Odesa verleiht Roman Schwarzman und Marie­luise Beck die Ehrenbürgerwürde

Fotos: Boris Bukhman

Die Stadt Odesa hat Roman Schwarzman und Marie­luise Beck die Ehren­bür­ger­würde verliehen. Damit würdigt sie ihr Engagement für Erinnerung, jüdisches Leben und humanitäre Solida­rität – und bekräftigt zugleich die enge partner­schaft­liche Zusam­men­arbeit zwischen Bremen und Odesa in Zeiten von Krieg und Bedrohung.

Mit dem Maidan begann die Verbun­denheit zwischen der Stadt Bremen und Odesa. Der Ratschor Bremen und die Philhar­monie von Odesa musizierten in beiden Städten. Erst im Jahr 2017 wurde in Deutschland bekannt, dass deutsche und rumänische Truppen im Herbst 1941 in Odesa ein monströses Verbrechen begangen hatten: 25.000 Juden wurden in Muniti­ons­ba­racken gesperrt und bei leben­digem Leibe verbrannt.

Im Jahr 2018 fand an diesem Ort der Vernichtung, gemeinsam mit dem Ratschor Bremen und der Stadt Odesa, ein erstes öffent­liches Gedenken statt. Roman Schwarzman, der Holocaust-Überle­bende aus Bershad, und das Zentrum Liberale Moderne begannen mit der Planung einer Gedenk­stätte. Das Bundes­mi­nis­terium für wirtschaft­liche Zusam­men­arbeit unter­stützte diese Arbeit, und die Stadt Odesa war überaus engagiert. Am 22. Oktober 2021 konnte am Lustdorfer Weg der Grund­stein für die Gedenk­stätte gelegt werden.

Der groß angelegte russische Vernich­tungs­krieg brachte dieses Projekt zum Still­stand. In der Gedenk­stunde zur Befreiung von Auschwitz, bei der Roman Schwarzman im Deutschen Bundestag sprach, versi­cherten Bundes­prä­sident Stein­meier und Bundes­tags­prä­si­dentin Bärbel Bas, dass trotz des Krieges dieses Projekt nicht aufge­geben wird.

Roman Schwarzman, Vorsit­zender des Verbandes der ehema­ligen Ghetto- und Konzen­tra­ti­ons­la­ger­häft­linge, hat sein Leben der Sicht­barkeit des Judentums in der Ukraine gewidmet. Marie­luise Beck wurde 2018 zum Ehren­mit­glied dieses Verbandes ernannt.

Über Jahre hinweg wuchs eine tiefe Verbun­denheit zwischen Bremen und Odesa. Die Verleihung der Ehren­bür­ger­würde am Tag der Stadt Odesa ist eine große Auszeichnung. Neben der Erinne­rungs­arbeit war auch die Arbeit der „Brücke der Hoffnung” Gegen­stand der Ehrung, die Opfer des Krieges humanitär unterstützt.

Angesichts der Verbrechen, die während des Natio­nal­so­zia­lismus dem ukrai­ni­schen Volk zugefügt wurden, nahm Marie­luise Beck diese Würdigung mit Demut und Dankbarkeit entgegen.

Mit der Verleihung der Ehren­bür­ger­würde an Roman Schwarzman und Marie­luise Beck setzt die Stadt Odesa ein starkes Zeichen: für die Kraft humani­tärer Solida­rität, für die Notwen­digkeit histo­ri­scher Erinnerung und für die Bedeutung partner­schaft­licher Zusam­men­arbeit zwischen Bremen und Odesa in Zeiten von Krieg und Bedrohung.
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Dankesrede Marie­luise Beck

Hier dokumen­tieren wir die Dankesrede von Marie­luise Beck bei der Verleihung in Odesa am 2. September 2025:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

lieber stell­ver­tre­tende Bürger­meister Pavel Vugelman,
sehr geehrte Stadt­väter- und mütter,
lieber Roman Schwarzman,
und vor allem: Liebe Bürge­rinnen und Bürger der Stadt,

heute hat die Stadt Odesa mir die Ehren­bür­ger­würde angetragen. Das erfüllt mich mit Dankbarkeit, ein wenig Stolz und vor allem Demut.

Demut, weil ich eine Deutsche bin. Tatsächlich haben Odesa und Deutschland eine gemeinsame Geschichte. Darin findet sich Gutes und Schlechtes.

Katharina die Große war eine deutsche Prinzessin bis sie eine russische Zarin wurde. Es war ihr kolonialer Feldzug, der das Zaren­reich weit bis in den Süden ausdehnte.
Die Gründung der Stadt Odesa sollte ihre Antwort auf St. Petersburg sein, die Peter der Große auf dem Sumpf­ge­lände nahe der Ostsee gegründet hatte.

Unter ihr wurde die Ukraine zu dem sogenannten „Klein­russland“. Und dieses Wort bemüht nun Präsident Putin, um die freie Ukraine wieder zu unterwerfen.

Demut, weil ich um die Katastrophen weiß, die diese Stadt durch­leiden musste. Den Holodomor als gezieltes Vernich­tungs­pro­gramm der ukrai­ni­schen Nation, befohlen durch Stalin. Die gemeinsame Eroberung durch rumänische und deutsche Truppen im zweiten Weltkrieg. Die Truppen wüteten in der Stadt und begingen monströse Verbrechen. Die Vernichtung der jüdischen Bevöl­kerung. Deswegen wird dieses Verbrechen das „Babyn Jar von Odesa“ genannt.

Das ukrai­nische Volk, die ukrai­nische Nation wurde mit dem Zerfall des Sowjet­im­pe­riums endlich frei.
Doch nun greift das russische Imperium wieder nach der Ukraine und führt seit 11 Jahren Krieg gegen das ukrai­nische Volk, dass nichts mehr als die Freiheit will.

Der Westen will nicht sehen, dass Putin mehr will als die Ukraine. Dass er nach Europa greift und dass Ihr den Schutzwall für uns bildet. Eure Städte werden verwüstet. Eure Familien zerrissen. Eure Menschen sterben in den Dörfern und Städten. Unsere westlichen Länder hätten Euch mit allem versorgen müssen, was Eure tapferen Soldaten brauchen. Aber unsere Regie­rungen hörten ängstlich auf Putins Drohungen. Und Ihr zahlt dafür den Preis.

Das beschämt mich sehr.

Wir stehen auf der Potem­kin­schen Treppe. Diese Stadt, die so voller kosmo­po­li­ti­scher Kultur ist, erstrahlte nach dem Maidan mit dem wunder­baren Fest der Musik bei „Odesa Classics” genau an diesem Ort.

Ich wünsche mir, dass das Putin-Reich so in sich zusam­men­fallen möge, wie einst die falschen Fassaden des Grigori Alexan­d­ro­witsch Potjomkin.

Ich bedanke mich bei Ihnen allen und fühle mich sehr geehrt.

Marie­luise Beck

 

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