Pekings langer Arm in Deutschland
Die Volksrepublik bemüht sich seit Jahren, politischen Einfluss in Deutschland zu nehmen. Die abgesagte Lesung an deutschen Konfuzius-Instituten ist nur das jüngste Beispiel. Immer klarer zeigt sich, dass die Institute Propagandainstrumente sind, mit denen die Kommunistische Partei versucht, die Politik des Parteistaats weißzuwaschen.
Sie freue sich, dass es so ein Institut jetzt auch in ihrer politischen Heimat gebe, sagte Angela Merkel (CDU) 2016. Für die Eröffnungsfeier des chinesischen Konfuzius-Instituts in Stralsund war die Bundeskanzlerin extra in ihren Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern gereist.
Auch drei Jahre später, zum dritten Jubiläum des Instituts, schickte Merkel noch die „herzlichsten Grüße und Glückwünsche“. Sie freue sich über die erfolgreiche Entwicklung der Einrichtung.
In der scheidenden Bundeskanzlerin haben die chinesischen Konfuzius-Institute in Deutschland eine einflussreiche Cheerleaderin. Merkel frohlockte über die Institute selbst dann noch, als sich der Wind bereits zu drehen begann – und sie in die Kritik gerieten.
Aktuell gibt es rund 20 Konfuzius-Institute in Deutschland, nach eigener Darstellung sollen sie die chinesische Sprache und Kultur im Ausland fördern. Befürworter vergleichen sie deswegen oft mit den deutschen Goethe-Instituten.
Doch dieser Vergleich hinkt: Die Institute schließen Kooperationsabkommen mit deutschen Universitäten, die Finanzierung wird geteilt. Die deutsche Seite stellt am Ende aber meist nicht mehr als die Räume. Die chinesische Seite hingegen stellt das Personal und die Lehrmaterialien.
Am Problematischsten ist, dass die Institute in den Propagandaapparat der Volksrepublik eingebunden sind. Diese hat seit dem Amtsantritt von Präsident und Parteichef Xi Jinping 2012 eine autoritäre Wende genommen. Kritiker werfen den Instituten deswegen vor, ein Trojanisches Pferd der Kommunistischen Partei (KPCh) zu sein, mit dem die Politik des chinesischen Parteistaats weißgewaschen werden soll.
Der jüngste Vorfall bestätigt diese Kritik. Anfang der Woche wurde bekannt, dass eine Veranstaltung mit Stefan Aust, dem Herausgeber von WELT, und dem langjährigen Chinakorrespondenten Adrian Geiges an der Universität Duisburg-Essen und der Leibniz-Universität Hannover abgesagt worden war. Die Journalisten wollten dort ihr Buch „Xi Jinping – der mächtigste Mann der Welt“ vorstellen. Veranstalter waren die Konfuzius-Institute der beiden Universitäten. Nach Angaben des Piper-Verlags soll eine Mitarbeiterin eines Konfuzius-Instituts den Journalisten mitgeteilt haben, dass Xi Jinping „unantastbar“ sei – und dass die Institute in China Druck von ganz oben bekommen hätten. Die Absage sorgte für einen Aufschrei. Mehrere Politiker kritisierten die Verletzung der Wissenschaftsfreiheit scharf.
Seit ein paar Jahren mehren sich die Vorwürfe gegen die Konfuzius-Institute. Im vergangenen Jahr beendete die Universität Hamburg ihre Kooperation mit dem Institut. Eine Universitätssprecherin sagte damals, dass die Hochschule das Risiko der Einflussnahme „nicht länger eingehen“ wolle.
Am Anfang des Jahres kappte dann auch die Universität Düsseldorf ihre Verbindung zu der Einrichtung. Die Hochschulleitung erklärte, dass sie eine Einflussnahme durch das Konfuzius-Institut nicht ausschließen könne.
Auch in der Politik ist das Problembewusstsein gewachsen. Im Sommer gab das Bildungsministerium bekannt, rund 24 Millionen Euro für die Stärkung unabhängiger China-Kompetenz in der deutschen Wissenschaft zur Verfügung zu stellen. In einer Pressemitteilung sagte Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU), dass Deutschland den Konfuzius-Instituten „an einigen Stellen zu viel Raum gelassen“ habe.
Der Verfassungsschutz hat die Institute schon länger im Visier. Im aktuellen Bericht des Bundesamtes heißt es, dass die Institute im akademischen Bereich bedeutsame Akteure auf dem Feld der Einflussnahme seien, die die akademische Freiheit auf unterschiedlichen Wegen zu unterminieren drohten.
Angesichts all dieser Vorwürfe ist es erstaunlich, dass es immer noch mehr als 15 deutsche Universitäten gibt, die Kooperationen unterhalten. Der Reflexionsprozess scheint also nur schleppend voranzugehen.
Aber mit der Absage der Lesung der Journalisten Aust und Geiges könnte sich dieser Prozess beschleunigen. Denn Pekings Propagandisten haben damit wohl ein Eigentor geschossen.
Zum einen findet die Veranstaltung trotzdem statt; die Universität Duisburg-Essen sprang kurzfristig als Gastgeber an. Zum anderen bescherte die Absage dem Buch „Xi Jinping – der mächtigste Mann der Welt« ein Plus an Aufmerksamkeit. Nicht zuletzt bestätigte die Intervention den Verdacht, den Kritiker schon lange hegen: dass die Institute Einflussinstrumente der KPCh sind.
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