In Gefahr und großer Not bringt der Mittelweg den Tod. Thesen zum Krieg in der Ukraine

Foto: Anne Hufnagl

Der mittlere Weg des Bundes­kanzlers – Putin soll den Krieg nicht gewinnen, aber eine russische Niederlage wäre zu gefährlich – ist gescheitert. Die Ukraine wird entweder mit massiver Unter­stützung des Westens gewinnen oder wir werden mit ihr verlieren. Ralf Fücks in der „Inter­na­tionale Politik“.

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Können wir bitte aufhören zu rühmen, was Deutschland alles für die Ukraine tut? Niemand stellt in Abrede, dass die deutsche Politik seit dem 24. Februar 2022 einen weiten Weg gegangen ist. Als Olaf Scholz drei Tage nach dem russi­schen Großan­griff seine „Zeitenwende“-Rede im Bundestag hielt, schienen die sicher­heits­po­li­tische Reali­täts­flucht und die russland­po­li­ti­schen Illusionen der Merkel-Jahre – an denen die SPD tatkräftig mitwirkte – mit einem Schlag weggefegt. Auch die Ukraine würdigt immer wieder die deutsche militä­rische, humanitäre und finan­zielle Unter­stützung. Dennoch ist schwer zu ertragen, wenn der Kanzler die Kritik an seiner politi­schen Linie als „lächerlich“ abtut. Nicht nur wegen des Leids und der Toten der Ukraine, der kriti­schen Lage an der Front und der massiven Zerstö­rungen durch den russi­schen Raketenterror.

Zur Wahrheit über diesen Krieg gehört auch, dass die deutsche Politik zu ihm beigetragen hat. Das Wegducken nach Russlands Invasion in Georgien 2008, die laue Reaktion auf den ersten Angriff gegen die Ukraine 2014 und das Wegtauchen angesichts des russi­schen Truppen­auf­marschs seit Herbst 2021 haben Putin bestärkt, er könne den nächsten Krieg ohne großen Wider­stand des Westens vom Zaun brechen.

Während Russland seit 2014 nie aufhörte, Krieg gegen die Ukraine zu führen, wehrte sich die deutsche Politik bis zum bitteren Ende gegen jedwede Waffen­lie­fe­rungen an das bedrängte Land. Nordstream 2 wurde unbeirrt gegen jede Kritik durch­ge­zogen. Deutschland hat maßgeblich die russische Aufrüstung mit unseren Öl- und Gasim­porten finan­ziert. Der russische Hacker­an­griff gegen den deutschen Bundestag wurde unter den Teppich gekehrt, der massive Infor­ma­ti­ons­krieg des Kremls in den sozialen Medien rief kaum Gegenwehr hervor. Die deutsche Politik der Konflikt­ver­meidung führte mitten in den größten europäi­schen Krieg seit 1945.

Bis heute gilt für die deutsche Militär­hilfe an die Ukraine: too little, too late. Allein Polen hat erheblich mehr Schützen- und Kampf­panzer, Granat­werfer und Haubitzen geliefert, ganz zu schweigen von Drohnen, Kampf­hub­schraubern und Kampfjets, die von Kanzler Scholz zum Tabu erklärt wurden. Andere Staaten leisten gemessen an ihrer Wirtschafts­kraft deutlich mehr als Deutschland. Der sprin­gende Punkt ist aber nicht der Vergleich mit anderen, sondern die Frage, was nötig ist, um die russische Aggression abzuwehren. Hier tun wir zu definitiv zu wenig. Das ist keine Frage des Könnens. Was fehlt ist der politische Wille, die Ukraine auf die Sieger­straße zu bringen.

Die „Zeiten­wende“ ist auf halbem Wege stecken­ge­blieben. Der deutsche Mittelweg – die Ukraine soll nicht verlieren, aber auch nicht gewinnen, Russland soll nicht gewinnen, aber den Krieg auch nicht verlieren – ist gescheitert. Putin wittert Morgenluft und geht aufs Ganze. Die Ukraine wird diesen Krieg entweder mit massiver Unter­stützung des Westens gewinnen oder wir werden ihn mit ihr verlieren.

