Allianz der Autokraten: Orbans Kumpanei mit Russland und China

Kremlin.ru [CC BY 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0)], via Wikimedia Commons

Ungarn wird zum Einfallstor für  russische und chine­sische Einfluss­po­litik in Europa. Die Zusam­men­arbeit reicht bis in die Geheimdienste.

Die Annäherung zwischen Ungarn und Putins Russland begann mit dem Neubau eines Atomkraft­werks. Die ungarische Regierung und der Kreml fassten 2014 den Beschluss, die staat­liche russische Atomagentur „Rosatom“ ohne eine inter­na­tionale Ausschreibung mit dem Bau der neuen Atomanlage „Paks 2“ hundert Kilometer südlich von Budapest zu beauf­tragen. Das Projekt wird durch eine russische Kredit­linie finanziert.

Ungarn ist auch einer größten Fürsprecher des chine­si­schen Seiden­straßen-Projekts.  Das autoritäre Regime in Peking verfolgt damit das Ziel, sich neue Märkte zu erschließen und politi­schen Einfluss zu sichern, indem es den Staaten Mittel- und Osteu­ropas Inves­ti­tionen verspricht. Die amtie­rende ungarische Regierung hat bereits ihre Bereit­schaft gezeigt, im Gegenzug Pekings geopo­li­tische Agenda zu unter­stützen: Ungarn war das einzige Mitgliedsland der EU, das sich weigerte, ein Dokument zu unter­zeichnen, welches den Mitglieds­staaten untersagt, in ihre Verträge mit China Sonder­klauseln aufzu­nehmen. Ein großes Inves­ti­ti­ons­projekt steht kurz vor der Umsetzung, nämlich der Ausbau der Eisen­bahn­strecke Budapest – Belgrad, der von den Chinesen vorge­nommen und finan­ziert wird. Das Projekt wird sich – so die optimis­tischsten Szenarien – erst in 130 Jahren auszahlen. Das Ziel der ungari­schen Regierung ist aber nicht primär wirtschaft­licher Natur. Sie knüpft Bezie­hungen zu Russland und China, um von der EU unabhängig zu werden.

Medien dienen sich Russland und China an 

Die staatlich kontrol­lierten Medien in Ungarn verbreiten antiwest­liche Narrative und scheinen das russische Staats­fern­sehen als Vorbild zu betrachten: Minis­ter­prä­sident Orban tritt ganz wie Präsident Putin als der Retter des Chris­tentums, der Familie und der Tradi­tionen auf. Das wichtigste Sprachrohr der Regierung, die Tages­zeitung Magyar Idők, hat in einem Beitrag vom März 2018 explizit erklärt, dass die Revolution auf dem Maidan und die anschlie­ßenden Ereig­nisse von der US-Regierung und in einer Verschwörung mit George Soros insze­niert wurden und die Ukraine bis heute von ameri­ka­ni­schen Geheim­diensten kontrol­liert wird. M 1, der wichtigste Nachrich­ten­sender, hat 2015 eine russisch­spra­chige Nachrich­ten­stunde einge­führt, und Präsident Putin wurde bei seinem letzten Besuch im August 2017 durch die Univer­sität Debrecen ein Ehren­dok­tor­titel verliehen. Der Nachrich­ten­sender M 1 hat 2016 auch eine chine­sisch­spra­chige Sendung gestartet und dabei auf die strate­gische wirtschaft­liche Partner­schaft zwischen Ungarn und China verwiesen.

Ungarns Ukraine-Politik

Das Gerangel zwischen Ungarn und der Ukraine anlässlich des neuen ukrai­ni­schen Bildungs­ge­setzes trägt erheblich zur Desta­bi­li­sierung der Ukraine bei – man ist geneigt, der Regierung Orban Vorsatz zu unter­stellen. Zwar ist es ein berech­tigtes Anliegen, der ungari­schen Minderheit auf allen Ebenen der öffent­lichen Bildungs­ver­waltung der Ukraine das Recht auf den Gebrauch ihrer Sprache zu gewähren. Aller­dings bedeutet die gegen­wärtige Behin­derung einer West-Integration der Ukraine durch Budapest – etwa durch das Blockieren der Sitzungen der NATO-Ukraine-Kommission –, dass Ungarn dem Kreml in die Hände spielt.

Ungarische Spiona­ge­abwehr gelähmt?

Ungarn hat zwar in Solida­rität mit Großbri­tannien und als Reaktion auf den Fall Skripal einen russi­schen Diplo­maten ausge­wiesen, doch unter­mi­niert die Regierung syste­ma­tisch die ungarische Spiona­ge­abwehr. Die parami­li­tä­rische neona­zis­tische Ungarische Nationale Front (MNA) konnte viele Jahre lang an entle­genen Orten in Ungarn Trainings mit Angehö­rigen des russi­schen Militär­ge­heim­dienstes GRU abhalten, ohne dass das ungarische Innen­mi­nis­terium eine ernst­zu­neh­mende Unter­su­chung dieser Vorgänge unter­nommen hätte. Atiya Khoury, Baschar al-Assads Finanz­be­rater, der auf der US-ameri­ka­ni­schen Sankti­ons­liste steht, erhielt 2016 im Rahmen des ungari­schen „Residency Bond“-Programms eine ständige Aufent­halts­ge­neh­migung für Ungarn. Khoury ist auch Vermittler zwischen syrischen, libane­si­schen und russi­schen Unternehmen.

Dem ehema­ligen ungari­schen Geheim­dienst­of­fizier Ferenc Katrein zufolge haben sowohl russische wie auch chine­sische Geheim­dienste dank Budapests „Residency Bond“-Programms die Möglichkeit erhalten, ihre Agenten mit EU-Aufent­halts­titeln auszu­statten.  Mehr noch: Das inves­ti­gative Portal Direkt 36 hat enthüllt, dass 2010 in Moskau zwischen zwei Oligarchen, die Fidesz nahestehen, und leitenden Offizieren des FSB hochrangige Kontakte geknüpft wurden.

Unter dem Strich stellt der russische und chine­sische Einfluss in Ungarn ein erheb­liches Sicher­heits­risiko für die trans­at­lan­tische Gemein­schaft dar. Europäische Inter­essen vertritt die Regierung in Budapest längst nicht mehr, sondern intri­giert syste­ma­tisch gegen den Westen.

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