Das chine­sische Streben nach Einfluss: verdeckt und vor aller Augen

Alexandros Michailidis /​ Shutter­stock

Die Kommu­nis­tische Partei Chinas betrachtet die Studien junger Chinesen an auslän­di­schen Univer­si­täten als patrio­tische Mission. Das Motto: Sei loyal, trans­fe­riere Techno­logie, assimi­liere dich nicht. Die „Ein­heits­front“, ein Dach­ver­band von Kul­tur­or­ga­ni­sa­tio­nen, soll die Stu­den­ten von der euro­päi­schen Außen­welt abschir­men. Noch haben westliche, liberale Gesell­schaften keinen Weg gefunden, wie sie mit der opaken Einfluss­nahme Pekings umgehen sollen.

In den vergan­genen Jahrhun­derten sind Soldaten Preußens, Napoleons, der Nazis und der Alliierten alle die heutige Straße des 17. Juni entlang­mar­schiert, einen Boulevard, der den reich bewal­deten Berliner Tiergarten von Ost nach West durch­schneidet und über dem eine geflü­gelte goldene Statue der römischen Göttin Viktoria schwebt.

Unlängst erklangen im Auditorium der Techni­schen Univer­sität Berlin, die sich entlang dieser Verkehrsader erstreckt, tausend Stimmen zu eine patrio­ti­schen Lied für eine andere aufstei­gende Macht – für China.

„Es ist nicht so, dass wir in Bezug auf China blind wären, aber wir schauen nicht genau hin.“ – Carlo Masala, Univer­sität der Bundeswehr in München 

„Ich lebe zwar in einem fremden Land, aber ich kann mein chine­si­sches Herz nicht ändern“, sangen die Studenten und Wissen­schaftler, meist Dokto­randen oder Promo­vierte im Chor zu Bildern der Großen chine­si­schen Mauer, die auf der Bühne in einer Karaoke-Version von „Mein chine­si­sches Herz“ vorbei­ziehen. Das Lied ist ein Klassiker, von der Kommu­nis­ti­schen Partei gutge­heißen. Man sang: „Meine Ahnen haben vor langem schon ‚China‘ auf alles in mir geprägt!“

Die Gala zum chine­si­schen Neujahrsfest Ende Januar war eine glanz­volle, mitunter markerschüt­ternd schrille Angele­genheit, die von einem halben Dutzend chine­si­scher Studen­ten­ver­ei­ni­gungen an Spitzen­uni­ver­si­täten in Berlin und Brandenburg organi­siert wurde. Im Programm: Tanz, Musik, Kung Fu, Witze über das Wetter in Deutschland (zu grau, zu nass), Lotte­rie­ge­winne (Huawei-Geräte und Flaschen mit Baijiu, einem kräftigen chine­si­schen Schnaps) – und eine Botschaft von Shi Mingde, dem schei­denden Botschafter der Volks­re­publik in Deutschland. 

Portrait von Didi Kirsten Tatlow Sonntag

Didi Kirsten Tatlow ist Journa­listin und berichtet für die New York Times.

„Ich hoffe, Sie werden die glühenden Erwar­tungen von General­se­kretär Xi Jinping und unserem Vaterland nicht enttäu­schen“, erklärte Botschafter Shi. „Wandeln Sie patrio­tische Gefühle zu patrio­ti­schen Taten […] verknüpfen Sie Ihre eigenen Ideale eng mit dem Schicksal des Vater­landes!“ In einem Bericht über den Abend, der von der chine­si­schen Botschaft in Berlin veröf­fent­licht wurde, fährt er fort: „Bringen Sie Wissen­schaft und Techno­logien zurück nach Hause, um Chinas wirtschaft­liche und gesell­schaft­liche Entwicklung voranzutreiben!“