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Too little, too late

Juli 2022: Olaf Scholz begründet sein Zögern bei der Lieferung des Schüt­zen­panzers „Marder“ im Auswär­tigen Ausschuss des Bundestags laut einem Ohren­zeugen mit der Gefahr einer „schreck­lichen Eskalation.“ Die Ukraine hatte dringend um gepan­zerte Infan­te­rie­fahr­zeuge gebeten, weil ihre Soldaten dem Trommel­feuer der russi­schen Artil­lerie weitgehend ungeschützt ausge­setzt waren. Rhein­metall hatte bereits Mitte April ein Angebot auf Lieferung von 100 „Marder“ im Kanzleramt einge­reicht. Die Zusage für die Lieferung von 40 Geräten kam schließlich im Januar 2023, nachdem die schwung­volle ukrai­nische Gegen­of­fensive im Herbst des ersten Kriegs­jahres aus Mangel an Ausrüstung und Munition stecken­ge­blieben war.

Kurz darauf fiel endlich die Entscheidung, 14 (!) Kampf­panzer Leopard 2 an die Ukraine zu geben – wiederum nach monate­langem Zögern. Gleich­zeitig wurde bekannt, dass die USA die Lieferung von „Abrams“-Panzer freigeben. Der Bundes­kanzler wurde nie müde zu betonen, dass Deutschland in enger Abstimmung mit dem Weißen Haus handelt. Man kann das als Rückver­si­cherung betrachten, die USA im Fall einer massiven Gegen­re­aktion Moskaus mit im Boot zu haben und damit das deutsche Risiko zu begrenzen. Die Berufung auf die USA verkennt aber, dass Washington sofort nach Beginn der russi­schen Großof­fensive militä­rische Ausrüstung im großen Stil an die bedrängte Ukraine schickte. Auch andere europäische Staaten – so Großbri­tannien, die Nieder­lande, Polen und die balti­schen Staaten – starteten die Lieferung gepan­zerter Fahrzeuge, Artil­lerie, Schiffs­ab­wehr­ra­keten und Drohnen, als bei uns die Diskussion noch in vollem Gang war, ob die Lieferung schwerer Waffen die Eskalation des Krieges befördern würde.

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Unsere Zurück­haltung spielt Putin in die Hände

Die deutsche Zurück­haltung bei „Angriffs­waffen“ hat dazu beigetragen, dass der ukrai­nische Gegen­an­griff auf halbem Wege steck­blieb. Wir haben Putin Zeit geschenkt, seine angeschlagene Armee zu konso­li­dieren, die russische Rüstungs­in­dustrie anzukurbeln und massive Befes­ti­gungs­an­lagen zu errichten, an denen sich die ukrai­ni­schen Truppen im Frühjahr 2023 die Zähne ausbissen.  Schon damals zeigte sich der fatale Mangel an Munition, der die Offen­siv­kraft der Ukraine hemmt und ihre Verluste steigen lässt. Während der Kreml die eigenen Defizite durch Nachschub aus Belarus, Nordkorea kompen­sieren konnte und Kampf­drohnen aus dem Iran erhielt, klaffte eine gähnende Lücke zwischen Absichts­er­klä­rungen und Taten der Europäer.

Ein entschei­dender Faktor war und ist die russische Dominanz über den Luftraum. Solange die ukrai­nische Armee nicht über moderne Kampf­flug­zeuge, eine größere Drohnen-Armada und eine hinrei­chende Flugabwehr verfügt, ist eine erfolg­reiche Gegen­of­fensive kaum möglich. Angesichts der russi­schen Lufthoheit und der Überle­genheit bei Kriegs­gerät und Munition braucht die Ukraine umso dringender weitrei­chende Lenkwaffen, mit denen sie Nachschubwege und Stütz­punkte des Aggressors hinter den Front­linien angreifen kann.

