Panda boxt Känguru

Foto: Shutterstock, Just Life
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Australien und China liegen im Streit – weil Peking wüste Anschul­di­gungen verbreitet und Journa­listen ausweist. Experten warnen, dass die Volks­re­publik in Down Under ihre Grenzen austestet. Gib es keinen Wider­stand, droht Europa bald Ähnliches.

Ende November veröf­fent­lichte Zhao Lijian, ein Sprecher des chine­si­schen Außen­mi­nis­te­riums, auf Twitter eine Fotomontage. Die Montage zeigt einen grinsenden austra­li­schen Soldaten, der einem afgha­ni­schen Kind ein blutüber­strömtes Messer an die Kehle drückt. Hinter­grund ist, dass die austra­lische Armee im November Kriegs­ver­brechen in Afgha­nistan einräumte. Doch die Tatsache, dass es die austra­lische Regierung war, die die Unter­su­chung einge­leitet hatte, schien Zhao nicht zu inter­es­sieren. Er versah die Montage mit der zynischen Zeile: „Hab keine Angst. Wir kommen, um dir Frieden zu bringen.“ Dass es sich um eine Montage handelte, ließ er unerwähnt. Der Tweet ist immer noch angeheftet.
Nur wenige Stunden später meldete sich Scott Morrison, der austra­lische Premier, live im austra­li­schen Fernsehen zu Wort. In einer wütenden Rede bezeichnete er die Fotomontage als „wirklich abstoßend“, „zutiefst belei­digend“ und „äußerst empörend“. Er forderte China auf, den Tweet zu löschen und sich dafür zu entschuldigen.Doch in Peking dachte man gar nicht daran. Das Außen­mi­nis­terium vertei­digte die Montage als Karikatur. Auf Zhao Lijians Twitter-Account ist sie angeheftet – das heißt, sie steht dort über allen anderen Tweets. Bis zum Redak­ti­ons­schluss kam sie auf mehr als 72.000 Likes.Die Fotomontage ist nur der jüngste in einer schier endlosen Reihe von Konflikten, die Canberra und Peking entzweien. Seit Anfang des Jahres eskaliert das Verhältnis auf atembe­rau­bende Weise. „Nun, sie ist im Eimer“, sagte Kevin Rudd, ehema­liger austra­li­scher Premier und erfah­rener China-Kenner, in einem Interview mit dem austra­li­schen Sender ABC jüngst über die austra­lisch-chine­sische Beziehung. Dann fügte er hinzu: „Und wenn der Eimer ein Unter­ge­schoss hätte, dann wäre sie dort.“Die Eskalation begann im April. Im Zuge der Pandemie, die in China ihren Ausgang genommen hatte, forderte Canberra eine unabhängige Unter­su­chung. In der Volks­re­publik, die den Seuchen­aus­bruch im Dezember noch versucht hatte zu vertu­schen, stieß das auf Empörung. „Australien ist immer da und macht Ärger“, schrieb Hu Xijin, Chefre­dakteur des Propa­gan­da­blatts „Global Times“, auf Weibo, einer chine­si­schen Plattform: „Es ist ein bisschen wie Kaugummi, der an der Sohle von Chinas Schuhen klebt. Manchmal muss man einen Stein finden, um ihn abzureiben.“ Die Gewalt, die in diesem Beitrag anklang, sollte bald Realität werden.Im Sommer begann die Volks­re­publik, austra­lische Importe mit Straf­zöllen zu belegen. Sie führte etwa Zölle auf Rindfleisch und Kohle ein, zuletzt auch auf Wein. Dass der Druck von Erfolg gekrönt ist, darf bezweifelt werden. Die inter­na­tionale Parla­men­ta­ri­er­gruppe IPAC rief etwa dazu auf, zu Weihnachten austra­li­schen Wein zu trinken – aus Solida­rität mit Canberra.Peking aber blieb auf Konfron­ta­ti­onskurs. Im September verließen die letzten beiden in China verblie­benen Korre­spon­denten, Bill Birtles und Mike Smith, flucht­artig das Land – nachdem sie zuvor von chine­si­schen Sicher­heits­kräften festge­setzt worden waren. Nach Angaben des chine­si­schen Außen­mi­nis­te­riums wurden die Journa­listen aus Gründen der „natio­nalen Sicherheit“ befragt. Nach ihrer Rückkehr nach Australien gaben Birtles und Smith zu Protokoll, dass ihnen austra­lische Diplo­maten geraten hätten, China aus Sicher­heits­gründen zu verlassen. Zum ersten Mal seit der Kultur­re­vo­lution gibt es damit in China keine austra­li­schen Journa­listen mehr.Im November dann trieb Peking die Eskalation auf den bishe­rigen Höhepunkt. In einer konzer­tierten Aktion übergab die chine­sische Botschaft in Canberra mehreren austra­li­schen Medien ein Dokument. Dieses listet 14 Streit­punkte auf. Und es macht deutlich, wo Peking den allei­nigen Grund für den Konflikt sieht: nämlich in Canberra. Es bezichtigt Australien, die Bezie­hungen zu „vergiften“. Auch nimmt es die austra­lische Regierung für Akteure in Sippenhaft, die mit der Regierung gar nichts nichts zu tun haben, etwa Thinktanks und Medien­häuser. „Die Liste ist ein Offen­ba­rungseid“, urteilte der China-Experte Rush Doshi auf Twitter: „Sie zeigt, dass China Länder für ihre freien Zivil­ge­sell­schaften verant­wortlich macht und dient als Vorlage für den Aufbau einer illibe­ralen Ordnung.“Das Erstaun­liche: Aus Deutschland kam in all diesen Monaten der Eskalation kein Mucks. Berlin und Canberra unter­halten eine „strate­gische Partner­schaft“. Auch ist Australien Mitglied der „Allianz der Multi­la­te­ra­listen“ – einer Initiative, die Deutschland und Frank­reich 2019 in Reaktion aufs Donald Trumps Abneigung gegen inter­na­tionale Zusam­men­arbeit ins Leben riefen. Aber während Deutsch­lands „strate­gi­scher Partner“ in Down Under über Monate schika­niert wurde, schaute Berlin stumm zu.

