Konfe­renz­be­richt „Ökologie & Freiheit“

Foto: Katy Otto

Konfe­renz­be­richt

ÖKOLOGIE & FREIHEIT

Wie lassen sich Ökologie und Freiheit mitein­ander verein­baren? Wie sieht eine frei­heit­liche Klima­po­litik aus und welche funda­men­talen Fragen muss sie beant­worten? Robert Habeck, Ursula Weiden­feld, Maja Göpel, Patrizia Nanz, Claus Leggewie, Michael Zürn und andere Exper­tinnen und Experten aus Politik, Wissen­schaft, Wirt­schaft und Zivil­ge­sell­schaft disku­tierten diese und andere Fragen auf unserer Konferenz „Ökologie & Freiheit“ am 29. November in Berlin.

 

Die Konferenz hätte aktueller nicht sein können: Das Urteil des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts zur Einhal­tung der Schul­den­bremse hat die Möglich­keiten für klima­po­li­ti­sche Inves­ti­tionen deutlich einge­schränkt. Gleich­zeitig ist der Klima­wandel die wohl massivste Heraus­for­de­rung, die die Welt in den kommenden Jahr­zehnten zu meistern hat. Bewäl­tigen wir sie nicht, wird sich das Leben in den meisten Teilen der Erde stark verändern. Auch die Spiel­räume für liberale Demo­kra­tien könnten massiv schrumpfen.

Was bislang fehlt, ist ein in sich stimmiger Entwurf einer frei­heit­li­chen Klima­po­litik, die den Klima­wandel ernst nimmt und Wege aufzeigt, wie er auf dem Boden von Markt­wirt­schaft und liberaler Demo­kratie einge­dämmt werden kann.

Robert Habeck:
„Wir brauchen ein neues Denken der Solidarität”

So stellte Robert Habeck, Vize­kanzler und Minister für Wirt­schaft und Klima­schutz, in seiner Keynote auch das jüngste Urteil des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts, das die Einhal­tung der Schul­den­bremse und das zeitnahe Ausgeben aufge­nom­mener Schulden vorschreibt, neben ein Urteil aus dem Jahr 2021, das den Schutz der Rechte zukünf­tiger Gene­ra­tionen fordert. Dort heißt es, der Sinn von Klima­schutz sei Freiheit. Maßnahmen gegen einen Anstieg der globalen Tempe­ratur würden aber oft als Einschrän­kung verstanden.

Wir sind an einem Schei­tel­punkt der Moderne, an dem sich entscheidet, ob ihr Fort­schritts- und ihr Frei­heits­ver­spre­chen einlösbar sind, so Habeck. Gesell­schaften könnten jetzt entscheiden, wie sie leben wollten – und müssten dies auch aktiv tun.

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Gehen Libe­ra­lismus und Klima­schutz zusammen?

Die Frage, ob – und wie – Klima­schutz und Freiheit, Ökologie und liberale Demo­kratie mitein­ander zu verein­baren sind, beschäf­tigte auch das Auftakt­panel. Tanja A. Börzel, Spre­cherin des Exzel­lenz­clus­ters Conte­sta­tions of the Liberal Script in Berlin disku­tierte mit Patrizia Nanz, desi­gnierte Präsi­dentin des European Univer­sity Institute, Michael Zürn, Direktor am Wissen­schafts­zen­trum Berlin, Philipp Lepenies, Professor an der Freien Univer­sität Berlin und Ralf Fücks, Direktor des Zentrums Liberale Moderne.

Das liberale Skript, so Michael Zürn, ist eng mit dem Fort­schritts­be­griff verwoben – einem Fort­schritt, der 150 Jahre lang vor allem auf der Unter­wer­fung der Natur basierte. Ralf Fücks betonte, dass das nicht so sein müsse und plädierte für eine Entkopp­lung von Wachstum und Ressour­cen­ver­brauch. Der dafür einzig machbare und demo­kra­ti­sche Weg: Die Beprei­sung von CO2 und der Handel mit Emis­sionen. Alle anderen Maßnahmen würden zu lange dauern, größere Teile der (Welt-)Bevölkerung verprellen, oder wären mit der liberalen Demo­kratie nicht vereinbar.

Klima­po­litik muss jedoch nicht nur politisch und technisch funk­tio­nieren, sondern auch mit der – und nicht gegen die – Gesell­schaft.  Dabei müssen verschie­dene gesell­schaft­liche Bereiche zusam­men­ar­beiten, um sowohl Klima­schutz als auch Freiheit zu sichern. Zivil­ge­sell­schaft, Unter­nehmen und Wissen­schaft spielen dabei ebenso eine Rolle wie Innovationen.

