Eröffnungsrede „Rethinking Liberalism“ Konferenz:
Wie hat Liberalismus zum antiliberalen Rollback beigetragen?
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Mehr InformationenNach einer langen Periode der gesellschaftlichen und politischen Liberalisierung sehen wir uns einer veritablen antiliberalen Gegenrevolution gegenüber. Wir müssen uns fragen, wo haben liberalen Ideen und Politik zu diesem Rückschlag beigetragen? Und was sind freiheitliche Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit? Eröffnungsrede von Ralf Fücks zur Konferenz „Liberalismus neu denken“.tt
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Ralf Fücks
Eröffnungsrede: „Liberalismus neu denken“
Auftaktkonferenz zum Editionsprojekt „Vordenker der liberalen Moderne“
Berlin, 4.11.2025t
Sehr geehrte Damen und Herren, lieber Prof. Feld, liebe Kooperationspartner, Freundinnen und Freunde der liberalen Moderne,
herzlich willkommen zu unserer diesjährigen Konferenz „Liberalismus neu denken“. Ich freue mich auf ein reichhaltiges Menü an Themen und Rednern. Und ich bin zuversichtlich, dass wir im Verlauf des Tages mehr als nur eine Antwort auf die Frage bekommen werden, was uns die altehrwürdige und vielfältige Denkschule des Liberalismus heute zu sagen hat. Die Konferenz ist Teil einer ganzen Serie, in der wir Grundsatzfragen des Liberalismus mit aktuellen Herausforderungen verbinden.
Gleichzeitig feiern wir in diesem Jahr eine Premiere: den Auftakt eines ambitionierten Editionsprojekts zu den „Vordenkern der liberalen Moderne“, das sich bis ins Jahr 2029 erstrecken wird. Beteiligt sind acht wissenschaftliche Institutionen und Thinktanks; gefördert wird das Vorhaben durch das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt – vormals BMBF. Dafür sind wir dankbar. Wir verstehen die Förderung mit öffentlichen Mitteln als Verpflichtung, einen möglichst großen ideellen Gegenwert zu liefern.
Die Notwendigkeit einer kritischen Selbstreflexion, einer zeitgemäßen Aktualisierung liberaler Theorie und Politik liegt auf der Hand. Nach einer langen Periode der kulturellen, ökonomischen und politischen Liberalisierung mit dem Höhepunkt der demokratischen Revolution von 1989/90 sehen wir uns heute einer veritablen antiliberalen Gegenrevolution gegenüber. Für einen kurzen historischen Moment schien es, als habe der Liberalismus auf ganzer Linie gesiegt – tatsächlich barg sein durchschlagender Erfolg bereits den Keim eines massiven Rollbacks.
Heute steht die liberale Demokratie doppelt unter Druck: von innen durch populistische, offen oder latent autoritäre Bewegungen und Parteien, von außen durch selbstbewusst auftrumpfende autoritäre Mächte mit China und Russland an der Spitze. Die Wiederwahl von Donald Trump ist Teil eines Trends, den wir auch in Europa und auf anderen Kontinenten erleben: die Rückkehr des „starken Mannes“, manchmal auch einer Frau mit dem Habitus eines nationalen Führers.
Vieles erinnert an die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts. Aber auch hier gilt: Geschichte wiederholt sich nicht. Wir haben es mit einem neuen, hybriden Phänomen zu tun, einem Autoritarismus mit libertärer Rhetorik, der sich als Verteidiger der Freiheit gegen staatliche Bevormundung inszeniert.
Der Angriff gegen die Kernelemente der liberalen Demokratie – politischer und kultureller Pluralismus, Gewaltenteilung, Unabhängigkeit der Justiz und der Medien, Toleranz gegenüber divergierenden Überzeugungen und Positionen – kostümiert sich als Kampf gegen die Anmaßung volksferner Eliten. Für die wahre Demokratie – gegen ihre liberale Entstellung, das ist der gemeinsame Nenner von Putin bis Orbán. Die Rechte versammelt sich unter der Fahne der „illiberalen Demokratie“, in der Linken gilt „Neoliberalismus“ als Ursache für alle möglichen Übel. Auch unter den Verteidigern der liberalen Demokratie finden sich eher wenige bekennende Liberale. Die jüngste Parlamentswahl in den Niederlanden ist eher eine ermutigende Ausnahme als die Regel.
Wer nach den Gründen für diesen Umschlag der politischen Großwetterlage forscht, kommt um die Frage nicht umhin, wo liberale Ideen und Politik zu diesem Rückschlag beigetragen haben. Wo liegen problematische Überspitzungen und blinde Flecken des Liberalismus, an denen seine Gegner ansetzen? Welche Risiken und Nebenwirkungen haben Liberale bei ihrem Plädoyer für Globalisierung, Deregulierung und Diversity übersehen? Diese Fragen werden uns heute wie im Zuge des Editionsprojekts beschäftigen.
Aber keine Sorge: Wir wollen keine liberale Nabelschau betreiben. Deshalb geht es vor allem um die Frage: Was sind freiheitliche Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit? Was hat ein moderner Liberalismus zur Migrations- und Flüchtlingspolitik, zur digitalen Revolution und künstlichen Intelligenz, zur Krise der Globalisierung und zum Klimawandel zu sagen? Wie können wir die Wachstumskräfte Europas stärken und Wohlstand für alle sichern? Was bedeutet „wehrhafte Demokratie“, ohne in liberalen Autoritarismus abzugleiten? Und wie antworten Liberale auf das wachsende Bedürfnis nach Sicherheit und Zugehörigkeit in einer Zeit rasanter Veränderungen? Mehr als genug Stoff für unsere Konferenz, mehr als genug Stoff für das Editionsprojekt.
Jetzt also Bühne frei für Prof. Lars Feld, den Direktor des Walter-Eucken-Instituts, der das Editionsprojekt „Vordenker der liberalen Moderne“ angestoßen hat. Vielen Dank an Sie und Ihr Team – auch dafür, dass Sie uns alle unter einen Hut gebracht und das Antragsverfahren erfolgreich durchgesteuert haben.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Lieber Lars Feld, Sie haben das Wort.
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