Verbor­genes Netzwerk

Dem ersten Anschein nach war die Veran­staltung wenig bemer­kenswert, lediglich eine Party zur Begrüßung des Jahrs des Schweines. Dennoch hatte Sie eine tiefere Bedeutung: Die 80 chine­si­schen Studen­ten­ver­ei­ni­gungen in Deutschland, die 60 000 Studenten aus der Volks­re­publik reprä­sen­tieren, organi­sieren nicht nur Feiern und Kultur­ver­an­stal­tungen, sie fungieren zudem als Teile eines europa­weiten Puzzles solcher Organi­sa­tionen. Deren Zahl geht wohl in die Tausende, sie sind akribisch von Peking zusam­men­ge­führt und unter­stützen und verbreiten bei Chinesen und Europäern die Ideologie und die Ziele der chine­si­schen Kommu­nis­ti­schen Partei – wie auch deren Narrativ über China. Und sie versuchen sicher­zu­stellen, dass chine­sische Bürger im Ausland sowie andere Personen chine­si­scher Herkunft loyal sind.

Den Hyphen von Pilzen gleich, die sich unsichtbar kilome­terweit unter dem Waldboden erstrecken, bleibt dieses Netzwerk den Europäern und deren Führungen zu großen Teilen verborgen. Diesen fehlen weitgehend die nötigen Sprach­kennt­nisse und sie sind nicht hinrei­chend mit der Politik der Kommu­nis­ti­schen Partei vertraut. Das Netzwerk versucht nicht einfach nur mitzu­ge­stalten, was in Europa über China gesprochen wird, sondern auch Techno­logien und Expertise nach China zu bringen. Diese Anstren­gungen werden zwar von der Partei unter­nommen, für die Umsetzung jedoch ist eine undurch­sichtige und wenig bekannte Behörde in Peking zuständig, die als „Work Department“ der Einheits­front bezeichnet wird.

Dieses Vorgehen Chinas erfolgt inmitten einer weltweit wachsenden Besorgnis der demokra­ti­schen Länder in Bezug auf Pekings politische und wirtschaft­liche Spionage, sei es angeb­licher Diebstahl geistigen Eigentums – ein zentrales Thema im Handels­streit zwischen den USA und China – oder die Überwa­chung und Gängelung von Auslands­chi­nesen. Insbe­sondere in den USA und in Australien haben Offizielle angesichts der Fähigkeit und der Bereit­schaft Pekings, seine Macht auf das Terri­torium dieser Länder zu proji­zieren, Alarm geschlagen. In Europa sind die Reaktionen bislang weniger nachdrücklich gewesen.

„China versucht, einen Zugriff auf die deutsche Politik, Wirtschaft und Sicherheit zu erlangen, und viele Leute merken das nicht“, erklärt Carlo Masala, Sicher­heits­experte und Professor für inter­na­tionale Politik von der Univer­sität der Bundeswehr in München. „Es ist nicht so, dass wir in Bezug auf China blind wären, aber wir schauen nicht genau hin.“

KP stützt sich auf Studentenvereinigungen

Deutschland hat Genera­tionen chine­si­scher Studenten empfangen, sowohl vor wie auch nach der Kommu­nis­ti­schen Revolution 1949 in China. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass vor fast 100 Jahren die Einheits­front zum Teil in Berlin ihren Anfang nahm, als die Stadt das Zentrum der Aktivi­täten von Lenins Kommu­nis­ti­scher Inter­na­tionale war. Die versuchte, die Feinde des Kommu­nismus dadurch zu neutra­li­sieren, dass Kritiker und Unent­schlossene erst infil­triert, dann kooptiert und Zwang ausge­setzt wurden.

Eine Überschlags­zählung der Gruppen in Deutschland, die mit der Einheits­front in China in Verbindung stehen, ergibt 230; die tatsäch­liche Zahl dürfte sicherlich höher liegen. Zu ihnen gehören deutsch–chinesische Gesell­schaften für Freund­schaft, Kultur und Wirtschaft, chine­sische Handels­kammern, beruf­liche Zusam­men­schlüsse für chine­sische Wissen­schaftler und Techno­lo­gie­ex­perten, die in Deutschland arbeiten, sowie eine Gesell­schaft für „öffent­liche Diplo­matie“, die offen mit ihrem Einfluss bei deutschen und europäi­schen Politiker prahlt. Und hier sind die Studen­ten­ver­ei­ni­gungen und 20 Konfuzius-Institute, die sich beide im Einklang mit den Zielen der Einheits­front befinden, noch nicht einmal mit einge­rechnet (Die vielen E‑Mails und Anrufe bei der chine­si­schen Botschaft in Berlin sowie Studenten- und Berufs­ver­ei­ni­gungen in Deutschland, in denen um einen Kommentar hierzu gebeten wurde, blieben unbeantwortet).