Am 25. Januar 2023 erläu­terte Bundes­kanzler Scholz im Bundestag die Freigabe von Leopard-Panzern. Gleich­zeitig schloss er die Lieferung von Kampf­flug­zeugen aus, die er in einem Atemzug mit der Entsendung von Boden­truppen nannte. Seine Begründung folgte dem gleichen Muster, das auch der Verwei­gerung von Taurus-Lenkra­keten zugrunde liegt: „Wir tun das Mögliche und Notwendige, um die Ukraine zu unter­stützen, verhindern aber gleich­zeitig eine Eskalation des Krieges zu einem Krieg zwischen Russland und der NATO.“

Will heißen: die deutsche Unter­stützung der Ukraine endet dort, wo das Kanzleramt das Risiko einer russi­schen Gegen­re­aktion vermutet, die in eine direkte Konfron­tation mit der NATO münden könnte. Statt der explan­siven Gewalt­po­litik des Kremls mit aller Entschie­denheit gegen­über­zu­treten, speku­lieren wir über die roten Linien Putins und binden uns selbst die Hände.

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Kein Verlass auf die Ukraine und die NATO?

In der Taurus-Debatte ist diese Logik offen zutage getreten. Am 13. März erklärte der Kanzler sein katego­ri­sches „Nein“ in der Frage­stunde des Bundestags im Kern mit drei Argumenten: (1) Es handele sich um eine so wirkungs­volle Waffe, dass sie nicht an die Ukraine geliefert werden könne ohne die Kontrolle über die Zielpro­gram­mierung zu behalten. (2) Das setze die Betei­ligung deutscher Soldaten voraus. Damit würden wir zur Kriegs­partei. Das habe er immer ausge­schlossen und dabei bleibe es. (3) Für Frank­reich und Großbri­tannien, die vergleichbare Lenkra­keten an die Ukraine liefern, gälten andere Maßstäbe.

In diesen dürren Sätzen steckt die ganze Zwiespäl­tigkeit der deutschen Politik gegenüber diesem Krieg. Zum einen sagt der Kanzler damit indirekt, dass er den Zusagen der ukrai­ni­schen Regierung misstraut, „Taurus“ nicht gegen Ziel auf russi­schem Terri­torium einzu­setzen (obwohl das völker­rechtlich gedeckt und militä­risch sinnvoll wäre). Da die Zerstörung der Kertsch-Brücke, über die ein Großteil des Nachschubs für die russi­schen Truppen im Südosten der Ukraine läuft, wohl ein bevor­zugtes Ziel für Taurus-Angriffe wäre, bleibt die Frage, ob der Kanzler auch das bereits für ein Tabu hält. Zum anderen bekräftigt er, dass wir die Ukraine nicht maximal unter­stützen können, weil wir sonst Gefahr laufen, selbst angegriffen zu werden. Mit anderen Worten: Er spielt die nationale Sicherheit Deutsch­lands und den militä­ri­schen Erfolg der Ukraine gegen­ein­ander aus, obwohl das eine das andere bedingt. Und drittens lässt er durch­blicken, dass Frank­reich und Großbri­tannien als Atommächte sich weiter vorwagen können als wir.

Indem der Kanzler Deutschland als besonders verwundbar darstellt, stellt er zugleich implizit den Atomschirm der NATO mitsamt der Beistands­ga­rantie infrage. Das zieht dem Bündnis faktisch den Stecker. Wenn es oberste Priorität ist, eine Konfron­tation zwischen der Allianz und Russland zu verhindern und Deutschland sich nicht auf den nuklearen Schutz­schild der drei westlichen Atommächte verlassen kann, ist die Beistands­ver­pflichtung gegenüber den balti­schen Republiken nicht das Papier wert, auf der sie geschrieben ist. Dann werden alle Beteue­rungen des Kanzlers, „jeden Quadrat­meter NATO-Terri­torium“ entschieden zu vertei­digen, von ihm selbst infrage gestellt.

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Furcht vergrößert die Kriegsgefahr

Präsident Macron hat die deutsche Selbst­ab­schre­ckung bei der militä­ri­schen Unter­stützung der Ukraine treffend charak­te­ri­siert: Wir haben es mit einem Gegner zu tun, der sich keinerlei Schranken auferlegt und jedes Zeichen von Furcht als Schwäche inter­pre­tiert. Wer gegenüber einem solchen Gegner beteuert, was er keines­falls tun wird, sichert nicht den Frieden, sondern ebnet den Weg in die Niederlage. Was immer man von der Verläss­lichkeit der franzö­si­schen Politik halten mag: indem Macron den Einsatz von Boden­truppen nicht katego­risch ausschließt, sendet er eine klare Botschaft an den Kreml: Wir werden nicht zulassen, dass die Ukraine zerschlagen wird. Dann wäre ganz Europa bedroht. Deshalb ist dieser Krieg auch unser Krieg, und wir werden alles tun, damit die Ukraine ihn gewinnt.

