Putin und Xi – Brüder im Geiste?

Foto: Shutter­stock

Putin droht unver­hohlen mit Atomwaffen, der Weltfrieden ist in Gefahr. Eine wichtige Frage ist, wie sich China in dieser Situation verhält. Ein Kommentar von Dr. Alexander Görlach.

Der zweite Kriegstag in der Ukraine ist in vollem Gange. Wladimir Putin ist nun zur größten Bedrohung für den Weltfrieden und den Fortbe­stand der Menschheit geworden. Das mag hoch gegriffen klingen, aber die Inter­views und Analysen, in denen das Wort „Atomwaffen“ genannt werden, nehmen stündlich zu. Herr Putin selbst hat bei einem Forum im Oktober 2018 bereits coram publico gesagt, dass er jeden mit Atomwaffen überziehen werde, der Russland in die Quere kommt. „Sie werden alle verrecken“, so hat sich der Diktatur im Kreml ausgedrückt.

Heute hat er diese Drohung wiederholt: Wer militä­risch für die Ukraine Partei ergreift, dem wird es Russland bitter vergelten. Der weißrus­sische Diktator von des Kremls Gnaden, Alexander Lukaschenko, hat bereits willfährig sekun­diert, dass sein Land bereit ist, russische Atomwaffen zu statio­nieren, sollte die NATO zur Gefahr für Belarus werden. Damit schließt er sich der Mär von Diktator Putin an, wonach der Westen die Stabi­lität Russlands unter­grabe. Herr Putin hat ferner behauptet, es fände ein Genozid im Osten der Ukraine statt, weswegen Russland zur Inter­vention gezwungen sei. Auch das ist eine Lüge.

Es wird nun darauf ankommen, wie sich die anderen wichtigen Akteure im autoritär-dikta­to­ri­schen Spektrum positio­nieren. Das wird entscheiden, wie weit Russland gehen wird. Der türkische Präsident Erdogan hat bereits an die Adresse Moskaus gerichtet vermeldet, dass die Türkei die von Separa­tisten besetzten Gebiete der Ukraine nicht als unabhängige Staaten anerkennen wird. Die Türkei ist Mitglied der NATO, ihre gemeinsame Positio­nierung mit den anderen Mitgliedern ist unerlässlich. Herr Erdogan hat dafür geworben, dass die beiden Ländern auf diplo­ma­ti­schem Wege eine Lösung suchen und angeboten, zu vermitteln. Dieses Angebot hat Moskau ausge­schlagen, mit dem Beginn des russi­schen Angriffs­krieges auf die Ukraine ist es nun ohnehin obsolet. 

Die Volks­re­publik China und Russland haben sich in den vergan­genen Jahren und verstärkt in den letzten Monaten mehr und mehr zusammen getan. Herrn Putin und Herrn Xi eint der Hass auf Freiheit, Menschen­rechte und Demokratie, die in beiden Ländern nicht gewährt und mit Füßen getreten werden. Alleine in der Region Xinjiang im Nordwesten Chinas sitzen rund eine Million Menschen aufgrund ihrer Religion und Kultur in Konzen­tra­ti­ons­lagern ein. Der Genozid an den Uiguren ist die unerhörte Produktion einer Rassen­ideo­logie Diktator Xis, der die Han-Chinesen als dominante Ethnie versteht, der alle anderen, die in China leben, unter­ge­ordnet seien.

Dennoch ist der russische Angriffs­krieg für die Volks­re­publik ein Problem. Außen­mi­nister Yi Wang und sein Gefolge versuchen daher bereits eine diplo­ma­tische Quadratur des Kreises. China kann einer Abspaltung von Landes­teilen der Ukraine nicht zustimmen, weil dies als Pretext zu einer „Abspaltung“ Taiwans verstanden werden kann. Taiwan ist eine unabhängige Demokratie, auf der gleich­na­migen Insel, rund 100 Kilometer vor der chine­si­schen Küste gelegen. China behauptet, das Terri­torium Taiwans gehöre zur Volks­re­publik. Gleichwohl hatte die von Mao Zedong 1949 gegründete Volks­re­publik niemals die Kontrolle über die Insel. Herr Xi hat die „Wieder­ver­ei­nigung“ mit der „abtrün­nigen Provinz“ Taiwan zu seinem Lebensziel gemacht und zur Aufgabe für alle Chinesen erklärt. Deshalb kann Peking einer Abspaltung von Provinzen der Ukraine nicht zustimmen. 

Peking mag die aktuelle Entwicklung daher zupass­kommen kommen. Sollte die gesamte Ukraine geschluckt und Russland einver­leibt werden, könnte die Volks­re­publik eine andere Metrik der Bewertung vornehmen. Analog zur eigenen Taiwan-Rhetorik und gemäß der Weltsicht von Herrn Putin würde die Ukraine dann insgesamt als abtrünnig verstanden und mit dem russi­schen Mutterland wieder vereinigt. 

Generell steht zu erwarten, dass Peking die gegen­wärtige Fokus­sierung des Westens auf Russland ausnutzen wird, vielleicht sogar, um die bereits in Planung befind­liche Invasion der Insel­re­publik Taiwan in die Tat umzusetzen. Während die USA in ihrem NATO-Engagement in Osteuropa beansprucht sind, so eine mögliche Logik der Kommu­nisten, wäre es für Washington schwierig, sich bei der Vertei­digung Taiwans zu engagieren. In der jetzigen Situation profi­tieren Moskau und Peking vonein­ander. Gemeinsam stellen sie die freie Welt vor die größte Heraus­for­derung seit dem Zerfall der Sowjetunion.

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