für einen frei­wil­ligen Zerti­fi­zie­rungs­rahmen (CRC‑F) für CO2-Entnahmen vorgelegt, der drei Methoden der Entnahme, Abschei­dung und Spei­che­rung von CO2 abdecken soll: Das soge­nannte Carbon Farming (z.B. durch Auffors­tung), die dauer­hafte unter­ir­di­sche Spei­che­rung und die Spei­che­rung in lang­le­bigen Produkten und Mate­ria­lien (z.B. Holzbau).

Umstritten sind noch insbe­son­dere die genaue Ausge­stal­tung der Zerti­fi­zie­rungs­me­thodik, mögliche Gover­nan­ce­struk­turen und die letzt­end­liche Verwen­dung der Zertifikate.

2.: Einstu­fung von Carbon Capture and Storage (CCS) als stra­te­gi­sche Tech­no­logie zur Errei­chung der Netto-Null-Emis­sionen im Rahmen des Net Zero Industry Act

Der „Net Zero Industry Act“ stuft CCS als stra­te­gi­sche Tech­no­logie zur Errei­chung der Netto-Null-Emis­sionen ein. Die Kommis­sion schlägt für die CO2-Injek­ti­ons­ka­pa­zität in CO2-Spei­cher­stätten ein Ziel von 50 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr im Jahr 2030 vor. Sie plant außerdem, Mitglieds­staaten sowie Öl- und Gasför­der­un­ter­nehmen zu Berichten und Kapa­zi­täts­zielen zu verpflichten.

3.: Wege zum 2040-Ziel

Die Euro­päi­sche Kommis­sion ist verpflichtet, einen Vorschlag für das neue Ziel vorzu­legen, dass bis zum Jahr 2040 eine CO2-Minderung um 88% vorsieht. Dabei ist die Rolle der CO2-Entnahme für die Ziel­er­rei­chung besonders relevant. Es wird disku­tiert, inwieweit der Beitrag der CO2-Entnahme begrenzt ist und welche Methoden zum Erreichen des Ziels beitragen sollen und können. Die Rolle der CO2-Entnahme wird voraus­sicht­lich auch im Euro­pa­wahl­kampf 2024 disku­tiert werden.

CO2-Entnahme und öffent­liche Debatte

CO2-Entnahme (CDR) erhält auch in der öffent­li­chen Debatte zunehmend Aufmerk­sam­keit. Die Entnahme kann generell drei Funk­tionen erfüllen – kurz­fristig Netto-Treib­haus­gas­emis­sionen senken, mittel­fristig Rest­emis­sionen ausglei­chen, und lang­fristig negative Netto-Emis­si­ons­bi­lanzen ermög­li­chen. Diese Möglich­keiten dürfen jedoch nicht dazu führen, dass wir in den Bemü­hungen nach­lassen, die CO2- Emis­sionen zu reduzieren.

Offene Fragen bestehen auch bezüglich des Ressour­cen­ver­brauchs verschie­dener CDR-Methoden, insbe­son­dere hinsicht­lich der vorran­gigen Verwen­dung von Biomasse. Eine vorran­gige Nutzung von Biomasse für CDR-Methoden geht auch mit einem erhöhten Flächen­be­darf einher – was wiederum mit der ange­strebten vermehrten Nutzung soge­nannter „natür­li­cher CO2-Senken“ (Wälder und Moore) in Konkur­renz stehen würde. Die Teil­neh­menden des Workshops waren sich einig, dass die Konkur­renz­pro­ble­matik um Biomasse in einer eigenen nach­hal­tigen Biomass­estra­tegie behandelt werden sollte.

Fazit und notwen­dige Schritte:

In unserer Diskus­sion wurden verschie­dene Bereiche deutlich, in denen Fort­schritte und Klarheit erfor­der­lich sind, um die Kohlen­stoff­ab­schei­dung und ‑spei­che­rung (CCS), Kohlen­stoff­ab­schei­dung und ‑verwen­dung (CCU) und Kohlen­stoff­di­oxid­ent­nahme (CDR) effektiv zu steuern.

