Freiheit und Klima­schutz mitein­ander versöhnen

Klima­po­litik mit Verboten ist ein lähmendes Unter­fangen. Eine ökolo­gische Markt­wirt­schaft setzt vor allem auf den Wettbewerb um die besten Lösungen. Ihr Leitin­strument ist der Emissi­ons­handel mit sozialem Ausgleich. Ein Gastbeitrag für die FAZ von Danyal Bayaz und Ralf Fücks.

Unsere Freiheit wird gerade von vielen Seiten heraus­ge­fordert: von autori­tären, gewalt­be­reiten Mächten von außen und von populis­ti­schen Kräften von innen. Auch der Klima­wandel ist ein defini­tiver Test auf die Handlungs- und Zukunfts­fä­higkeit der liberalen Demokratie. Wenn die Erder­wärmung außer Kontrolle gerät, stolpern wir in eine perma­nente Notstands­si­tuation. Wir müssen deshalb die ökolo­gische Trans­for­mation voran­treiben, um mit dem Klima auch die Demokratie zu schützen. Die zukünftige Freiheit hängt entscheidend davon ab, wie wir unsere Freiheit im Hier und Jetzt nutzen. Der demokra­tische Imperativ, dass die eigene Freiheit nicht zulasten der Freiheit anderer ausgelebt werden darf, muss in die Zukunft verlängert werden.

So hat es auch das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt in seinem wegwei­senden Urteil festgelegt. Klima­schutz ist nicht gratis. Er erfordert hohe finan­zielle Aufwen­dungen zur ökolo­gi­schen Moder­ni­sierung unseres Energie­systems, der Industrie, des Verkehrs und des Gebäu­de­sektors. Das verlangt neue Priori­täten für die öffent­liche Hand wie für die privaten Haushalte. Einen Vorge­schmack auf die damit einher­ge­henden Konflikte erleben wir gegenwärtig.

Die Klima­frage birgt den Keim eines neuen Kultur­kampfs. Da gibt es die Verfechter einer „Wende zum Weniger“, die das Zeitalter des „Immer höher, schneller, weiter“ am Ende sehen und eine funda­mentale Verän­derung unseres Lebens­stils propa­gieren. Für manche Linke ist die Klima­krise der willkommene Aufhänger für eine Neuauflage des alten Antika­pi­ta­lismus. Es gibt aber auch die Kultur­kämpfer von rechts, die jeden regula­to­ri­schen Eingriff in den Markt als Verbots­po­litik brand­marken. Für sie ist es schon ein Zugeständnis an den „woken Zeitgeist“, wenn Invest­ment­ge­sell­schaften wie Blackrock ihr Portfolio stärker an einem Dreiklang aus Umwelt, Sozialem und „Good Gover­nance“ ausrichten.

Ralf Fücks, Geschäfts­füh­render Gesell­schafter des Zentrums Liberale Moderne | Foto: Lisa Vlasenko

Die Energie­wende muss Erfolgs­modell werden

Die Grund­ideen liberalen Denkens stammen aus einer Zeit, in der indivi­duelle Freiheiten, ein demokra­ti­sches Regie­rungs­system, techni­scher Fortschritt und wirtschaft­liches Wachstum eine ungetrübte Allianz bildeten. Die ökolo­gi­schen Kosten dieses Erfolgs­mo­dells spielten keine Rolle. Diese Epoche der ökolo­gi­schen Blindheit des Libera­lismus ist definitiv vorbei. Wer die liberale Moderne vertei­digen will, muss die ökolo­gi­schen Folge­kosten der Freiheit in Rechnung stellen. Im Kern geht es darum, Umwelt­güter mit einem adäquaten Preis zu versehen und damit Anreize für ökolo­gische Innova­tionen und neue Geschäfts­mo­delle zu schaffen.

Dass die Wirkung morali­scher Appelle und Bußpre­digten sehr überschaubar bleibt, liegt nicht in erster Linie an der mangelnden Einsicht der breiten Mehrheit. Unser ökolo­gi­scher Fußab­druck hängt entscheidend von den ökono­mi­schen Bedin­gungen und gesell­schaft­lichen Struk­turen ab, in denen wir uns bewegen – dem Energie­system, den indus­tri­ellen Produk­ti­ons­pro­zessen, dem Städtebau, der Verkehrs­in­fra­struktur etc. Es kommt deshalb darauf an, diese Struk­turen zu verändern, statt permanent an das schlechte Gewissen der Einzelnen zu appel­lieren. Es braucht kollek­tives, sprich politi­sches Handeln, um die Weichen für eine klima­neu­trale Wirtschaft und Gesell­schaft zu stellen.

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