Vereint in der Ablehnung der west­li­chen Welt:
Xi Jinpings „Frie­dens­reise“ nach Moskau

Foto: Imago

Xi Jinpings Reise nach Moskau als selbst­er­nannter „neutraler Frie­dens­makler“ zeigt vor allem eins: China steht fest an der Seite Moskaus – und schert sich nicht um die russi­schen Kriegs­ver­bre­chen in der Ukraine. Alexander Görlach über Inhalt und Anspruch des chine­si­schen „Frie­dens­plans“.

Für die Ukraine war die mit Spannung erwartete und von Peking als “Frie­dens­reise” ange­kün­digte Tour Xi Jinpings nach Moskau eine große Enttäu­schung. Zwar behaup­tete der Pekinger Diktator in einem in einem russi­schen Staats­organ erschie­nenen Artikel weiterhin, dass die Volks­re­pu­blik ein neutraler Makler auf dem Weg zu Frie­dens­ver­hand­lungen sei. Zu einem vor der Reise kolpor­tierten Telefonat zwischen Xi und Präsident Selenskyj kam es aller­dings nicht. Ein solches fern­münd­li­ches Gespräch wäre aller­dings das absolute Minimum gewesen, um diesen Anspruch zu belegen.

Mit dem „Frie­dens­plan“ posi­tio­niert China sich klar an der Seite Russlands

Überhaupt wurde die Ukraine in dem lang­at­migen, von gegen­sei­tigen Schmei­che­leien geprägten Gespräch zwischen Putin und Xi nur kurz ange­spro­chen. Man habe, so Putin, den zwölf Punkte umfas­senden Frie­dens­plan Pekings umfassend studiert und sei nach wie vor jederzeit zu Verhand­lungen bereit. Das bezeich­nete, zum Jahrestag der Invasion von Peking verlesene Schrift­stück posi­tio­niert die Volks­re­pu­blik klar an der Seite Russlands: Der Ukraine wird in dem Plan – der eigent­lich nur eine Ansamm­lung von allge­meinen Punkten ist und weder Vorschläge für oder eine Roadmap zum Frieden in der Ukraine enthält noch Angaben dazu macht, welche Rolle Peking bei Verhand­lungen genau spielen würde – eine Mitschuld am Kriegs­aus­bruch gegeben.

Peking weigert sich zudem in dem Schrift­stück nach wie vor, den Krieg einen Krieg zu nennen, sondern übernimmt die Propa­ganda des Kremls, die den Völker­rechts­bruch zu einer “mili­tä­ri­schen Spezi­al­ope­ra­tion” verbrämt. Zudem teilt Xi darin die Ansicht Putins, dass die NATO die eigent­liche treibende Kraft sei, die den Krieg zu verant­worten habe.

China schert sich nicht um die Kriegs­ver­bre­chen Russlands

Xi Jinping lud am Ende seines Staats­be­suchs Wladimir Putin nach China ein. Damit unter­streicht Peking, dass ihm die Kriegs­ver­bre­chen, die Putin in der Ukraine begehen lässt und die ihm kurz vor dem Eintreffen Xis in Moskau einen inter­na­tio­nalen Haft­be­fehl einge­bracht haben, egal sind.

Dem Kreml-Diktator wird vorge­worfen, 16.000 Kinder aus der Ukraine verschleppt und nach Russland gebracht zu haben, wo sie “umerzogen” werden sollen. Dieses Vorgehen erfüllt einen Tatbe­stand des Genozids.

Hier sind Putin und Xi Jinping grausame Brüder, leider nicht nur im Geiste: Xi lässt in der Provinz Xinjiang die Frauen der Minder­heit der Uiguren zwangs­ste­ri­li­sieren, über eine Million Menschen sitzen in Lagern ein, wo sie unter Zwang “sinisiert” werden und ihrem Glauben, ihrer Kultur und ihrer Sprache abschwören sollen. Die Parla­mente der USA und der Nieder­lande nennen diese unge­heu­er­li­chen Vorgänge zurecht einen Genozid. Ähnlich grausam geht die Volks­re­pu­blik in Tibet vor.

Moskau und Peking wollen sich von der frei­heit­li­chen Welt entkoppeln

Es ist in Anbe­tracht dieser Tatsache, dass Xi und Putin mit Völker­mord überhaupt kein Problem haben, davon auszu­gehen, dass sowohl Peking als auch Moskau sich völlig von der frei­heit­li­chen Welt entkop­peln wollen. Im Vorfeld der Reise war verlautet worden, dass die beiden Dikta­toren “im Kern” die inter­na­tio­nale Ordnung der Vereinten Nationen beibe­halten wollten, sollte es ihnen gelingen, die USA als Garanten der jetzigen Welt­ord­nung abzusetzen.

Doch welcher Kern soll das sein? Die Nationen der west­li­chen Welt betonen die Menschen­rechte und die Rechts­staat­lich­keit, die auf ihnen fußt, als Kern dieser Ordnung. In den Ländern Asiens und des globalen Südens wird vor allem die in der UN-Charta garan­tierte Souve­rä­nität der Staaten als Kern dieser Ordnung betrachtet. Dieser Fokus rührt daher, dass diese Nationen von den Kolo­ni­al­mächten ihrer Souve­rä­nität beraubt wurden.

China hilft Russland, Zeit zu gewinnen

Xi und Putin haben sowohl für das eine als auch für das andere keinen Respekt, sondern treten, wo immer sie können, die Menschen­rechte mit Füssen. Und beide scheren sich nicht um die Souve­rä­nität der Ukraine. Es ist daher davon auszu­gehen, dass die kolpor­tierte Ankün­di­gung eines Tele­fo­nats mit Präsident Selenskyj nur eine Finte war, mit der Peking Russland helfen möchte, Zeit zu gewinnen. Denn in dem Moment, in dem sich – so hoffen Putin und Xi – das Geschick des Kriegs zugunsten Moskaus drehen würde, wäre die Forderung Chinas an die Ukraine, Terri­to­rium an Russland abzu­treten, sofort auf dem Tisch.

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