Pekings Druck auf Canberra ist aber keine isolierte Angele­genheit, findet Michael Shoebridge. Der Australier forscht an dem Thinktank Australian Strategic Policy Institute (ASPI) in Canberra. Vielmehr sei Pekings „nackte Aggression“ eine „gemeinsame Heraus­for­derung“ für Demokratien weltweit.

„Peking will nicht, dass andere Regie­rungen ähnliche Entschei­dungen wie Australien treffen“, sagt Shoebridge. Für das aggressive Auftreten chine­si­scher Diplo­maten gegenüber Australien gebe es aber auch einen innen­po­li­ti­schen Grund: Präsident Xi Jinping will, dass chine­sische Diplo­maten mit anderen Nationen „kämpfen“, um Chinas Aufstieg voran­zu­treiben. Wer kämpfe, so der Australier, erhöhe seine Aufstiegs­chancen als Karrie­re­di­plomat. Die Aggression ist also auch ein Schau­spiel, dass für die chine­sische Führung aufge­führt wird.

Ähnlich sieht das Thorsten Benner. Er leitet den Berliner Thinktank GPPi. „Peking möchte an Australien ein Exempel statu­ieren“, sagt Benner. Aber den eigent­lichen Empfänger von Pekings Aggression sieht der Experte nicht in Canberra. „Adressat sind die anderen Regie­rungen in der Region und auch in Europa oder anderswo, denen gezeigt werden soll, dass man sich besser mit Pekings Macht gut stellt und fügsam ist.“

Der Rest der Welt sollte keinen Kotau vor Peking machen, findet Benner, sondern eine Lehre aus dem austra­li­schen Exempel ziehen: „dass es eines kollek­tiven Vertei­di­gungs­me­cha­nismus von offenen Gesell­schaften gegen ökono­mi­schen und politi­schen Zwang aus Peking bedarf.“ Soll heißen: Offene Gesell­schaften aller Länder, vereinigt euch!

Aber die Bundes­re­gierung ist, was so eine Verei­nigung angeht, nicht gerade ein Vorreiter. Deutschland fährt einen weichen Kurs gegenüber China. Den chine­si­schen Netzwerk­aus­rüster Huawei hat Berlin bis heute nicht vom Ausbau der deutschen 5G-Infra­struktur ausge­schlossen – obwohl der Bundes­nach­rich­ten­dienst gravie­rende Sicher­heits­be­denken angemeldet hat. Dieses Zugeständnis sei ein Fehler, findet Benner. Es illus­triere, dass Angela Merkels China­po­litik zwischen übertrie­benen Hoffnungen auf ein europäisch-chine­si­sches Inves­ti­ti­ons­ab­kommen und Angst vor Repres­salien gegen deutsche Unter­nehmen schwanke. „Aber die Kombi­nation aus Illusionen und Angst ist ein denkbar schlechter Ratgeber für eine gute deutsche China­po­litik“, sagt Benner.

Aber auch eine andere Lehre will der Experte aus dem austra­li­schen Beispiel ziehen. Bei aller berech­tigten Kritik an Peking sei es wichtig, zwischen der Partei und den Bürgern zu unter­scheiden. Benner beobachtet in Australien „ein aufge­heiztes Klima des General­ver­dachts gegenüber chine­sisch­stäm­migen Austra­liern“. Das, so der Experte, gelte es zu vermeiden.

Foto: Shutterstock, Just Life
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