Follow the Science: Wissen­schaft, Demo­kratie und Klimaschutz

Klima­po­litik muss – da war sich das Panel einig – nicht nur politisch und technisch funk­tio­nieren, sondern auch mit der Gesell­schaft. Das bedeutet auch, dass verschie­dene gesell­schaft­liche Bereiche Aufgaben dabei haben, sowohl Klima­schutz wie auch Freiheit zu sichern. Disku­tiert wurde auf der Konferenz über Zivil­ge­sell­schaft, Unter­nehmen, Wissen­schaft und Innovationen.

Follow the science? Dieses Diktum halten viele hoch, denen es nicht schnell genug geht mit dem Klima­schutz. Doch wie verträgt sich dieses Diktum mit einer Demo­kratie, in der der Weg in die Zukunft ausge­han­delt wird und voller Kompro­misse ist? Ursula Weiden­feld, Jour­na­listin und Publi­zistin, disku­tierte dazu mit Brigitte Knopf vom Mercator Institute on Global Commons and Climate Change, Hermann Held, Professor für Nach­hal­tig­keit und globalen Wandel an der Univer­sität Hamburg, und Matthias Koller vom Umweltbundesamt.

 

Fotos: Katy Otto

Die Rolle der Unter­nehmen bei der Klima­trans­for­ma­tion – Verbün­dete oder Gegner?

Auch Unter­nehmen sind wichtige Treiber der Trans­for­ma­tion – und häufig in viel umfang­rei­cherem Maße als es die poli­ti­schen Diskus­sionen vermuten lassen. Aber: Rahmen­be­din­gungen und verläss­liche Inves­ti­ti­ons­mög­lich­keiten sind insbe­son­dere für lang­fristig ausge­rich­tete Branchen wichtig. Der FAZ-Wirt­schafts­re­dak­teur Philipp Krohn disku­tierte mit der Trans­for­ma­ti­ons­for­scherin Maja Göpel, mit dem Direktor von Allianz Global Investors Hans-Jörg Naumer und dem BDI-Haupt­ge­schäfts­führer Holger Lösch.

 

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Kein Klima­schutz ohne Innovationen

Braucht es Inno­va­tionen, um den Klima­wandel aufzu­halten? Viele denken, dass wir mit Wind- und Solar­energie oder Kreis­lauf­wirt­schaft über Rezepte verfügen, das Ener­gie­system und die Wirt­schaft zu dekar­bo­ni­sieren. Andere dagegen gehen davon aus, dass die Zukunft noch viele spannende Lösungen zu bieten hat, die zur Bewäl­ti­gung der Klima­krise beitragen können.

Wie Inno­va­tionen gefördert werden können und welche Rahmen­be­din­gungen sie brauchen, disku­tierten Lukas Daubner, Zentrum Liberale Moderne, mit Olivia-Julia Lamml von der Stiftung Klima­Wirt­schaft und Jano Costard von SPRIND – Bundes­agentur für Sprunginnovationen.

Zentraler Punkt der Diskus­sion: Deutsch­land sollte offener gegenüber Neuem sein – und Inno­va­tionen noch aktiver fördern, anstatt Entschei­dungen aufzu­schieben. Inno­va­tionen mögen lange dauern, bis sie sich auszahlen – aber auch in der Zukunft sind neue Verfahren und Tech­no­lo­gien nötig.

Aber: Die Trennung vieler gesell­schaft­li­cher Bereiche ist auch ein Problem, wie Patrizia Nanz, desi­gnierte Präsi­dentin des European Univer­sity Institute, sagte. Klima­schutz ist eine Quer­schnittss­auf­gabe, die bereichs­über­grei­fende Koope­ra­tion erfordert. Und das ist gar nicht so einfach in einge­spielten Inter­es­sen­kon­stel­la­tionen, mit einge­übter Arbeits­tei­lung. Nach­hal­tig­keit – so der für sie zentrale Begriff, der über Klima­schutz hinaus­geht – ist jedoch eine Aufgabe für alle. Hierfür braucht es Ideen – nicht nur tech­ni­sche und poli­ti­sche, sondern gesell­schaft­liche – wie genau die Trans­for­ma­tion ablaufen kann.

 

Umstrit­tene Frage: Ziviler Ungehorsam

Darf man sich auf der Straße fest­kleben, Flugzeuge und Kunst­werke beschmutzen, um auf die Klima­krise aufmerksam zu machen? Michael Zürn sprach darüber mit Samira Akbarian, Rechts­wis­sen­schaft­lerin an der Goethe-Univer­sität Frankfurt und Mirjam Herrmann, Vertre­terin der Letzten Generation.