  • Konzep­tu­elle Klarheit
    Eine klare Unter­schei­dung zwischen den drei Elementen des Carbon Manage­ments – CCS, CCU und CDR – ist wichtig. Jeder Bereich spielt eine spezi­fi­sche Rolle in Bezug auf Klimapfade, Ziel­set­zung und Industriestandards.
    Notwen­dige Schritte:
    Entwick­lung klarer Defi­ni­tionen und Standards für jeden Bereich zur besseren Steuerung und effek­tiven Implementierung.
  • Dauer­haf­tig­keit der CO2-Speicherung
    Klare Defi­ni­tionen und strenge Kriterien der Dauer­haf­tig­keit sind notwendig. Neben­ef­fekte der Land­nut­zung, wie die Verbes­se­rung der Wasser- und Nähr­stoff­spei­cher­ka­pa­zität und Boden­frucht­bar­keit, sollten in die Bewertung einfließen.
    Notwen­dige Schritte:
    Schaffung von Standards für die Dauer­haf­tig­keit und Kriterien zur Risi­ko­be­wer­tung und Einbe­zie­hung der Auswir­kungen auf die Bodenqualität.
  • Poli­ti­sche Notwen­dig­keit und Priorität
    Deutsch­land plant bis 2045 Netto-Null-Emis­sionen (die Menge des emit­tierten CO2 entspricht der des gebun­denen CO2) und bis 2050 negative Emis­sionen (die Menge des gebun­denen CO2 über­steigt die des emit­tierten CO2) zu erreichen. Jedoch gibt es außerhalb des Land­nut­zungs- und Forst­wirt­schafts­sek­tors keine quan­ti­fi­zierten Reduk­ti­ons­ziele hinsicht­lich CDR und im Land­nut­zungs­sektor bestehen regu­la­to­ri­sche Hinder­nisse für die Anwendung von CDR sowie für die geolo­gi­sche Spei­che­rung von CO2.
    Notwen­dige Schritte:
    Vorschläge für regu­la­to­ri­sche Rahmen­be­din­gungen, die die Anwendung von CDR und CCS/​CCU fördern, ohne CO2-Reduk­tionen zu beein­träch­tigen. Erfor­der­lich sind auch klar defi­nierte Haupt­kri­te­rien für die Prio­ri­sie­rung von CO2-Entnah­me­mengen und MRV-Standards (Moni­to­ring, Reporting, Veri­fi­ca­tion).
  • Finan­zi­elle Anreize und Infrastruktur
    Es stellt sich die Frage, wer und wie die notwen­dige Infra­struktur finan­zieren werden kann. Einige CDR-Verfahren sind derzeit sehr teuer, während andere weiterer Forschung bedürfen.
    Notwen­dige Schritte:
    Fokus auf regu­la­to­ri­sche Anfor­de­rungen, finan­zi­elle Anreize und tech­no­lo­gi­sches Potenzial von CDR. Unter­su­chung und Entwick­lung konkreter Geschäfts­mo­delle in verschie­denen Sektoren. Förderung von Forschung und Entwick­lung in kost­spie­ligen oder unaus­ge­reiften CDR-Verfahren.

 

Entschei­dend für die erfolg­reiche Umsetzung der Maßnahmen zur CO2-Entnahme und Emis­si­ons­re­duk­tion sind eine nach­hal­tige Planung, hohe Standards und Trans­pa­renz. Ebenfalls von zentraler Bedeutung ist der verant­wor­tungs­volle Umgang mit Ressourcen wie emis­si­ons­freiem Strom, nach­hal­tiger Biomasse und Wasser. Ein regel­mä­ßiger Austausch aller betei­ligten Akteure ermög­licht dabei eine konstruk­tive Zusam­men­ar­beit, die die Grundlage für eine mögliche Skalie­rung der CO2-Entnahme und Mobi­li­sie­rung notwen­diger Finanz­mittel darstellt.

 

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