Sätze, die dem Kanzler nie über die Lippen kommen. Er bleibt bei seinem Mantra, dass die Ukraine nicht verlieren und Russland nicht gewinnen soll. Das hieß von Anfang und heißt bis heute: Wir unter­stützen die Ukraine so weit, dass sie sich unter großen Opfern halbwegs vertei­digen. Aber wir befähigen sie nicht, die russi­schen Truppen hinter die Grenzen von 1991 zurück­zu­werfen. Eine offen­kundige russische Niederlage in der Ukraine wäre zu riskant. Sie könnte Putin zu einer weiteren Eskalation des Krieges treiben – sei es zum Einsatz takti­scher Nukle­ar­waffen in der Ukraine, sei es zu einem kalku­lierten Angriff auf die NATO. Ob das laute Nachdenken des SPD-Frakti­ons­vor­sit­zenden über ein „Einfrieren“ des Krieges nun mit Olaf Scholz abgestimmt war oder nicht: Tatsächlich hat Rolf Mützenich nur laut ausge­sprochen, auf welches Ziel die „besonnene“ Politik des Kanzlers hinsteuert.

Die Paradoxie – hoffentlich nicht: die Tragik – dieser Politik liegt darin, dass sie die Gefahr eines finalen Showdowns zwischen Russland und der NATO eher vergrößert als minimiert. Der Ukraine-Krieg ist auch ein Test auf die Entschlos­senheit und Handlungs­fä­higkeit der liberalen Demokratien. Erweisen sie sich als furchtsam und nachgiebig, wird das den imperialen Appetit Putins noch steigern. Wenn die NATO sich in seinen Augen als Papier­tiger erweist, wird er in der Ukraine nicht haltmachen. Das gilt erst recht, falls Trump die Präsi­dent­schafts­wahlen gewinnt. In den balti­schen Republiken gibt es starke russisch­stämmige Minder­heiten – das klassische Szenario für eine „Schutz­in­ter­vention“. Sie muss nicht gleich als militä­ri­scher Frontal­an­griff statt­finden. Wahrschein­licher ist ein hybrider Krieg als Vorspiel. Spätestens dann schlägt für die NATO die Stunde der Wahrheit. Wer dieses Szenario vermeiden will, muss alles tun, damit Putin in der Ukraine gestoppt wird. Das ist ein Gebot unserer natio­nalen Sicherheit. Wenn der Westen sein überle­genes militä­risch-indus­tri­elles Potential in die Waagschale wirft, brauchen wir über Boden­truppen nicht zu diskutieren.

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Abschre­ckung statt Appeasement

Die Vertei­diger des „mittleren Wegs“ des Kanzlers werfen seinen Kritikern gern vor, sie spielten leicht­fertig mit der Gefahr eines Atomkriegs. Das ist ein toxisches Argument. Niemand kann ausschließen, dass Putin taktische Atomschläge ins Kalkül zieht, falls er am Rand einer militä­ri­schen Niederlage steht. Vordenker der russi­schen Großmacht­po­litik wie Sergej Karaganow, Ehren­vor­sit­zender des einfluss­reichen Rats für Außen- und Vertei­di­gungs­po­litik, propa­gieren eine Politik der nuklearen Einschüch­terung. Sollte der Westen sich Russlands Inter­essen in der Ukraine entge­gen­stellen, befür­worten sie demons­trative Nukle­ar­schläge in der Erwartung, dass die NATO vor einer finalen Eskalation zurück­schrecken wird. Der „präventive“ Einsatz von Atomwaffen werde den Westen zum Rückzug zwingen und damit „die Menschheit vor einer globalen Katastrophe bewahren.“

Es ist müßig zu speku­lieren, wieweit diese nukleare Vorwärts­stra­tegie in der politi­schen und militä­ri­schen Führung Russlands geteilt wird. Wichtiger ist, wie der Westen auf die nukleare Erpressung antwortet: mit präven­tiven Zugeständ­nissen an Moskau oder mit einer Bekräf­tigung konven­tio­neller und nuklearer Abschre­ckung? Alle histo­rische Erfahrung mit gewalt­be­reiten, revisio­nis­ti­schen Dikta­turen lehrt, dass Appeasement den Krieg nicht verhindert.