Nach den Protesten 1989 auf dem Pekinger Platz des Himmli­schen Friedens, die von Studenten angeführt wurden, hatte die Kommu­nis­tische Partei begonnen, sich auf Studen­ten­ver­ei­ni­gungen zu stützen, insbe­sondere, um die Aktivi­täten der Studenten im Ausland zu überwachen und zu gestalten – und um ihre eigene Botschaft zu verbreiten, wie Alex Joske meint, ein Wissen­schaftler vom Austra­li­schen Institut für strate­gische Politik (ASPI) in Canberra. Für Studenten, die in Chinas patrio­ti­scher Erziehung geschult sind, war Shis Botschaft auf der chine­si­schen Neujahrs­feier klar: Sei loyal („patrio­tische Gefühle“), trans­fe­riere Techno­logie („patrio­tische Taten“), assimi­liere dich nicht („verknüpfe deine eigenen Ideale mit dem Schicksal des Vaterlandes“)!

Die Kontrolle durch die Partei nimmt vielfältige Formen an, und sie ist bewusst mit nützlichen Dienst­leis­tungen verwoben. An der Freien Univer­sität Berlin bietet eine Broschüre der chine­si­schen Studen­ten­ver­ei­nigung auf 100 Seiten praktische Infor­ma­tionen, wie man sich in der deutschen Bürokratie zurecht­findet, wo man gut essen kann, oder wie man einen Mitbe­wohner findet. Auf Seite 101 jedoch springt einem eine politische Botschaft entgegen: „Wenn wir uns versammeln, kannst du auf die Straße gehen und für das Vaterland skandieren. Du kannst Xi Dada und Peng Mama begrüßen“ (Chinas Staatschef Xi Jinping und dessen Gattin Peng Liyuan). Die Univer­sität hat auf Anfragen, die nach einem Kommentar verlangten, nicht reagiert.*

China als syste­mi­scher Wettbewerber

Die Leiterin der Studen­ten­ver­ei­nigung an einer deutschen Univer­sität (sie bat, wie andere Inter­viewte auch, um Anony­mität, um Vergeltung zu vermeiden), erklärte, chine­sische Diplo­maten hätten verlangt, dass sie die Position übernimmt. Sie würden typischer­weise „einige Hundert Euro“ anbieten, mit denen Veran­stal­tungen finan­ziert werden sollten. Wichtig ist hier, dass Studenten diese Zusam­men­künfte zwar als gesell­schaft­liches Ereignis betrachten, dort aber auch Politik eine Rolle spielt. Einer von mehreren Besuchen des chine­si­schen Minis­ter­prä­si­denten Li Keqiang in Berlin war Anlass für eine Feier im Tiergarten zu Lis Ehrens, die von der Botschaft mitor­ga­ni­siert wurde. Dies berichtet ein anderer Student, ein Mitglied einer Berliner Studentenvereinigung.

Ein ehema­liger Leiter einer Studen­ten­ver­ei­nigung beschrieb, wie er vor seiner Abreise nach Deutschland von einem regio­nalen leitenden Funktionär der Kommu­nis­ti­schen Partei explizit gebeten wurde, während seines Studiums für Peking zu spionieren. Der Funktionär verwies dabei auf die nationale Entwicklung und auf den Patrio­tismus, darüber hinaus stellte er eine finan­zielle Vergütung in Aussicht. Der Student weigerte sich zwar zu spionieren, willigte aber ein, die chine­sische Studen­ten­ver­ei­nigung seiner Univer­sität zu leiten. Nach zwei Jahren erhielt er ein Leiter­zer­ti­fikat mit dem Siegel der chine­si­schen Botschaft, das er mir zeigte. Das Dokument wäre nach seiner Rückkehr nach China für seine Karriere hilfreich gewesen. Er ist jedoch nie zurückgekehrt.