Ziviler Unge­horsam ist erst einmal kein juris­ti­scher Terminus, sondern ein mora­li­scher, akti­vis­ti­scher Begriff, führte Akbarian aus juris­ti­scher Perspek­tive aus. Es ist eine Protest­form, die mit fried­li­chen, jedoch oft an der Grenze der Legalität liegenden Mitteln Unzu­frie­den­heit zum Ausdruck bringt. Während die Rechts­spre­chung zu einzelnen Aktionen der Letzten Gene­ra­tion unter­schied­lich ausfällt, verwies Mirjam Herrmann als deren Vertre­terin darauf, dass es der Orga­ni­sa­tion um die Einhal­tung der Verfas­sung und bzw. Umsetzung gefasster Beschlüsse des Bundes­tages geht.

Umstritten war in der Diskus­sion, ob die Aktionen der Letzten Gene­ra­tionen hilfreich dem Anliegen des Klima­schutzes dienlich sind – oder ob sie vielmehr zu starker Ablehnung in der Bevöl­ke­rung führen, die die Aktionen zu radikal findet oder im Alltag einge­schränkt wird. Denn: Es sind  Aktionen einer kleinen Gruppe, die jedoch Auswir­kungen auf viele Menschen haben.

 

Popu­lismus und Klimaschutz

Die Frage ist auch deshalb relevant, weil popu­lis­ti­sche Akteure und Parteien jede dieser Aktionen nutzen, um Klima­schutz zu diskre­di­tieren. Die Geschäfts­füh­rerin der Initia­tive Klima­neu­trales Deutsch­land, Carolin Frie­de­mann, disku­tierte den Zusam­men­hang von Popu­lismus und Klima­schutz mit dem Poli­tik­wis­sen­schaftler Claus Leggewie, dem Sozio­logen Matthias Quent und dem Chef­re­dak­teur der polni­schen Online-Wochen­zei­tung Kultura Liberalna, Jaroslaw Kuisz.

In Europa ist nicht Popu­lismus, sondern Rechts­po­pu­lismus das große Problem. Rechts­ra­di­kale profi­tieren von den aktuellen Krisen – und sind geeint in der Vertei­di­gung „ihres“ Terri­to­riums gegen Migration und Klima­mi­gra­tion. Das verfängt in einer Gesell­schaft, die laut Leggewie wenig verän­de­rungs­be­reit ist. Der Klima­wandel führt jedoch zu bisher unge­ahnten Verän­de­rungen unserer Lebens­weise – ein Fakt, der offen­sicht­lich von zu vielen verdrängt wird.

 

Die Trans­for­ma­tion braucht Markt & Sozialpolitik 

Dass der Klima­wandel auch eine soziale Frage ist, ist unstrittig. Gerade die, die am wenigsten zum Klima­wandel beitragen, sind oft am stärksten betroffen – global, aber auch in Deutsch­land. Deshalb braucht es einen sozialen Ausgleich. Wie Markt­me­cha­nismen und sozialer Ausgleich zusammen gedacht werden können, disku­tierte der wissen­schaft­liche Leiter des Ludwig Erhard Forums, Stefan Kolev, mit Karl-Heinz Paqué, Vorstands­vor­sit­zender der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Bernd Weber, Geschäfts­führer von Epico Klima­In­no­va­tion, und Lars Peder Nord­bakken vom norwe­gi­schen Think-Tank Civita.

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Der CO2-Preis ist ein starkes Leit­in­stru­ment, das auch für den sozialen Ausgleich genutzt werden kann. Metho­di­sche Trans­pa­renz und ein erwart­barer, als gerecht empfun­dener sozialer Ausgleich sind wichtig für einen erfolg­rei­chen, als legitim empfun­denen Klima­schutz. Eine solche einfache Markt­lö­sung kann unter Umständen sogar mehr Legi­ti­mität schaffen als klein­tei­lige Lösungen über Steu­er­re­gu­lie­rungen für einzelne Bereiche.

 

Elemente einer frei­heit­li­chen Klimapolitik

Wie kann eine wirksame Klima­po­litik aussehen? Auf dem Abschluss­panel disku­tierte Ralf Fücks mit Andreas Jung von der CDU/CSU-Fraktion, Lukas Köhler von der FDP-Fraktion und Ingrid Nestle von Bündnis90/​Die Grünen. Deutsch­land ist in einer Krisen­si­tua­tion: Corona, Kriege, Inflation und andere Themen setzen die Menschen unter Stress. Auch die Heraus­for­de­rungen in den Bereichen Infra­struktur, Wirt­schaft und Europa sind immens. Und auch wenn die konkreten Maßnahmen noch auszu­buch­sta­bieren sind – es bedarf in den nächsten Jahren großer Anstren­gungen, um Klima­schutz und Freiheit mitein­ander in Einklang zu bringen, in Deutsch­land und Europa, aber auch auf globaler Ebene.

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