Buchvorstellung: „Der schwarze Dienstag: Warum Krieg mit Russland droht und wie die Bundesregierung ihn verhindern kann“
„Der schwarze Dienstag: Warum Krieg mit Russland droht und wie die Bundesregierung ihn verhindern kann“ so der Titel des aktuellen Buches, das der außenpolitische Korrespondent des „Tagesspiegel“, Christoph von Marschall, am 2. April im Zentrum Liberale Moderne vorstellte. Mit dem Autor diskutierten Johann Wadephul (CDU) und Marieluise Beck (LibMod). Moderiert wurde die eindringliche Diskussion von Ralf Fücks.
Eine schonungslose Analyse: Deutschland in der Krise
Christoph von Marschalls Buch ist ein Weckruf, eine ungeschönte sicherheits- und wirtschaftspolitische Zustandsbeschreibung. Er kritisiert eine weitverbreitete deutsche Neigung zur Realitätsverweigerung und spricht von „Lebenslügen“, die die deutsche Außenpolitik lange geprägt hätten. „Wir haben viele entscheidende Entwicklungen der letzten 20 Jahre nicht gesehen“, so von Marschall. Als Beispiel nennt er den Umgang Deutschlands mit Russland nach der Annexion der Krim: Statt sich energiepolitisch unabhängig zu machen, sei die Abhängigkeit von russischem Gas noch vertieft worden.
Kritisch beleuchtet der Autor die strukturelle Schwäche der EU in sicherheitspolitischen Fragen. Einstimmigkeitszwang, Reformblockaden und politische Lähmung machten Europa langsam und ineffektiv. Für eine wehrhafte EU komme es entscheidend auf Deutschland an: „Europa kann es nur, wenn Deutschland alles tut, damit Europa es kann.“
Eine düstere Prognose – aber mit Handlungsoptionen
Der Titel „Der schwarze Dienstag“ spielt auf den Tag der US-Präsidentenwahl im Jahr 2028 an – ein symbolisches Datum, an dem von Marschall einen Angriff Russlands auf das Baltikum durchspielt. Um ein solches Szenario zu verhindern, müsse Deutschland militärisch massiv aufrüsten und ökonomisch wieder auf die Erfolgsspur kommen. „Wenn Deutschland sich nicht ändert, werden wir in zwei bis drei Jahren in einem direkten Krieg mit Russland sein.“ Die Bundeswehr sei aktuell nicht in der Lage, Litauen im Ernstfall zu verteidigen. Von Marschall fordert daher massive Investitionen in Verteidigung und Industrie: „Wir müssen Fabriken bauen, Munitionsproduktion hochfahren und Ingenieure ausbilden.“
Trotz der drastischen Szenarien ist von Marschall nicht ohne Hoffnung: „Dieses Land ist kein schlechter Standort. Wir sind weltweit immer noch Wirtschaftsmacht Nummer drei.“ Er verweist auf die „Agenda 2010“ und das deutsche Krisenmanagement in der Corona-Pandemie als Beleg, dass Deutschland durchaus zu entschlossenem Handeln fähig sei – sofern der politische Wille vorhanden ist.
Reaktionen aus Politik und Zivilgesellschaft
Johann Wadephul (CDU) würdigte das Buch als „notwendig“ und lobte seine Klarheit: „Es macht das Bedrohungsszenario real erlebbar.“ Er beschrieb die verbreitete politische und gesellschaftliche Verdrängung als zentrales Problem: „Warum wollen die Menschen nicht wahrhaben, welche Art von Macht Russland unter Putin ist?“ Deutschland müsse rasch kriegstüchtig werden. Dazu sei noch viel Überzeugungsarbeit nötig: „Es gibt eine Verweigerungshaltung, speziell in Deutschland, sich mit der ernsten Bedrohungslage auseinanderzusetzen.“ Die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für die Bundeswehr allein reiche nicht aus – dazu gehöre auch die Wiedereinführung der Wehrpflicht.
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Mehr InformationenMarieluise Beck appellierte an Friedrich Merz, in seiner Regierungserklärung klare Worte zu finden. Den Bürgern könne die Wahrheit zugemutet werden, dass wir uns bereits in einem hybriden Krieg mit Russland befinden und die Ukraine auch unsere Sicherheit verteidigt: „Wer den Frieden will, muss auf den Krieg vorbereitet sein.“ Sie hob die fatale Abwicklung der Wehrpflicht und die Schwächung der Bundeswehr durch frühere Regierungen hervor: „Diese fahrlässige Schwächung unserer Verteidigungsfähigkeit muss rückgängig gemacht werden.“
Einigkeit bestand in der Notwendigkeit, die Unterstützung der Ukraine jetzt erst recht zu verstärken und die Bildung einer „Coalition of the Willing“ unter Beteiligung Deutschlands, Großbritanniens, Polens, Tschechiens, der baltischen und skandinavischen Länder voranzutreiben.
Fazit: Realismus statt Wunschdenken
Die Diskussion offenbarte einen breiten Konsens über die Ernsthaftigkeit der Lage. „Wir müssen an unseren Schwächen arbeiten, damit wir das Versprechen von Wohlstand und Sicherheit einlösen können“, so von Marschall. Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und die Bewältigung der Migrationskrise müssten die Prioritäten der neuen Bundesregierung sein. Ein politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Mentalitätswandel sei nötig – und zwar schnell.
In seinem Schlusswort plädierte Ralf Fücks dafür, den hehren Begriff des Friedens nicht denen zu überlassen, die einer Beschwichtigungspolitik gegenüber Russland das Wort reden und die Ukraine zur Unterwerfung unter Putins Forderungen nötigen wollen. Er erinnerte daran, dass wir es in der Ukraine mit einer politisch-militärischen Koalition von Russland, Nordkorea, Belarus und Iran zu tun haben, die von China unterstützt wird. Eine entschiedene Politik der Stärke gegenüber gewaltbereiten autoritären Gegnern sei die einzige realistische Friedenspolitik.
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