Plattformregulierung: Der Gesetzgeber ist in der Pflicht
Australien versuchte, Facebook zu einer Medienabgabe zu verpflichten. Der Konzern eliminierte daraufhin kurzerhand alle Links zu Nachrichtenseiten. Nun verteilt der Beinahe-Monopolist Zuwendungen an Medienhäuser dort nach Gutdünken. In Deutschland schießen die Landesmedienanstalten bei der Kontrolle der Onlinemedien über das Ziel hinaus. Alexander Görlach fordert stattdessen eine saubere gesetzliche Regulierung.
Es ist nicht das erste Mal, dass das politisch angekündigte “die Plattformen regulieren” in das falsche Gefäß gefüllt und über den Medienangeboten des Landes wie saurer Essig ausgegossen wird. Das Leistungsschutzrecht sollte die große Suchmaschine dazu zwingen, für das anzeigende Ankündigen von Medieninhalten Gebühren zu zahlen. Die Allgemeine Datenschutz Verordnung (GDPR) soll den großen Plattformen allesamt klare Vorgaben machen, welche Daten von Nutzerinnen und Nutzern wie, wenn überhaupt, erhoben, verwaltet und weiter gegeben werden dürfen. Treffen sollten diese Gesetze die Großen, damit rumschlagen müssen sich die kleinen.
Kleine Anbieter im Fadenkreuz
Denn was ist mit den vielen aggregierenden Seiten, die aus dem Meer der Angebote einige wenige Texte für ihre Community herausstellen und empfehlen? Was ist mit dem kleinen Blog, der alle paar Wochen einen Newsletter an seine Fans verschickt? Gerade diese wurden von den Gesetzen getroffen, wohingegen die großen es sich entweder leisten können, das Angebot einzustellen, so wie Google News aufgrund des Leistungsschutzrechts seinen Betrieb in Spanien gänzlich einstellte, oder einfach eine Armada von Juristen mit der Implementierung des GDPR beschäftigen, wohingegen der kleine Anbieter schon Post von den ersten niederträchtigen Abmahnanwälten erhalten hat.
Dass der Gesetzgeber sich nun wiederum versucht, über das Vehikel der Landesmedienanstalten dieses Mal, den Großen an den Karren zu fahren, wird also mit ziemlicher Sicherheit wieder an dem vorbei gehen, was eigentlich gemeint ist. Die Idee, Seitenbetreiber für ihre Inhalte verantwortlich zu machen, klingt nicht abwegig, geht aber an der Mechanik und Funktionsweise des Internet vorbei. Quellen beziehen sich auf Quellen, die sich wiederum auf Quellen beziehen. Was ein Verantwortlicher eines Medienangebots machen kann, ist zu sehen, ob seine Primärquelle eine verlässliche Quelle ist, sagen wir ein großes, vielleicht sogar international renommiertes Medienhaus. Was er oder sie dann aber nicht noch leisten kann, ist zu überprüfen, ob die Menschen in diesem Medienhaus wiederum verlässlich und fehlerfrei ihre Arbeit gemacht haben. Man wird konstatieren dürfen, dass absichtliche Missinformation in diesen Häusern nicht zur gängigen Praxis gehört, wohl aber geschehen Fehler und für solche soll nun, auf deutscher Scholle der kleine Blogbetreiber unter Umständen von den Landesmedienanstalten abgestraft werden können.
Landesmedienanstalten sind der falsche Regulator
Die Beispiele, die Stefan Laurin in seinem Text vorstellt, zeigen, in welche Richtung der Paragraph 19 des neuen Medienstaatsvertrags die Branche führen wird: ja, da wird ein unseriöses Angebot, das das Adjektiv “journalistisch” nicht verdient, zurecht abgemahnt werden, wenn es falsche Informationen und Verschwörungstheorien verbreitet. Doch wenig später gerät ein kleines, seriöses Angebot, fälschlicherweise, wie Laurin betont, ins Fadenkreuz der neuen Medienermittler und erhält gleich drei Abmahnungen. Es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, wie solche Schreiben, alle mit der Androhung hoher Geldstrafen, sollte den Forderungen darin nicht nachgekommen werden, in einem kleinen Medienhaus einschlagen. Wieviel Energie, Zeit und Nerven dabei unnötig verbraucht werden, um die Behörde davon zu überzeugen, dass sie mit ihrem Urteil falsch liegt!
Es kann ja nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, die Landesmedienanstalten durch diese neue Kontrollfunktion, die man ihnen hat angedeihen lassen, an das Internet zu gewöhnen. Zu viel steht dafür für die Medienschaffenden, deren Geschäft ohnehin, nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie, auf Kante genäht ist, auf dem Spiel. Da sich die staatsnahen Anstalten zudem herausnehmen, feststellen zu dürfen, was guter und was schlechter Journalismus ist, muss man on top annehmen, dass das Gesetz in eine völlig verkehrte Richtung läuft.
Der Gesetzgeber ist in der Pflicht
Den Gesetzgeber kann man nicht aus der Pflicht entlassen, zuerst einmal zu verstehen, was er da reguliert. Das scheint, zumindest in Deutschland, auch im Jahr 30 nach dem World Wide Web, immer noch ein frommer Wunsch zu sein. Im Jahr 2013 sagte der im Kanzleramt sitzende, zuständige Staatsminister für Medien, dass er nicht wisse, wann “das Internet voll” sei. Es war der selbe Politiker, Bernd Neumann, der sich für ein Gesetz gegen die Abmahn-Anwälte und ihr Vorgehen stark machte. Klüger wäre es, zuerst Bescheid zu wissen, dann ein kluges und handwerklich einwandfreies Gesetz zu machen und das zur Abstimmung zu stellen und nicht umgekehrt vorzugehen, wie es nun, wieder einmal, der Fall sein wird.
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