European Book Club: „Liberal Responses to Populism“ – Wie liberale Antworten auf den Populismus aussehen können
In dem neuen Sammelband Liberal Responses to Populism (De Gruyter, 2025), herausgegeben von Karen Horn, Stefan Kolev und Julian F. Müller, analysieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlichster Disziplinen – von der Philosophie bis zur Ökonomie – das Phänomen des Populismus und entwickeln mögliche liberale Reaktionen. Ziel ist es, dem Erstarken populistischer Kräfte mit fundierten Antworten zu begegnen, die sowohl theoretisch tragfähig als auch politisch umsetzbar sind.
Am 13. Mai diskutierten wir im Rahmen unsere European Book Club Veranstaltungsreihe mit den beiden Herausgebern Karen Horn (Universität Erfurt) und Stefan Kolev (Ludwig-Erhard-Forum) sowie mit dem Politikwissenschaftler Aris Trantidis (University of Lincoln) darüber, wie solche liberalen Antworten konkret aussehen können. Moderiert wurde das Gespräch von Libmod-Senior-Fellow Karolina Wigura.
Populismus als Phänomen und Aufgabe
Karen Horn machte zum Einstieg deutlich, weshalb der Band gerade jetzt nötig ist: Obwohl seit Jahren intensiv über den Aufstieg populistischer Bewegungen gesprochen werde, bliebe der Bedarf nach tragfähigen liberalen Antworten weiterhin bestehen. Die gängigen Erklärungen für das Erstarken des Populismus reichten von der Rückbesinnung auf nationale Identität gegenüber universalistischen Konzepten über ein verbreitetes Gefühl politischer Entfremdung bis hin zu gesellschaftlicher Radikalisierung und wirtschaftlicher Unsicherheit. Diese Faktoren wirkten zusammen und schafften einen Resonanzboden für populistische Politik, so Karen Horn. Liberale Stimmen müssten diesen Entwicklungen etwas entgegensetzen – nicht nur analytisch, sondern auch gestalterisch.
Liberale Antworten formulieren
Die Beiträge des Bandes gehen genau dieser Herausforderung nach: Sie beleuchten das historisch gewachsene Spannungsverhältnis zwischen Liberalismus und Populismus und stellen die Frage, wie liberale Demokratien mit der Gefahr einer schleichenden Aushöhlung ihrer Institutionen umgehen können. Karen Horn führte aus, welche Antworten sie bereithielten: – die Stärkung öffentlicher Deliberation auf der Grundlage klarer Regeln, – die Betonung einer liberalen Ethik, die bürgerliche Tugenden wie Toleranz, Selbstverantwortung und Mäßigung in den Mittelpunkt stellt, – sowie innovative Formen politischer Repräsentation.
Populismus als existenzielle Bedrohung für die liberale Demokratie
Der Autor Aris Trantidis warnte eindringlich vor den tiefgreifenden Gefahren des Populismus für liberale Demokratien. Die Beispiele Russland unter Putin, Ungarn unter Orbán und die Türkei unter Erdoğan zeigten, dass populistische Regime nicht nur demokratische Institutionen schwächten, sondern auch langfristig autoritäre Strukturen festigen könnten. Populismus sei dabei keine bloße politische Strömung, sondern eine klientilistische Maschinerie, die gezielt politischen Widerstand unterdrücke, Pluralismus zurückdränge und die Gesellschaft in Abhängigkeit halte. Für liberale Demokratinnen und Demokraten müsse es daher oberste Priorität sein, diese Dynamik zu erkennen, offenzulegen und zu durchbrechen.
Liberale Antworten als Puzzlestücke
Stefan Kolev betonte in diesem Zusammenhang die besondere Relevanz der Migrationspolitik. Dieses Thema dürfe nicht länger extremen politischen Kräften überlassen bleiben. Stattdessen gelte es, eine vernunftbasierte, humanistische und zugleich realistische liberale Migrationspolitik zu entwickeln. Nur so könne verhindert werden, dass Migration weiterhin als Projektionsfläche für Ängste und Ressentiments diene. Dies könnte dem Populismus den Nährboden entziehen.
Abschließend verglich Karolina Wigura die Diskussion um liberale Antworten mit dem Zusammenfügen eines Puzzles: Jede Idee, jede Perspektive sei ein Teil des Ganzen. Erst im Zusammenspiel dieser vielfältigen Ansätze entstehe ein kohärentes Bild – ein Bild, das nicht nur theoretisch tragfähig sei, sondern auch als praktischer Gegenentwurf zum Populismus diene. Die Aufgabe der Liberalen sei es, die Puzzlestücke zu sammeln und das Gesamtbild weiterzubauen.
Hat Ihnen unser Beitrag gefallen? Dann spenden Sie doch einfach und bequem über unser Spendentool. Sie unterstützen damit die publizistische Arbeit von LibMod.
Spenden mit Bankeinzug
Spenden mit PayPal
Wir sind als gemeinnützig anerkannt, entsprechend sind Spenden steuerlich absetzbar. Für eine Spendenbescheinigung (nötig bei einem Betrag über 200 EUR), senden Sie Ihre Adressdaten bitte an finanzen@libmod.de
Verwandte Themen
Newsletter bestellen
Mit dem LibMod-Newsletter erhalten Sie regelmäßig Neuigkeiten zu unseren Themen in Ihr Postfach.
