Militär­putsch in Myanmar – das Ende des demokra­ti­schen Märchens

Foto: Shutterstock, spatuletail
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Der Westen hat die Öffnung Myanmars mit großen Hoffnungen begleitet, doch eine langfristige demokra­tische Entwicklung wurde mit dem heutigen Putsch bis auf Weiteres verhindert.

 

Die Demokra­ti­sierung Myanmars glich einem Märchen. Das südost­asia­tische Land, das seit 1962 unter einer brutalen Militär­herr­schaft stand, leitete vor gut einem Jahrzehnt vorsichtige Reformen ein. Ein ziviler Präsident wurde gewählt, die Lockerung der inter­na­tio­nalen Handels­blo­ckade führe zu einem Wirtschaftsboom und Aung San Suu Kyi, die Friedens­no­bel­preis­trä­gerin, die insgesamt mehr als ein Jahrzehnt unter Hausarrest verbracht hatte, stieg zur De-Facto-Regie­rungs­chefin auf. Fast zu schön, um wahr zu sein!

Doch der Putsch vom Montag setzt diesem Märchen ein Ende. Das Militär hat wieder die zivile Führung an sich gerissen. Der Notstand wurde ausge­rufen. Und Aung San Suu Kyi sowie weitere ranghohe Politiker wurden festge­setzt. Auslöser für den Putsch ist die Parla­mentswahl im September. Das Militär spricht von Wahlbetrug.

Einem nüchternen Blick hat das Märchen von der Muster­de­mo­kra­ti­sierung nie stand­ge­halten. Das Militär verfügte auch nach den Reformen über erheb­liche Macht im Parlament. Eine Verfas­sungs­klausel versperrte Aung San Suu Kyi den Weg zur Präsi­dent­schaft. Und der Umgang des mehrheitlich buddhis­ti­schen Landes mit den Rohingya schockierte. Myanmar verwehrt der musli­mi­schen Minderheit die Staats­an­ge­hö­rigkeit. 2017 kam es zu einem Massaker. Mindestens eine Million Rohingya lebt als Flücht­linge in Bangla­desch und anderen Teilen Asiens. Die Vereinten Nationen sprechen von Völkermord.

Dass Myanmar in vergangen geglaubte Militär-Muster zurück­fällt, ist eine schlechte Nachricht für die Demokratie in Asien. Denn der Nachbar­staat des Landes, das aufstre­bende China, wartet nur darauf, seinen Autori­ta­rismus zu expor­tieren. Schon Barack Obama trieb die Demokra­ti­sierung Myanmars auch deswegen voran, um das Land aus dem Einfluss­be­reich Chinas herauszuhalten.

Die gute Nachricht ist: Joe Biden füllt diesen Ansatz endlich mit Substanz. Washington verlagert dieser Tage ohne viel Aufhebens Ressourcen nach Asien. Im Natio­nalen Sicher­heitsrat, dem wichtigsten sicher­heits­po­li­ti­schen Gremium des Landes, kam es gerade zu einer großen Rochade. Das Team, das die Asien-Politik koordi­niert, wurde erheblich aufge­stockt. Das zeigt: Die USA sehen den Macht­zu­wachs Chinas als die größte strate­gische Heraus­for­derung der Gegenwart – und sind entschlossen zu handeln. Washington hat angekündigt, „Schritte zu ergreifen“, um gegen die Verant­wort­lichen des Putschs vorzu­gehen.  Am wahrschein­lichsten gelten Sanktionen.

Europa sollte aufhören zu glauben, dass die regel­ba­sierte Ordnung eine natur­ge­gebene Selbst­ver­ständ­lichkeit ist – und die USA in ihrer Asien-Politik unterstützen.

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