Und als Teil der Anstren­gungen, China zu einer Wissen­schafts– und Techno­lo­gie­groß­macht aufzu­bauen – ein Drang, der bereits die Besorgnis ausgelöst hat, Peking versuche, Belege für seine techno­lo­gische „Bonität“ durch den Kauf westlicher Firmen und durch Wirtschafts­spionage zu schaffen – versucht Peking auch, nach Wissen­schaftlern und Infor­ma­tionen zu schürfen. Während es nahezu unmöglich ist die Kosten zu beziffern, die Deutschland durch diverses Vorgehen dieser Art entstehen, schätzte der Digital­verband Bitkom im Jahr 2017, dass die deutsche Wirtschaft allein durch Cyber­spionage und Daten­dieb­stahl jährlich rund 55 Milli­arden verliert. Der Verband erklärte, dass rund ein Fünftel der Angriffe aus China kämen.

Im Januar erklärte der Bundes­verband der Deutschen Industrie (BDI) China nicht nur zu einem Partner, sondern auch zu einem „syste­mi­schen Wettbe­werber“. Einige Monate später verkündete die Europäische Kommission, dass China „ein wirtschaft­licher Wettbe­werber ist, der die techno­lo­gische Führer­schaft anstrebt, und ein syste­mi­scher Rivale.“ In einem Bericht von 2018 schrieb das deutsche Bundesamt für Verfas­sungs­schutz, dass Chinas Nachrich­ten­dienste „intensiv Arbeits­be­reiche und Wissens­po­ten­ziale chine­si­scher Wissen­schaftler in Deutschland [eruieren].“ Der Bericht verweist darauf, dass es für Berlin schwierig sei, diese Spionage zu verfolgen, wenn die Grenzen zwischen staat­lichem und indivi­du­ellem Vorgehen verschwimmen, wie das bei China oft der Fall gewesen sei. „Trotz diverser Hinweise für eine Invol­vierung chine­si­scher staat­licher Stellen“ bei einem aufse­hen­er­re­genden Fall im letzten Jahr, konnte gegen die Betei­ligten „lediglich aufgrund […] des Gesetzes gegen unlau­teren Wettbewerb Anklage“ erhoben werden.

Studenten unter Druck

Ein sorgsam aufge­bautes Netz von Studium und Arbeit hält diesen Prozess am Laufen. Studen­ten­ver­ei­ni­gungen werben für gut bezahlte Jobs zu Hause in staat­lichen Insti­tu­tionen oder Unter­nehmen, einschließlich Vergüns­ti­gungen wie Wohnraum und Hilfe bei der Schul­aus­bildung der Kinder. Einige Angebote beinhalten jährliche Fahrten zurück nach Deutschland, damit Absol­venten persön­liche und profes­sio­nelle Kontakte pflegen können.

Ein Programm, das auf dem WeChat-Account der Berlin and Brandenburg Public Students Federation beworben wird, verbreitet Angebote von chine­si­schen Univer­si­täten, die „heraus­ra­gende Wissen­schaftler“ zu gewinnen versuchen. Dabei würden alle Kosten für die Reise zurück nach China übernommen, um die akade­mische Zusam­men­arbeit zu fördern und dabei zu helfen, Jobs zu finden. Ein anderes Angebot von der Univer­sität für Techno­logie Wuhan sucht chine­sische Studenten mit Expertise in Bereichen wie neue Werkstoffe und Materialien, maritimes Ingenieurs­wesen, Verkehrs­leit­systeme, künst­liche Intel­ligenz und Sicher­heits­studien. In einem Fall kehrte ein Forscher für Unter­was­ser­ro­botik von einer Univer­sität in Nordwest­deutschland nach China zurück, um „eine in die Tiefe gehende, sorgsam und detail­liert ausge­ar­beitete, schritt­weise Erklärung“ der „wissen­schaft­lichen Forschungswege“ der deutschen Univer­sität an eine Abteilung der Chine­si­schen Akademie der Wissen­schaften zu liefern, einem staat­lichen Forschungs­in­stitut. Über derartige Anstren­gungen hinaus gehört Deutschland einer Analyse zufolge zu den wichtigsten Zielorten für Wissen­schaftler, die mit dem chine­si­schen Militär in Verbindung stehen und weiter­stu­dieren wollen.

