China & Russland – eine belastende Freundschaft
Die propagierte Partnerschaft Chinas zu Russland, wird zu einem Problem von Xi, wie weit geht Chinas Solidarität mit Russland?
Die chinesische Führung behauptet, es habe niemals eine Anfrage auf Unterstützung mit Waffentechnik aus dem Kreml gegeben. Am Wochenende berichteten amerikanische Leitmedien unter Berufung auf US-Regierungskreise, dass die russische Führung ihren engen Verbündeten, die Volksrepublik, um entsprechende Hilfe gebeten habe. Zeitgleich äußerte sich der Kommandierende der russischen Nationalgarde öffentlich, dass der Angriff seiner Armee auf die Ukraine nicht in dem Tempo voranginge wie geplant. Ein Hilfegesuch erschien unter diesem Gesichtspunkt als realistisch, denn auf internationalem Parkett hat Russland nur noch China als Partner.
Die beiden Diktatoren Putin und Xi hatten sich Anfang Februar gemeinsam ablichten lassen und ein Kommuniqué verabschiedet, das die Partnerschaft beider Länder als herausragend und strategische Achse gegen die USA und den freien, demokratischen Teil der Welt pries. Außerdem arbeiten die russische und die chinesische Armee seit geraumer Zeit zusammen. Bis zum Jahr 2027 soll eine Modernisierung der „Volksbefreiungsarmee“ unter Beteiligung Russlands abgeschlossen sein. Vor allem im Bereich der Invasion, Landnahme und Besatzung sollten Putins Truppen die chinesischen fortbilden.
Peking braucht diese Kenntnisse, um erfolgreich das benachbarte Taiwan zu annektieren, von dem es behauptet, es sei ein Teil Chinas. Der Überfall Russlands auf die Ukraine, so fürchten internationale Beobachter, könnte Peking als Blaupause für die Invasion der Inseldemokratie 100 Meilen (ca. 161 km) vor der chinesischen Küste dienen. Auf Taiwan werden nahezu alle Halbleiter hergestellt, die weltweit in Smartphones und anderen Devisen verbaut werden. Das Land ist zudem strategisch wichtig für China, das anstrebt, den gesamten Westpazifik unter seine Kontrolle zu bringen und deshalb mit allen Anrainerstaaten in Streit um Grenzen liegt. Den Krieg gegen Taiwan müsste China im Blitzverfahren gewinnen, um nicht, wie nun Russland, zum Paria der Weltgemeinschaft zu werden.
Angesichts der engen militärischen Verzahnung zwischen Russland und China klingt ein Hilfeersuchen des Kreml realistisch. Dass die Volksrepublik es ablehnt und gleichzeitig darauf beharrt, es handele sich um eine „Fake News” der amerikanischen Regierung, passt zu dem Verhalten, das die Volksrepublik seit Ausbruch des Angriffskrieges gegen die Ukraine an den Tag gelegt hat: Peking unterstützt verbal seinen engen Verbündeten Russland, hält aber gleichzeitig genügend Abstand zu dem Kreml-Diktator, um nicht zum Ziel westlicher Sanktionen zu werden.
In diesem Sinne weigert sich Peking, den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg eine Invasion zu nennen. Gleichzeitig enthält sich die Volksrepublik im Weltsicherheitsrat und stimmt nicht mit Russland. Damit drückt das Land eine gewisse Distanz zu dem Krieg aus, den China prinzipiell ablehnt, da es die Ukraine als unabhängigen, souveränen Nationalstaat anerkennt. Peking trägt auch die westlichen Sanktionen gegen Moskau nicht mit, unterstützt aber gleichzeitig auch Russland nicht wirtschaftlich. Pekings Machthaber fürchtet nichts mehr, als wirtschaftliche Einbußen. Schon jetzt wird die Lage der 82 Millionen Chinesinnen und Chinesen, die am Tag weniger als einen US-Dollar zum Überleben haben, prekärer. Durch den Krieg werden Getreide und Sojabohnen teurer. China, das beides aus der Ukraine und Russland importiert, muss den Aufstand seiner Ärmsten fürchten, sollten die Preise weiter steigen.
In diesem Sinne mag China zwar den russischen Angriffskrieg weiterhin nicht verurteilen, ihn aber trotzdem nicht mit seiner Waffentechnik befeuern. Einem Bericht des englischen Guardian zufolge, habe Washington Peking Monate vor der bevorstehenden Invasion Russlands gebrieft und auf die Gefahren hingewiesen, die ein russischer Einmarsch in die Ukraine auch für China berge. Peking habe dieses Szenario allerdings als Bluff Moskaus abgetan. Der Schlagabtausch zwischen den beiden Mächten, den USA und China, kommt Stunden vor einem Meeting beider Seiten in Rom.
Lange Zeit befürchteten Sicherheitsbeobachter, dass China und die USA über Taiwan in eine direkte militärische Auseinandersetzung miteinander verstrickt werden könnten. Die Aussicht auf mögliche chinesische Hilfen, die es Russland effektiv ermöglichen würden, die Wirkungen der Sanktionen der freien Welt abzufedern, positioniert die beiden Länder nun in einem anderen Kontext gegeneinander.
Washington hat die Nomenklatura in Peking mehrfach gewarnt, dass eine Unterstützung des Kremls Konsequenzen haben würde. Angesichts der Geschlossenheit, mit der die Freie Welt die Ukraine unterstützt und Putin in die Enge treibt, wird sich die chinesische Führung genau überlegen, ob sie einen Absturz ihrer Wirtschaft riskiert oder nicht. Im Oktober möchte sich Machthaber Xi zum Herrscher auf Lebenszeit küren lassen. Der Umbau Chinas in eine faschistische Diktatur wäre dann komplett. Dies kann nur ernsthaft durch Unruhen in der Volksrepublik selbst verhindert werden. All das leitet Pekings Kalkül zum gegenwärtigen Zeitpunkt und mag dazu führen, dass Xi aus reinem Eigeninteresse Russland zum Ende der Kampfhandlungen bewegt. Für Xi steht zu viel auf dem Spiel.
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