Putin sieht Russland längst im Krieg mit dem Westen. Für ihn ist die Schlacht um die Ukraine Teil einer umfas­sen­deren, lang andau­ernden Ausein­an­der­setzung um die Hegemonie über Europa und die künftige inter­na­tionale Ordnung. Wer verhindern will, dass daraus eine offene militä­rische Konfron­tation mit dem Risiko einer nuklearen Eskalation wird, muss ihn in der Ukraine in die Schranken verweisen. Die Antwort auf die nukleare Drohung kann nur in einer Befes­tigung der kollek­tiven Abschre­ckung bestehen. Sollten die USA nach der kommenden Präsi­dent­schaftswahl als Sicher­heits­garant für Europa ausfallen, müssen die Europäer wohl oder übel selbst für ihre nukleare Sicherheit sorgen. Wer daran Zweifel sät, lädt geradewegs zur nuklearen Erpressung ein.

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Sanktionen nachschärfen

Die unein­ge­schränkte Unter­stützung der Ukraine mit Waffen und Munition ist nicht der einzige Maßstab, wie ernst es dem Westen ist und wieweit er von seinen geschwo­renen Gegnern ernst genommen wird. Ein zweiter Prüfstein sind die wirtschaft­lichen und techno­lo­gi­schen Sanktionen gegen Russland. Es ist ein Unding, dass europische Reeder die Sanktionen gegen russische Ölexporte umgehen. Und es erinnert an Lenins Diktum „die Kapita­listen verkaufen uns den Strick, an dem wir sie aufknüpfen“, dass westliche Hochtech­no­logie nach wie vor auf dem Umweg über Dritt­staaten an die russische Rüstungs­in­dustrie gelangt. Während die russische Waffen­pro­duktion auf Hochtouren läuft, sind die Exporte von Maschinen, Fahrzeugen, Ersatz­teilen und techni­schen Kompo­nenten an die zentral­asia­ti­schen Staaten sprunghaft gestiegen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Auch die Türkei und China liefern westliche Technik an Russland. Solche Umgehungs­ge­schäfte können unter­bunden werden, indem die Hersteller von kriti­scher Technik für den Endver­bleib ihrer Exporte haften.

Ob es uns gefällt oder nicht: Europa ist im Krieg. Und im Krieg kann es kein „Business as usual“ mit der Gegen­partei geben. Das gilt auch für den Umgang mit den in Europa angelegten Vermö­gens­werten der russi­schen Staatsbank. Dass die Zinser­träge aus diesem Kapital der Ukraine zugute­kommen sollen, ist nur ein erster Schritt. Angesichts der massiven Verhee­rungen, die der russische Vernich­tungs­krieg in der Ukraine anrichtet, wäre es nur konse­quent, die russi­schen Aktiva zu konfis­zieren und für Waffen­lie­fe­rungen an die Ukraine sowie den Wieder­aufbau zu verwenden.  Das wäre auch im Interesse der europäi­schen Steuer­zahler: Weshalb sollen sie allein für die von Moskau verur­sachten Kriegs­kosten aufkommen, während an die 300 Milli­arden russi­scher Staats­gelder unange­tastet bleiben?

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Es ist schlimm, dass die Unter­stützung der Ukraine in die Niede­rungen des US-Wahlkampfs geraten ist. Es wäre ein histo­ri­sches. Versagen, wenn sich das in Deutschland wiederholt. Wer die nationale Sicherheit Deutsch­lands gegen den militä­ri­schen Beistand für die Ukraine ausspielt, riskiert nicht nur den Kollaps eines Bollwerks der europäi­schen Demokratie. Er gefährdet auch die Sicherheit Europas.

Der Beitrag ist zunächst in der „Inter­na­tionale Politik“ erschienen

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