Die Forschungs­prio­ri­täten umfassen die gesamte Bandbreite, konzen­trieren sich aber auf Natur­wis­sen­schaften und Staats­aufbau, erklärt mir Gerry Groot, der an der Univer­sität Adelaide zur Einheits­front forscht. Er sagt, dass eine Weigerung für Studenten schwierig sei, weil die Auffor­de­rungen emotional und finan­ziell unter­füttert sind und Gefühle natio­naler Loyalität ausnützen. Letzteres ist von beson­derer Bedeutung. William Hannas, James Mulvenon und Anna Puglisi schreiben in ihrem Buch über das chine­sische Techno­lo­gie­transfer-Programm: „Assimi­lierung ist anscheinend keine Option.“ Groot stimmt dem zu: „Wenn chine­sische Studenten sich ihrem Gastland anpassen, um es einmal so auszu­drücken, riskieren sie, von anderen Chinesen dafür verur­teilt zu werden, dass sie weiß sein wollen“.

Nach Angaben von Yishu Mao, einer Sozio­login am Berliner Mercator Institute for Chinese Studies, die 267 chine­sische Studenten an deutschen Hochschulen befragt hat, unter­stützen die meisten das Einpar­tei­en­regime zuhause (auch wenn viele hoffen, dass die bürger­lichen Freiheiten ausge­dehnt werden) und kehren nach ihrem Studium nach China zurück. Für jene, die bleiben, gewähr­leistet ein mit der Einheits­front verbun­denes System, dass sie einen Beitrag für das Vaterland leisten können. Es handelt sich um den Verband der chine­si­schen Berufs­ver­ei­ni­gungen in Europa, ein in Frankfurt am Main angesie­delter Dachverband von 60 Wissen­schafts- und Techno­logie-Organi­sa­tionen auf dem ganzen Kontinent.

Bedeutung der Einheits­front nimmt zu

Die chine­sische Webseite des 2001 gegrün­deten Verbandes formu­liert es gerade­heraus: „Es gibt eine Gruppe gelbhäu­tiger, schwarz­haa­riger Menschen, unter denen einige der besten Studenten und Wissen­schaftler der Welt sind.“ Das Ziel: „Schaffung einer inter­dis­zi­pli­nären, viele Wissen­schaften abdeckenden chine­si­schen Wissens­gruppe und ein Beitrag zu Chinas Reform und Aufbau.“ Der Verband hat Büros in Shanghai und Peking und bietet Preise sowie die Aussicht, beruf­liche Verbin­dungen in China zu knüpfen, an. Er organi­siert auch jährlich eine Veran­staltung für chine­sische Wissen­schaftler aus ganz Europa. In diesem Jahr fand diese im Oktober in Dublin statt, wobei künst­liche Intel­ligenz und innovative Produktion im Mittel­punkt standen. Im letzten Jahr kamen in Helsinki rund 300 chine­sische und finnische Funktionäre, Wissen­schaftler und Wirtschafts­leute zusammen, um über den Aufbau nachhal­tiger Wirtschaften und intel­li­gente Städte zu diskutieren.

Trotz seiner Dimension und Ambitionen ist der Verband rätselhaft. Niemand reagiert auf die Türklingel an der gemel­deten Adresse, einem dreistö­ckigen Haus in einem Frank­furter Vorort. Auf den vergilbten Klingeln stehen die Namen mehrerer Organi­sa­tionen, die mit Zhou Shengzong in Verbindung stehen. Zhou ist der Begründer des Verbandes, war 1988 als Doktorand nach Deutschland gekommen und arbeitet jetzt in einem Forschungs­in­stitut, das zur Chine­si­schen Akademie der Wissen­schaften gehört.

