CO2-Speicherung an Land: Boden gut, alles gut?
Dass die CO2-Abscheidung und Speicherung (CCS) und Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre (CDR) für die Erreichung der Klimaschutzziele nötig sind, wird mittlerweile breit diskutiert. In Deutschland war die politische Debatte über die Speicherung von CO2 allerdings viele Jahren festgefahren und wurde erst durch die Ampelregierung wiederbelebt. Die Speicherung von CO2 an Land wird – trotz großer Potenziale – allerdings weitestgehend abgelehnt. Zu Unrecht wie Lukas Daubner und Julia Hönnecke argumentieren.
Seit Robert Habecks Reise nach Oslo im Jahr 2023 wird in Deutschland wieder über die Speicherung von CO2 diskutiert. Der deutsche Formelkompromiss scheint zu sein: Deutschland benötigt das Abscheiden und Speichern von CO2 für bestimmte, aus heutiger Sicht nicht vermeidbare, Emissionen. Aber, im besten Fall wird das CO2 in ausländischen Böden gespeichert. Oder, wenn in Deutschland, dann unter der Nordsee, wo Widerstände mangels menschlicher Anwohnenden kleiner bleiben.
Offshore ja, Onshore kaum denkbar
Die Speicherung von CO2 an Land, auch zu Forschungszwecken, ist in Deutschland bislang faktisch verboten. Dabei bestehen große potenzielle Speichergebiete. Neben Regionen unter der Nordsee liegen diese insbesondere in Nord- und Ostdeutschland, aber auch in Bayern und Baden-Württemberg. Die Potenziale übersteigen die Mengen an CO2, die voraussichtlich in diesem Jahrhundert in Deutschland gespeichert werden müssen.
Politisch wird Onshore-Speicherung kaum offen diskutiert, gesellschaftlich ist sie so gut wie unbekannt. Dabei gibt es unserer Meinung nach zahlreiche Gründe für eine sachliche Neubewertung: Kürzere Transportwege verursachen weniger Emissionen, geringe Eingriffe in Landschaft und Ökosysteme sowie Kosten.
Für die geologische Speicherung von CO2 kommen in Deutschland im Wesentlichen zwei Optionen infrage:
- Salinare Aquifere – tiefliegende, salzwasserführende Gesteinsschichten, die durch undurchlässige Deckschichten versiegelt sind.
- Erschöpfte Erdgas- und Öllagerstätten, die über Millionen Jahre hinweg Gas oder Öl gespeichert haben und sich daher grundsätzlich als Speicher eignen könnten – sofern frühere Bohrungen die Integrität nicht beeinträchtigt haben.
Wichtig ist hierbei: Speicherpotenzial ist nicht gleichbedeutend mit Speichereignung oder Injektionspotenzial. Um die nötige Eignung zu ermitteln, sind detaillierte regionale Erkundungsarbeiten erforderlich.
Die Ampelregierung hat durch den Beschluss der Eckpunkte der Carbon Management Strategie, der Ankündigung der Langfriststrategie Negativemissionen und des Gesetzesentwurfs für ein Kohlendioxidspeicherungs- und Transportgesetz (KSpTG) der Debatte über die Speicherung und Wiederverwendung von CO2 Aufwind verliehen. Auch der Koalitionsvertrag der neuen schwarz-roten Regierung lässt darauf schließen, dass die Entnahme und das Speichern von CO2 zunehmend wichtiger wird.
Risiken bestehen, können aber gemanagt werden
Es besteht eine weitestgehende Einigkeit unter Forscherinnen und Forschern: Das Speichern von CO2 ist prinzipiell für viele Jahrhunderte sicher möglich. Doch es gibt auch Risiken und Gegenargumente. Dazu zählen:
- mögliche Leckagen bei Pipelines oder Speicherstätten, das Risiko einer Verunreinigung von Grundwasser oder Böden durch CO₂ oder salzhaltiges Wasser sowie
- der Energiebedarf für die Verpressung, das Abscheiden und den Transport. Dafür müssen erneuerbare Energien zur Verfügung stehen, die möglicherweise an anderer Stelle fehlen.
- Hinzu kommen mangelnde Expertise, fehlende Erkundungsarbeiten, sowie unklare Antrags- und Genehmigungsverfahren. Zudem fehlen staatliche und private Planungskapazitäten, Fachkräfte, Bohrequipment und eine breite gesellschaftliche Akzeptanz.
Die behördlichen Auflagen für den Umgang mit CO2 in Deutschland sind entsprechend hoch: Für die Speicherung werden Tiefbohr‑, Erkundungs- und Speichergenehmigungen benötigt. Die Genehmigungen für technische Anlagen an den Speicherstätten beinhalten zudem zahlreiche Einzelgenehmigungen.
