Fachge­spräch: Wohin mit dem CO₂? Onshore-Speicherung im Blick

Was würde die CO2-Speicherung an Land für Deutschland bedeuten? Für welche Branchen ist sie eine Option? Und welche ökolo­gi­schen und gesell­schaft­lichen Heraus­for­de­rungen bestehen? Diese und weitere Fragen disku­tierten wir am 1. Juli bei einem hybriden Fachge­spräch in Berlin mit Vertreter/​innen aus der Wissen­schaft, Zivil­ge­sell­schaft, Wirtschaft und Politiker/​innen aus mehreren Bundesländern.

Die Speicherung von CO2 ist aktuell in Deutschland verboten. Es kommt aber Bewegung in die Debatte: Nicht zuletzt dank einer Reise Robert Habecks nach Norwegen im Jahr 2023 – das Land ist ein Vorreiter in Sachen CO2-Speicherung. Seither ist eine Reihe von Regulie­rungen und Strategien bezüglich der Abscheidung und Speicherung (Carbon Capture and Storage, kurz CCS) geplant, bislang aber sind diese Pläne noch nicht umgesetzt. Der deutsche Weg wird voraus­sichtlich darin liegen, die Speicherung von CO2 unter Teilen der Nordsee zu erlauben und es den Bundes­ländern zu überlassen, zu entscheiden, ob eine Speicherung am Land ermög­licht wird.

Wurde die CO2-Speicherung unter der Nordsee bereits relativ breit disku­tiert und die Möglich­keiten dafür erforscht, gibt es aktuell kaum eine Ausein­an­der­setzung mit der Frage, ob die Speicherung von CO2 auch an Land erfolgen soll. Große Teile der Wirtschaft – allen voran die Zement- und Kalkin­dustrie – befür­worten eine Öffnung Deutsch­lands für CCS an Land sowie unter der Nordsee. Umwelt­ver­bände melden Zweifel und Sorgen an.

Es fehlt an politi­schem Willen und Wissen

Die Basis der Diskussion lieferten Beiträge von Alexandra Decker (CEMEX Deutschland AG), und Steffi Ober (NABU-Bundes­verband), sowie Stefan Knopf (Bundes­an­stalt für Geowis­sen­schaften und Rohstoffe). Im Laufe der Diskussion kommen­tierten und argumen­tierten Mitglieder von Landtagen aus Bayern, Schleswig-Holstein, und Nordrein-Westfalen. Die Perspektive auf Länder­ebene ist von großer Bedeutung, weil dort die Entscheidung für oder gegen die Onshore-Speicherung getroffen werden muss. Bisher besteht jedoch bei den aller­meisten Ländern große Zurückhaltung.

Es wurde deutlich, dass insgesamt zu wenig Wissen über die tatsäch­liche Speich­er­eignung vorhanden ist. Grobe Poten­ti­al­schät­zungen reichen nicht aus. Um belastbare Aussagen über die Eignung und das Speicher­vo­lumen zu treffen, müssen die jewei­ligen Speicher – ausge­för­derte Öl- und Gasfelder oder salzwas­ser­füh­rende Aquifere – kartiert und explo­riert werden. Diese Grund­la­gen­arbeit muss möglichst schnell erfolgen, soll die Diskussion konkret und zielführend sein. Ein Vorgehen, das beispiels­weise in Dänemark erfolg­reich war.

Erst wenn ein spezi­fi­sches und konkretes Grund­la­gen­wissen vorhanden ist, scheint es sinnvoll, über mögliche Risiken wie Leackagen, Grund­was­ser­ver­un­rei­ni­gungen oder das langfristige Monitoring zu sprechen. Allge­mein­gültige Aussagen können hierzu kaum getroffen werden.

Gesell­schaft­liche Akzeptanz ist Voraussetzung

Einigkeit herrschte darüber, dass ein rein techno­kra­ti­scher Ansatz nicht ausreichen wird. Vielmehr müsse politische Führung mit Trans­parenz, frühzei­tiger Bürger­be­tei­ligung und Dialog einher­gehen. Nur so kann Vertrauen aufgebaut und gesell­schaft­liche Akzeptanz für CCS an Land geschaffen werden.

Das Beispiel Dänemark zeigt, wie Betei­li­gungs­pro­zesse gestaltet werden können. Dort ist Bürger­be­tei­ligung bei Speicher­vor­haben vorge­schrieben und trägt dazu bei, Bedenken auszu­räumen. Neben einer ernst­haften Beschäf­tigung mit ökolo­gi­schen Heraus­for­de­rungen, ist ein weiterer Aspekt der Akzep­tanz­för­derung die Aussicht, Indus­trie­ar­beits­plätze in bestimmten Regionen zu sichern, sowie eine zusätz­liche Einnah­me­quelle für Kommunen – ähnlich den Abgaben bei Windkraftanlagen.

Um Wissen über die Speicher­fä­higkeit von Unter­grund­for­ma­tionen zu erlangen, ist es zudem denkbar, zunächst mit kleineren Volumina zu beginnen, um die Reaktion des Speichers zu testen.

Welche Infra­struktur braucht es?

Um CO2 zu speichern, wird viel neue Infra­struktur benötigt. Neben Abschei­de­an­lagen sind das vor allem Trans­portwege und die Speicher selbst. CEMEX plant etwa aktuell, abgeschie­denes CO2 per Zug an die Nordsee zu trans­por­tieren. Ob es dafür eine umfang­reiche CO2-Pipeline-Infra­struktur geben wird, ist nicht ausge­macht. Es besteht Konkurrenz um staat­liche Förde­rungen mit dem Wasserstoff‑, Strom- oder Wärmenetz. Konkurrenz besteht zudem um Fachper­sonal, behörd­liche Kapazi­täten sowie geother­mische Anlagen. Hier eine volks­wirt­schaftlich sinnvolle Entscheidung zu treffen, die auch betriebs­wirt­schaftlich tragfähig ist, wird eine große Heraus­for­derung in den kommenden Jahren sein.

Wir sind uns sicher, dass CCS für den Klima­schutz sowie für die Zukunft des Wirtschafts­standorts Deutsch­lands einen wichtigen Beitrag leisten kann. Einen regula­to­ri­schen Rahmen zu finden, der es Unter­nehmen ermög­licht, die Klima­ziele zu erreichen, ohne Fehlan­reize zu setzen, stellt eine weitere große Heraus­for­derung dar.

Weitere Infor­ma­tionen zur Onshore-CO2-Speicherung finden Sie in dem LibMod Factsheet.

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