In Helsinki ist die Präsenz der Einheits­front deutlich spürbar: Unter den Organi­sa­toren war die in Stockholm ansässige Nordic Zhigong Association, die auf ihrer Webseite erklärt, sie habe „langwäh­rende Kontakte zur Zhi Gong-Partei“ und unter­nehme „Austausch­maß­nahmen aller Art mit allen Partei­or­ga­ni­sa­tionen und ‑verei­ni­gungen von Zhi Gong im Ausland.“ Die Partei ist eine der acht zugelas­senen nicht­kom­mu­nis­ti­schen Partei­grup­pie­rungen in der Einheits­front und wird von Wan Gang angeführt, einem früheren Minister für Wissen­schaft und Techno­logie und stell­ver­tre­tenden Vorsit­zenden der „Politi­schen Konsul­ta­tiv­kon­ferenz des chine­si­schen Volkes“, einem hochran­gigen Beratungs­gremium, das mit der Einheits­front verbunden ist. Sein Hinter­grund verweist auf die Bedeutung, die Deutschland (Europas größte Volks­wirt­schaft und ein indus­tri­eller und techno­lo­gi­scher Kraft­zentrum) für China hat: Wan, ein KfZ-Ingenieur, hat hier 17 Jahre studiert und gearbeitet.

Eines lässt sich sicher sagen: Mit den zuneh­menden Spannungen zwischen China und den USA nimmt die Bedeutung der Einheits­front zu. Xi habe die Organi­sation angewiesen, angesichts der „zunehmend heftigen Heraus­for­de­rungen durch den Westen, der China zurück­drängen will“, „stärker und besser“ zu werden, erklärte Pan Yue, ein hochran­giger kommu­nis­ti­scher Partei­funk­tionär im Juli dieses Jahres in einer Rede.

„Die Partei schirmt mit Hilfe der Einheits­front die Chinesen in Europa von der Außenwelt ab“, sagt Peter Mattis, ein ehema­liger Analy­tiker der CIA, der sich jetzt bei der Jamestown Foundation weiter auf China spezia­li­siert. „Diese politische Logik sind wir in einem demokra­ti­schen System nicht gewohnt.“

This article was origi­nally published on the website TheAtlantic.com and is republished here with The Atlantic’s permission.

* Erst nach Veröf­fent­li­chung des Beitrags in „The Atlantic“ antwortete das Presse­re­ferat der Freien Univer­sität der Autorin auf Ihre Anfrage: „Es geht in dem Appell, für das chine­sische Vaterland auf die Straße zu gehen und den Staats­prä­si­denten Xi und seine Frau Peng zu grüßen, um einen Impuls von Vater­lands­liebe; eine solche Loyalität und ein so zum Ausdruck gebrachter Patrio­tismus sind in China sehr weit verbreitet. Xi Jinping ist hier – gemeinsam mit seiner Ehefrau Peng – eindeutig als Präsident des Vater­landes und somit als offizi­eller Reprä­sentant Chinas angesprochen – er ist nicht als General­se­kretär der Partei adres­siert. Es kommt auch während offizi­eller Staats­be­suche sehr oft vor, dass Gruppen chine­si­scher Studie­render sich auf der Straße versammeln, um den Präsi­denten zu begrüßen. Zu sehen sind dann Banner und Plakate mit chine­si­schen Aufschriften wie (sinngemäß) „Vielen Dank für Ihre Arbeit, Herr Präsident“ oder „Die chine­si­schen Studenten grüßen Sie, Herr Präsident‘ Der Chine­sische Studen­ten­verein an der Freien Univer­sität Berlin wird seit Oktober 2012 von der Ernst-Reuter-Gesell­schaft der Freunde, Förderer und Ehema­ligen der Freien Univer­sität Berlin e. V. bei der Organi­sation und Durch­führung von Veran­stal­tungen unterstützt.“

 

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