Die Alternative – Offshore-Speicherung – ist allerdings auch nicht ohne Probleme: Sollte es bei der restriktiven Haltung Deutschlands bleiben, bedeutet das beispielsweise für Zementwerke, dass sie bis zur Fertigstellung einer CO2-Pipeline-Infrastruktur teils mehrere 100.000 Tonnen CO2 pro Jahr per Zug an die Küste transportieren müssen. Umweltschützer weisen zudem auf die bereits heute starke wirtschaftliche Belastung der Nordsee und deren ökologischen schlechten Zustand hin: Schifffahrt, Fischerei, Öl- und Gasförderung sowie Offshore-Windparks beanspruchen große Teile des Meeresraums.
Im Vergleich dazu könnte die Speicherung an Land potenziell kostengünstiger, effizienter und ökologisch verträglicher sein – sofern sie sorgfältig geplant, überwacht und genehmigt wird.
Was jetzt getan werden sollte
Da aufgrund der langsam voranschreitenden Dekarbonisierung Bedarf an und Relevanz von CO2-Speicherung zunehmen werden, sollten Umweltrisiken und administrative Hürden jetzt adressiert und angegangen werden. Die CO2-Speicher-Versuchsanlage in Ketzin, in der von 2008 bis 2013 etwa 67.000 Tonnen CO2 sicher gespeichert wurden, zeigt, was möglich ist. Untersuchungswürdige Gebiete gibt es viele. Die Eigenschaften der Regionen sind allerdings individuell, daher müssen jetzt detaillierte, standortspezifische Erkundungsarbeiten zur Feststellung der Eignung zugelassen werden. Nur so kann eine dauerhafte Speicherung sichergestellt werden.
Ein konkreter Vorschlag der Ampelregierung, der von der neuen Regierung schnell aufgegriffen werden sollte, betrifft die CO₂-Speicherung zu Forschungszwecken. Im Entwurf des KSpTG ist vorgesehen, dass die Bundesländer unter bestimmten Bedingungen solche Projekte erlauben dürfen. Obwohl dies rechtlich bereits möglich ist, werden entsprechende Anlagen seit einigen Jahren nicht genehmigt.
Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass es zu Knappheiten bei Bohrmaterialien und ‑fachkräften kommen wird. Nicht nur werden sie zunehmend im europäischen Ausland nachgefragt, es besteht auch eine Konkurrenz mit Geothermie-Projekten. Zeichnen sich nicht bald konkrete Projekte ab, wird es schwierig werden, in Deutschland ausgebildetes Personal zu finden.
Die Bundesländer mit guten Speicherbedingungen sollten sich jetzt dafür einsetzen, dass eine genaue geologische Erkundung erfolgt. Damit können möglichst schnell Gebiete ausgewiesen werden, in denen eine Speicherung erfolgsversprechend ist.
Darüber hinaus ist ein Bundeslands- sowie Staatsgrenzen übergreifendes Vorgehen nötig. So hat zum Beispiel Nordrhein-Westfalen viele energieintensive Industrien und somit große CO2-Quellen, aber kaum Speicherpotenziale, während Niedersachsen über potenziell große Speicherkapazitäten verfügt – und den Zugang zur Nordsee.
Ohne Akzeptanz keine CO2-Speicherung
Unabhängig von den technischen und administrativen Fragen ist für den Erfolg von CO2-Speicherung dessen gesellschaftliche Akzeptanz existenziell. Diverse Infrastrukturprojekte – etwa im Bereich der Energieversorgung – zeigen, dass fehlende Beteiligung und unzureichende Kommunikation zu erheblichem Widerstand führen können.
Eine transparente Planung, verständliche Kommunikation und finanzielle Beteiligung betroffener Kommunen können helfen, Vertrauen aufzubauen. Vergleichbar mit Regelungen bei Windenergieprojekten könnten Kommunen von CO₂-Speicherprojekten profitieren – etwa durch Standortpachten, Steueranteile oder Infrastrukturinvestitionen.
Die Entnahme und Speicherung von CO2 ist – neben der möglichst raschen Vermeidung von CO2 – Teil der deutschen Klimaschutzstrategie. Es wäre daher nur konsequent, auch die Speicherung von CO2 zu verfolgen und dort, wo es sinnvoll ist, zu nutzen. Deutschland kann beim Thema Carbon Management, beziehungsweise CO2-Speicherung zwar keine Vorreiterrolle mehr einnehmen, denn diese haben längst Länder wie Norwegen oder Dänemark inne. Deutschland kann aber von den bereits gemachten Erfahrungen profitieren, und Verfahren effizienter und sicherer gestalten.
Die potenziellen Speicherstätten an Land sind eine Chance, um nicht nur Verantwortung für das verursachte CO2 zu übernehmen, sondern um darüber hinaus der heimischen Industrie, die aktuell keine andere Möglichkeit zur Vermeidung von CO2-Emissionen hat, einen Weg zur Klimaneutralität aufzuzeigen.
Weiterführende Informationen zum Thema CO2-Speicherung an Land finden Sie im Factsheet.
Eine Kurzfassung dieses Beitrags erschien am 1. Juli 2025 unter dem Titel „CCS-Gesetz: Warum die CO₂-Speicherung an Land erlaubt werden sollte“ bei Table Briefings im Climate Table.
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