Warum es falsch ist, die Produktion von deutschen Batte­rie­zellen zu fördern

© Olaf Kosinsky [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], from Wikimedia Commons

Elektro­mo­bi­lität gilt als Techno­logie der Zukunft – und hängt ganz entscheidend von Batte­rie­zellen ab. Wirtschafts­mi­nister Peter Altmaier will nun die Produktion von deutschen Batterien mit viel Geld fördern. Besser wäre es, Anreize zu setzen, die nicht vom Glauben getrieben sind, die Zukunft zu kennen.

Im vergan­genen November stellte Wirtschafts­mi­nister Peter Altmaier eine Förderung für die Produktion von Batte­rie­zellen in Deutschland in Aussicht. Dabei geht es um einen Betrag von einer Milliarde Euro, der bis Ende 2021 bereit­ge­stellt werden soll. Es sollen mehrere Standorte gefördert werden und es wird erwartet, dass sich verschiedene Konsortien von Unter­nehmen um die Mittel bewerben. Zu diesen Konsortien können Autoher­steller gehören, in der Presse war aber auch von Interesse etwa der BASF oder von Varta die Rede. In einer im Dezember 2018 veröf­fent­lichten gemein­samen Erklärung Peter Altmaiers mit dem Wirtschafts­mi­nister Frank­reichs wird außerdem festge­halten, dass beide Regie­rungen gemeinsam die Bildung von Konsortien anstoßen und begleiten wollen. 

Portrait von Jan Schnellenbach

Prof. Dr. Jan Schnel­lenbach lehrt Volks­wirt­schafts­lehre an der Branden­bur­gi­schen Techni­schen Univer­sität in Cottbus.

Mit diesem Vorhaben kommt es zu einer Renais­sance der diskre­tio­nären, strate­gi­schen Indus­trie­po­litik, die in der ordnungs­po­li­ti­schen Tradition der Bundes­re­publik eigentlich meist eine eher unter­ge­ordnete Rolle spielte. Beim ordnungs­po­li­ti­schen Ansatz ging es vor allem darum, den Wettbewerb zwischen Unter­nehmen zu sichern, da man aus guten Gründen davon ausging, dass eine hohe Wettbe­werbs­in­ten­sität Anreize setzt, um sowohl in Innova­tionen zu inves­tieren als auch das Angebot an den Präfe­renzen der Konsu­menten auszu­richten. Wirtschafts­po­litik setzt dann idealer­weise allge­meine Rahmen­be­din­gungen, inter­ve­niert aber nicht in den Markt­prozess selbst.

Bezüglich der Innova­ti­ons­freude der Autoin­dustrie kamen der Politik aber nun offenbar Zweifel. Sie schaut über den Atlantik und sieht mit Tesla ein Unter­nehmen, das eine Art Leuchtturm für Elektro­mo­bi­lität zu sein scheint. Dass Tesla vor allem sehr viel Geld verbrennt und bisher nur ganz selten einmal ein Quartal mit einem kleinen Gewinn abschloss, wird dabei wenig beachtet – die Politik sieht vor allem die durchaus schönen und schnellen Autos. Und sie sieht, dass im Angebot der deutschen Hersteller Elektro­fahr­zeuge bisher nur eine geringe Rolle zu spielen scheinen. Natürlich gibt es deutsche Elektro­autos, und darunter sind auch Modelle, die sicher nicht weniger spekta­kulär sind als Teslas Sport­wagen. Aber der Anteil an den verkauften Fahrzeugen ist immer noch extrem gering.

Dass die Zukunft der E‑Mobilität gehört, ist alles andere als klar

Was manchen Beobachtern als Innova­ti­ons­de­fizit erscheint, könnte von anderen als durchaus vernünftige, abwar­tende Haltung inter­pre­tiert werden. Ob die Zukunft tatsächlich der Elektro­mo­bi­lität gehören wird, ist nämlich alles andere als klar. So entwi­ckeln beispiels­weise Toyota und Mercedes weiterhin die Brenn­stoff­zelle und bieten diese bereits in Serien­mo­dellen auch in Deutschland an. Fahrzeuge mit einem solchen Wasser­stoff­an­trieb sind genauso emissi­onsfrei wie es Elektro­mobile sind, aus einer klima­po­li­ti­schen Perspektive also ebenso eine denkbare Lösung. Nicht zuletzt gibt es auch Ingenieure, die in synthe­ti­schen Kraft­stoffen eine Chance sehen, den Verbren­nungs­motor auf eine klima­scho­nende, emissi­onsarme Weise zu betreiben und ihn so in die Zukunft zu retten.

Aber selbst wenn man von der Elektro­mo­bi­lität als Techno­logie der Zukunft überzeugt ist, gibt es noch Unsicher­heiten. Einige Autoher­steller versuchen bereits, Feststoff­bat­terien zur Großse­ri­en­reife zu bringen. Da diese neuen Batterien mit einigen Vorteilen verbunden sind, wie etwa deutlich gerin­geren Ladezeiten, könnten sie die aktuelle Generation von Batterien relativ schnell vom Markt verdrängen. Die milli­ar­den­schwere staat­liche Förderung von großen Produk­ti­ons­an­lagen für Batterien der aktuellen Techno­logie würde sich dann rasch als Milli­ar­dengrab erweisen.

