Mit Carbon Management zur Klimaneutralität

Fotos: Henning Schacht

Welche Rolle spielt Carbon Management zur Errei­chung der Klima­neu­tra­lität für NRW? Darüber disku­tierten wir am 04. Juli in der Landes­ver­tretung NRW mit rund 100 Gästen. Mit dabei: Mona Neubaur, stell­ver­tre­tende Minis­ter­prä­si­dentin NRW (Die Grünen) Andreas Jung (CDU), Dr. Dirk Spenner (Spenner Zement) und Viviane Raddatz (WWF Deutschland).

Vielfältige und parallel ablau­fende Verän­de­rungen – Klima, digitale Revolution, globale Migration, demogra­phi­scher Wandel und Rückkehr des Krieges nach Europa – sorgen in vielen Bereichen der Gesell­schaft für Verun­si­cherung. Sicherheit in der Trans­for­mation zu gewähr­leisten, ist deshalb eine zentrale Aufgabe verant­wor­tungs­be­wusster Politik. Ziel muss sein, die Einzelnen wie die gesamte Gesell­schaft zu befähigen, selbst­be­wusst mit Verän­de­rungs­pro­zessen umzugehen und sie aktiv zu gestalten, so Ralf Fücks (LibMod) in seiner Begrüßung. Mit Blick auf die ökolo­gische Trans­for­mation sei mittler­weile klar, dass „Carbon Management“ die dritte Säule der Klima­po­litik neben der Vermeidung von Treib­hausgas-Emissionen und der Anpassung an den bereits statt­fin­denden Klima­wandel sei.

Keynote Mona Neubaur: „Politik des Gehörtwerdens“

In ihrer Keynote betonte die stell­ver­tre­tende Minis­ter­prä­si­dentin und Wirtschafts­mi­nis­terin NRWs, Mona Neubaur, die Bedeutung von Carbon Management für die Einhaltung der Klima­ziele. Neben der Speicherung und Wieder­ver­wertung von CO2 sei es künftig nötig, der Atmosphäre wieder in großem Stil CO2 zu entziehen. Sie hob die Pionier­rolle ihres Bundes­landes in diesem Prozess hervor: Mit seiner starken Industrie steht NRW vor beson­deren Heraus­for­de­rungen. So ist rund ein Drittel der deutschen Zement­in­dustrie –  ein Sektor, der auf dem jetzigen Stand der Technik nicht CO2-frei produ­zieren kann – hier beheimatet.

Wie ist es angesichts dessen zu schaffen, erste klima­neu­trale Indus­trie­region Europas zu werden? Das Bundesland unter­nimmt neben dem forcierten Ausbau erneu­er­barer Energien bereits wichtige Schritte mit seiner Carbon Management Strategie sowie bei der Unter­stützung von Pilot­pro­jekten wie der Modell­region für Klima­neu­trale Zement­pro­duktion in Erwitte oder mit der CO2 freien Kalkpro­duktion in Mettmann. Ein kluger Mix aus privaten und staat­lichen Inves­ti­tionen ist gefordert, um die Trans­for­ma­ti­ons­pro­zesse effektiv zu gestalten

Mona Neubaur betonte die gesell­schaft­liche Dimension dieses Wandels: Die Einbindung der Bürge­rinnen und Bürger in den Regionen sei eine entschei­dende Voraus­setzung für den erfolg­reichen Hochlauf einer Kohlen­stoff­in­fra­struktur, die nicht nur effektiv ist, sondern außerdem auch auf die Akzeptanz der Bevöl­kerung trifft. Gefragt sei eine „Politik des Gehörtwerdens“.

Podiums­dis­kussion: Welche Rolle spielt Carbon Management auf dem Weg zur Klimaneutralität?

Die anschlie­ßende Podiums­dis­kussion mit Mona Neubaur, Andras Jung (CDU/​CDU Bundes­tags­fraktion), Dr. Dirk Spenner (Spenner Zement) und Viviane Raddatz (WWF Deutschland) beleuchtete die verschie­denen Perspek­tiven auf Carbon Management. Moderiert wurde sie von Ralf Fücks.

Andreas Jung machte deutlich, dass man C02 nicht als Müll, sondern als Rohstoff verstehen solle, den es zu nutzen gilt. Die Akzeptanz einer Kohlen­stoff­in­fra­struktur hänge mit ihrer Wirtschaft­lichkeit ursächlich zusammen: Nur wenn Arbeits­plätze erhalten bleiben und neue entstehen, könne Trans­for­mation gelingen.

Aus der Sicht der Industrie machte Dr. Dirk Spenner drauf aufmerksam, dass die Umstellung mit enormen betrieb­lichen Inves­ti­ti­ons­kosten verbunden sei. Sein Unter­nehmen sei bereit, diese zu stemmen. Gleich­zeitig brauche es beim Aufbau des Kohlen­stoff­netzes  aber auch Hilfe des Staates. Der Unter­nehmer zeigte sich fest entschlossen, auch über 2035 und 2040 hinaus Zement in Deutschland zu produ­zieren. Dafür seien aber faire Handels­be­din­gungen nötig, etwa durch die Einführung eines europäi­schen CO2-Grenz­aus­gleichs (CBAM).

Viviane Raddatz warnte davor, die Rolle von CCS bei der Errei­chung der Klima­neu­tra­lität zu überschätzen. Die Speicherung von CO2 sei in für einen eng begrenzten Bereich der Emissionen notwendig; noch wichtiger aber sei die Vermeidung von Emissionen. Zudem wies sie auf die Bedeutung eines verbind­lichen Monitoring für die Akzeptanz dieser Verfahren hin.

Unter dem Strich wurde klar, dass es einer zentralen Koordi­nation beim Aufbau einer CO2-Infra­struktur durch den Bund auf der Basis klarer Kriterien für die Abscheidung, Speicherung oder Wieder­ver­wertung von Kohlen­stoff­dioxyd bedarf. Die zweite Schlüs­sel­frage ist die Finan­zierung der Infra­struktur und die Gewähr­leistung eines fairen Markt­um­felds für die Unternehmen.

Sicher durch die Trans­for­mation: Impulse für eine erfolg­reiche Umsetzung

Die aktuelle Veran­stal­tungs­reihe „Sicher durch die Trans­for­mation“ knüpft an das frühere Projekt „Sicherheit im Wandel“ an. Exempla­risch werden für Nordrhein-Westfalen neue Konzepte für zentrale Politik­felder erarbeitet: die Trans­for­mation zu einer klima­neu­tralen Indus­trie­ge­sell­schaft, Bildung und Weiter­bildung, Digita­li­sierung, Stadt-Land-Entwicklung, soziale Teilhabe und Wohnungs­po­litik. Wir setzen Impulse für einen erfolg­reichen Struk­tur­wandel, der nicht nur für NRW sondern für ganz Deutschland Bedeutung hat.

Dazu folgen weitere Veran­stal­tungen, Fachge­spräche und Diskus­si­ons­pa­piere. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit Expert/​innen aus Wissen­schaft, Politik und Zivil­ge­sell­schaft konkrete Handlungs­emp­feh­lungen zu erarbeiten.

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