Scholz in China: Große Aufwartung – wenig Erfolge
Olaf Scholz kehrt mit weitgehend leeren Händen aus China zurück. Auch zu Russlands Krieg gegen die Ukraine und Irans Angriff auf Israel hat Xi Jinping wenig mehr angeboten als seine öffentlich vorgeschützte Neutralität. Ein Kommentar von Alexander Görlach.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat seine dreitägige Reise durch China abgeschlossen. Die Reise mit einer großen Delegation von Wirtschaftsbossen war zuallererst dazu gedacht, den Handel zwischen den beiden Nationen und die Bedingungen, unter denen deutsche Unternehmen in China arbeiten müssen, zu thematisieren. Hier hat sich, traditionsgemäß, nichts getan. Bundesregierungen mahnen schon seit Jahrzehnten von der Kommunistischen Führung der Volksrepublik einen fairen Zugang zum und faire Bedingungen deutscher Unternehmen auf dem chinesischen Markt an.
Xi Jinping: Deutschland soll sich nicht gegen den Import billiger chinesischer Produkte wehren
Am Ende liest umgekehrt sogar Xi Jinping Olaf Scholz die Leviten und fordert, dass sich Deutschland nicht gegen den Import billiger chinesischer Produkte auf seinen Markt wehren solle. Darüber, dass diese Güter wie Solarpanels, Batterien oder Elektroautos von seinem Staat über die Gebühr subventioniert werden und so den Wettbewerb verzerren, verliert Xi kein Wort. Und anders als die US-Finanzministerin Janet Yellen, die vergangene Woche in China zu Gast war, verliert der deutsche Regierungschef kein Wort zu möglichen höheren Zöllen für chinesische Billigware.
Während der Kanzler auf seiner letzten Station der totalitären Führung des Einparteienstaats in Peking seine Aufwartung machte, verfestigte sich im entfernten Nahen Osten ein weiterer Konflikt, der das Verhältnis zwischen Berlin und Peking belasten könnte. Der Kanzler kam nicht umhin, neben Chinas Unterstützung für den Kreml-Krieg gegen die Ukraine auch das Thema Iran anzusprechen. Denn die Volksrepublik ist einer der wichtigsten Unterstützer der Terror-Mullahs in Teheran. Xi selbst traf seinen iranischen Counterpart Ebrahim Raisi im letzten und im vorgegangenen Jahr. Beide Diktaturen eint die Ablehnung der Vereinigten Staaten und der Wille, die von den großen Demokratien der Welt angeführte Weltordnung zu zerstören.
Öffentlich vorgeschützte Neutralität Pekings
Zwar hat das Pekinger Außenamt nach dem iranischen Raketenangriff auf Israel in ähnlichem Zungenschlag wie alle anderen internationalen Akteure von den Vereinten Nationen bis zur Europäischen Union die Konfliktparteien im Nahen Osten aufgefordert, die Situation nicht eskalieren zu lassen. Doch die Volksrepublik fungiert mittlerweile als Treff- und Stützpunkt der schlimmsten Regime der Gegenwart – eine Rolle, die so gar nicht passen will zu der vorgeschützten neutralen Haltung, die die Pekinger Nomenklatura im Ukraine- und im Gaza-Krieg öffentlich einnimmt.
Peking selbst liefert so genannte “dual use”-Güter an Putins Front in der besetzten Ukraine und unterstützt seinen Duz-Freund Putin ferner mittels der Pekinger Verbündeten in Teheran und Pjöngjang. Mullah-Drohnen bedrohen täglich das Leben der Menschen in der Ukraine. Russische Soldaten zielen mit Munition aus Nordkorea auf ihre Köpfe. Xi spricht verklausuliert davon, dass bei der Lösung des „Ukraine-Konflikts“, den Peking nach wie vor nicht einen Krieg nennt, alle Länder mit am Tisch sitzen müssten und keines „auf der Speisekarte stehen“ dürfe.
Die offene Frage ist: Welches Land soll nicht „auf der Speisekarte stehen“?
Die einen interpretieren diesen Satz als ein Missfallen Pekings am russischen Angriffskrieg, andere wiederum meinen, dass Xi damit sagen will, dass eine geplante Friedenskonferenz in der Schweiz ohne Russland mit am Tisch keine Legitimation besäße. Mit dem Wissen um Pekings Unterstützung für den Kreml-Diktatur muss man davon ausgegangen, dass die zweite Interpretation die richtige ist.
In Sachen iranisches Atomprogramm dürfte klar sein, dass man angesichts des Raketenangriffs auf Israel und den verschiedensten Proxy-Gefechten, die Teheran konstant befeuert, nicht erwarten kann, dass eine Rückkehr an den Verhandlungstisch irgendetwas bringen wird. Vielmehr steht zu erwarten, dass die Mullahs eine Bombe auch nutzen werden, sobald sie sie haben. Die Furcht vor einer nuklearen Eskalation, gleich ob in der Ukraine oder im Nahen Osten, dürfte in der Tat die einzige sein, die auch Xi Jinping wirklich des Nachts nicht schlafen lässt. Hier sind er und Olaf Scholz sich einig.
Vertiefung der Handelsbeziehungen – zu Pekings Bedingungen?
Deutschland ist für China ein ökonomisches, kein politisches Schwergewicht. Da die Bundesrepublik vor allem in dem Wissen um die Verflechtung der beiden Volkswirtschaften unter Kanzler Scholz einen konzilianten Ton anschlägt, hat Präsident Xi mehr als einmal betont, dass die beiden Länder einander brauchen und angeboten, dass Verhältnis zu Berlin sogar zu vertiefen – unter der Bedingung, dass sich das Miteinander respektvoll gestalte. „Respektvoll“ bedeutet im Pekinger Sprech, dass Deutschland sich gefälligst aus den geopolitischen Ränkespielen Pekings und Chinas „inneren Angelegenheiten” (gemeint sind die mannigfaltigen Menschenrechtsverletzungen) herauszuhalten hat.
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