Es besteht in der aktuellen Situation für eine aktive Indus­trie­po­litik also die Gefahr einer Anmaßung von Wissen, wie es der Ökonom Friedrich von Hayek einmal genannt hat. Die Wahrschein­lichkeit, dass eine Milliarde in einer Techno­logie versenkt wird, die sich letzt­endlich nicht durch­setzt, ist nicht gering. Deutsche Autoher­steller produ­zieren vor allem für das höher­preisige Markt­segment, da dort auch mit dem deutschen Lohnkos­ten­niveau noch einträg­liche Renditen zu erzielen sind. In diesem Markt­segment ist man aber besonders auf Produkt­in­no­va­tionen angewiesen, um die Kundschaft mit Techno­lo­gie­vor­sprüngen für teurere Autos zu begeistern. Wenn diese innova­ti­ons­freu­digen Hersteller nur mit staat­lichen Subven­tionen dazu gebracht werden können, Batte­rie­fa­briken zu betreiben, dann sollte das misstrauisch machen.

Es wäre besser, eine „Anmaßung von Wissen“ zu vermeiden

Hinzu kommen weitere Einwände. Wir wissen bisher noch nicht, wie sich die Konsortien zusam­men­setzen werden. Wenn sich Unter­nehmen entlang der Wertschöp­fungs­kette zusam­men­finden, also beispiels­weise ein Autoher­steller mit einem Batte­rie­spe­zia­listen koope­riert, ist dies wettbe­werbs­po­li­tisch noch relativ unpro­ble­ma­tisch. Wenn dagegen mehrere Autopro­du­zenten gemeinsam den gleichen Batte­rie­zu­lie­ferer betreiben, ist die Gefahr schon größer, dass eine enge Koope­ration zwischen Unter­nehmen erleichtert wird, die eigentlich Konkur­renten sein sollten. Wenn es ganz ungünstig läuft, steht am Ende dieses indus­trie­po­li­ti­schen Experi­ments eine geringere Innova­ti­ons­dy­namik, weil der Wettbewerb geschwächt wird.

Auch die hohen Lohnkosten in Deutschland können ein Problem sein. Diese lassen sich nur durch hohe Produk­ti­vität recht­fer­tigen, oder durch Techno­lo­gie­vor­sprünge bei den Produkten. Bei einer Batte­rie­fabrik für die ältere, bereits etablierte Batte­rie­tech­no­logie fällt der letztere Hebel wohl weg. Was spricht also dagegen, die Batterien bei Zulie­ferern aus dem Ausland preiswert zu kaufen und auf inter­na­tionale Arbeits­teilung zu setzen? Aus streng ökono­mi­scher Sicht erst einmal nichts. Die Politik befürchtet aber natürlich Arbeits­platz­ver­luste, die mit einem Struk­tur­wandel in der Automo­bil­in­dustrie verbunden sein könnten.

Tatsächlich sind von der Elektro­mo­bi­lität viele hoch quali­fi­zierte Arbeits­plätze bedroht, da viele Teile, die heute noch in Deutschland produ­ziert werden, nicht mehr gebraucht werden. Man denke etwa an quali­tativ hochwertige Getriebe. Wenn man aber eine Batte­rie­fabrik baut, in der Akkus produ­ziert werden, die in ähnlicher Qualität auch in China und anderen Ländern herge­stellt werden könnten, dann wird man vermutlich nur wettbe­werbs­fähig werden, wenn diese Fabrik wenig arbeits­in­tensiv produ­ziert. Dann aber würde der von der Politik erwünschte große Arbeits­platz­effekt nicht eintreten. Die heimische Batte­rie­pro­duktion könnte nicht als arbeits­markt­po­li­tische Antwort auf den Struk­tur­wandel in der Automo­bil­in­dustrie herhalten.

Nun kann man erfah­rungs­gemäß erwarten, dass die Politik in einem solchen Fall nicht einfach resignieren und den Dingen ihren Lauf lassen wird. Mögli­cher­weise wird man, um doch noch einen ordent­lichen Arbeits­platz­effekt zu erreichen, nach Wegen zur dauer­haften Subven­tio­nierung suchen. Das ist zwar im Rahmen des EU-Beihil­fen­rechts eigentlich nur schwer möglich, aber nicht unmöglich – vor allem, wenn man schon einmal Frank­reich im Boot hat. Vielleicht wird man es auch mit regula­to­ri­schen, nicht-tarifären Handels­hemm­nissen für Batterien versuchen, die außerhalb der EU produ­ziert werden. Der rheto­rische Boden dafür ist schon bereitet, wenn das Wirtschafts­mi­nis­terium etwas unbestimmt verkündet, die Batte­rie­pro­duktion für heimische Autos müsse fair und nachhaltig sein.

Zwar ist klar, dass schon aus klima­po­li­ti­schen Gründen den Verbren­nungs­mo­toren in ihrer aktuellen Form nicht die Zukunft gehören kann. Aber die vom Bundes­wirt­schafts­mi­nis­terium nun einge­schla­genen indus­trie­po­li­ti­schen Pfade sind dennoch ein Irrweg. Sinnvoller wäre es, die Anmaßung von Wissen zu vermeiden und techno­lo­gie­neu­trale Anreize zu schaffen, klima­freund­li­chere Antriebe zu erfor­schen. Einen solchen Anreiz schafft beispiels­weise ein CO2-Preis mit einem abseh­baren, spürbaren Anstieg in der näheren Zukunft. Dann ist klar, dass die Produktion klima­schäd­licher Emissionen bald teuer wird, aber es wird den Autoher­stellern überlassen, jeweils die techno­lo­gi­schen Alter­na­tiven zur Serien­reife zu bringen, die sie für besonders vielver­spre­chend halten. Bisher hat ein solcher offener Wettbewerb noch immer besser funktio­niert als überhastete indus­trie­po­li­tische Eingriffe, die vom politi­schen Glauben getrieben sind, die Zukunft zu kennen.

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