Der Bericht der Exper­ten­kom­mis­sion „Sicher­heit im Wandel“

55 Hand­lungs­emp­feh­lungen zur Stärkung des gesell­schaft­li­chen Zusam­men­halts in Zeiten stür­mi­scher Veränderungen.

Die Exper­ten­kom­mis­sion „Sicher­heit im Wandel“ präsen­tierte am 22. März in Stuttgart die Ergeb­nisse ihrer Arbeit und über­reichte ihren Bericht an Minis­ter­prä­si­denten Winfried Kret­sch­mann. Darin sind 55 konkrete Hand­lungs­emp­feh­lungen aus den Bereichen Bildung und Weiter­bil­dung, soziale Sicherung, innere Sicher­heit und öffent­liche Insti­tu­tionen enthalten, die sich an die Landes­re­gie­rung Baden-Würt­tem­berg, Kommunen und an den Bund richten.

Die Kommis­sion, der 14 Mitglieder aus Wissen­schaft, Wirt­schaft, Gewerk­schaften und Kommu­nal­po­litik angehören, wurde im Januar 2018 vom Zentrum Liberale Moderne mit Förderung der Baden-Würt­tem­berg Stiftung ins Leben gerufen. Sie ging der Frage nach, welche Antworten die liberale Demo­kratie auf die gesell­schaft­li­chen Verun­si­che­rungen durch Globa­li­sie­rung, Digi­ta­li­sie­rung, Migration, demo­gra­phi­schen Wandel und Klima­wandel finden kann.

„Wir müssen die Umbrüche in unserer Gesell­schaft als Gestal­tungs­auf­gabe betrachten und sie mit Realismus und Zuver­sicht anpacken. Das ist eine große Aufgabe, aber wir haben in Baden-Würt­tem­berg mit einer leben­digen Bürger­ge­sell­schaft, einem wohl­ge­ord­neten Gemein­wesen und erfah­renen und inno­va­tiven Unter­nehmen die besten Voraus­set­zungen hierfür“, sagte Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kret­sch­mann. „Daher nehmen wir den Bericht dankbar und inter­es­siert entgegen. Denn kreative Impulse von außen sind unver­zichtbar und manches wird seinen prak­ti­schen Nieder­schlag finden. Wir können damit auf unseren bishe­rigen Akti­vi­täten, insbe­son­dere auf unserem Impuls­pro­gramm zur Stärkung des gesell­schaft­li­chen Zusam­men­halts aufbauen.“

„Ein grund­stän­diges Maß an Sicher­heit ist Bedingung für die freie Entfal­tung eines Jeden. Die ‚Freiheit von Furcht‘ ist die Mutter aller Freiheit. Ausgangs­punkt unserer Kommis­sion war deshalb die Frage, welche Rück­ver­si­che­rungen unsere Gesell­schaft braucht, um tech­ni­schen, sozialen und kultu­rellen Verän­de­rungen selbst­be­wusst statt ängstlich zu begegnen“, sagte Ralf Fücks, Vorsit­zender der Exper­ten­kom­mis­sion, bei der heutigen Vorstel­lung des Berichts.

Zu den zentralen Empfeh­lungen zählen in den Bereichen…

Bildung: Eine empirisch fundierte, lang­fristig angelegte Bildungs­pla­nung, mehr Gewicht auf früh­kind­liche Bildung, die Fest­le­gung von Mindest­zielen für den Bildungs­er­folg von Schü­le­rinnen und Schülern, ein verbes­sertes Moni­to­ring und eine an sozialen Indi­ka­toren ausge­rich­tete Mittel­ver­gabe an Kinder­gärten und Schulen. Das Recht auf „Bildung für alle“ sollte entweder ein Studium oder einen quali­fi­zierten Berufs­ab­schluss einschließen.

Weiter­bil­dung: Das Recht auf Bildung muss zu einem Recht auf Weiter­bil­dung erweitert und finan­ziell unter­füt­tert werden. In diesem Kontext empfiehlt die Kommis­sion, das Konzept eines „Bildungs­grund­ein­kom­mens“ zu konkre­ti­sieren und auf seine Reali­sier­bar­keit zu prüfen. Berufs­schulen sollten zu Weiter­bil­dungs­zen­tren ausgebaut, die Übergänge zwischen Berufs­aus­bil­dung und Studium erleich­tert werden. Die Bundes­agentur für Arbeit sollte zu einer Agentur für Arbeit und Weiter­bil­dung ausgebaut werden, die sich stärker der präven­tiven Quali­fi­zie­rung von Beschäf­tigten und der Flan­kie­rung von Trans­for­ma­ti­ons­pro­zessen widmet.

Soziale Sicherung: Es braucht neue Instru­mente sozialer Teilhabe, die Gerech­tig­keits­lü­cken und Defizite des Sozi­al­sys­tems kompen­sieren. Dazu gehört eine neue Initia­tive zur Betei­li­gung breiter Schichten am Kapi­tal­ver­mögen, um die Digi­ta­li­sie­rungs­di­vi­dende breiter zu streuen und die Betei­li­gung aller am gesell­schaft­li­chen Reichtum zu gewähr­leisten („Eigentum für alle“). Sie wäre eine Ergänzung zur gewerk­schaft­li­chen Lohn­po­litik, mit der eine faire Betei­li­gung der Beschäf­tigten am Volks­ein­kommen erreicht werden soll. Eine Stärkung der Tarif­bin­dung ist ein maßgeb­li­cher Beitrag zur „Sicher­heit im Wandel.“

innere Sicher­heit: Eine erhöhte Präsenz von Ordnungs­kräften an sozialen Brenn­punkten kann das Sicher­heits­ge­fühl der Bürge­rinnen und Bürger ebenso verbes­sern wie städ­te­bau­liche Maßnahmen und eine Wohnungs­po­litik, die der sozialen Segre­ga­tion entge­gen­wirkt. Gewalt darf nicht toleriert werden. Das gilt auch für die Anwendung von Gewalt als Mittel der poli­ti­schen Ausein­an­der­set­zung. Sie ist Gift für die Demo­kratie. Wenn sie sich ausbreitet, zerstört sie die zivile poli­ti­sche Kultur. Die poli­ti­sche Bildung sollte ausgebaut und stärker auf Extre­mis­mus­prä­ven­tion ausge­richtet werden. Darauf müssen Lehr­kräfte besser vorbe­reitet werden. In kriti­schen Situa­tionen müssen Experten-Teams bereit­stehen, die Schulen, Jugend­zen­tren und Straf­an­stalten vor Ort unterstützen.

öffent­liche Insti­tu­tionen und aktive Bürger­ge­sell­schaft:Der zentrale Ort für Vertrauen und bürger­schaft­li­ches Enga­ge­ment ist die Kommune. Hier ist die Inter­ak­tion zwischen Staat und Bürgern am engsten, und hier können Bürge­rinnen und Bürger am stärksten Einfluss nehmen. Die kommunale Selbst­ver­wal­tung sollte gestärkt und finan­ziell besser unter­füt­tert werden. Sie eröffnet größere Hand­lungs­spiel­räume vor Ort und ist damit ein wichtiger Beitrag zur Festigung der Demo­kratie. In diesem Zusam­men­hang sollte auch das Modell „Bürger­ar­beit“ geprüft werden. Es würde Berufs­tä­tigen ermög­li­chen, sich für einen befris­teten Zeitraum beur­lauben zu lassen, um sich in gemein­nüt­zigen Projekten zu engagieren.


Sicher­heit im Wandel_​Der Bericht

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