Solidarität mit Belarus!
Swetlana Tichanowskaja in Berlin
Swetlana Tichanowskaja, die populäre Gegenspielerin Lukaschenkas bei der Präsidentschaftswahl, ist das bekannteste Gesicht der belarusischen Demokratiebewegung. Nachdem sie verhaftet und stundenlang verhört wurde, hält sie sich mit ihren Kindern in Vilnius (der Hauptstadt Litauens) auf. Ihr Mann, ein bekannter Blogger, wurde bereits im Vorfeld der Wahlen ins Gefängnis geworfen.
In Berlin wird sie dieser Tage wie ein Staatsgast empfangen: Ein Vier-Augen-Gespräch mit der Bundeskanzlerin, ein Treffen mit Außenminister Maas, Begegnungen mit Abgeordneten und der Berliner Osteuropa-Szene. Am Montagabend gab es zunächst eine improvisierte Kundgebung auf dem Pariser Platz und danach eine Diskussion mit Vertreter/innen aus Politik und Zivilgesellschaft, zu der die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO) und das Zentrum Liberale Moderne eingeladen hatten.
Hier ihre wichtigsten Botschaften und Forderungen im Telegrammstil:
- Freilassung aller politischen Gefangenen in Belarus und ein Ende der massiven Gewalt gegen die friedliche Protestbewegung
- Nichtanerkennung Lukaschenkas durch die internationale Staatengemeinschaft
- Eine Vermittlungsaktion der OSZE für freie und faire Neuwahlen. Eine legitime politische Führung kann nur aus der Wiederholung der Präsidentschaftswahl unter internationaler Aufsicht hervorgehen.
- Eine internationale Untersuchung der Folterungen und brutalen Polizeiübergriffe in Belarus
- Finanzielle, juristische und politische Unterstützung der Europäischen Gemeinschaft für Opfer der Staatsgewalt, unabhängige Journalist/innen und Medien und Nichtregierungsorganisationen
- Stipendien für belarusische Studierende und Wissenschaftler/innen, die von den Universitäten geworfen wurden
- Erleichterte, unbürokratische Visavergabe für die Einreise in die EU
- Ausweitung der Sanktionen gegen führende Mitglieder des Machtapparats und die Verantwortlichen für die Unterdrückungsmaßnahmen
- Finanzielle Austrocknung des Regimes, Sperrung von Konten, Stopp der Lieferung von Ausrüstung und Informationstechnik an staatliche Stellen
- Gleichzeitig sollte die EU einer neuen, demokratisch legitimierten Regierung des Landes eine umfassende wirtschaftliche, kulturelle und politische Zusammenarbeit anbieten.
Tichanowskaja bat um ein klares Signal der Bundesregierung an Präsident Putin, dass die politische Zukunft des Landes allein von der belarusischen Gesellschaft entschieden werden muss. Es geht nicht um eine pro- oder antirussische Orientierung des Landes, sondern um faire Wahlen und Demokratie. Ohne die finanzielle und politische Unterstützung des Kremls und die massive Medienkampagne Russlands wäre Lukaschenka längst gefallen. Die EU muss verdeutlichen, dass sie die Verbindungen zwischen Belarus und Russland respektiert, aber jede russische Einmischung zugunsten des abgewählten Diktators Konsequenzen für die künftigen russisch-europäischen Beziehungen haben wird. Bereits jetzt ist das Staatsfernsehen in Minsk von „Russia Today“ übernommen worden.
Lukaschenka spielt mit Putins Hilfe auf Zeit. Er setzt darauf, die Protestbewegung mit Verhaftungen, Drohungen und nackter Gewalt zu zermürben. Ein Berater Tichanowskajas sagte voraus: Entweder es kommt zu einem Machtwechsel durch freie Wahlen oder Belarus wird zu einem zweiten Nordkorea – ein wirtschaftlich ruinierter, von Russland abhängiger Polizeistaat mitten in Europa. Wir sollten alles tun, damit dieser Albtraum nicht Wirklichkeit wird.
Video-Mitschnitt
Hier können Sie den Mitschnitt der Podiumsdiskussion mit Swetlana Tichanowskaja und Nils Schmid am 5. Oktober 2020 in Berlin sehen.
Programm
Begrüßung: Gabriele Freitag, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde
Einführung: Marieluise Beck, Zentrum Liberale Moderne
Podiumsdiskussion mit
Swetlana Tichanowskaja, belarusische Oppositionsführerin, z.Z. Vilnius
Nils Schmid MdB, außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion
Moderation: Volker Weichsel, Redaktion OSTEUROPA, Berlin
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