Voller Erfolg für China: Die deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen
Regierungskonsultationen sind angesichts von Wirtschaftsspionage, Menschenrechtsverletzungen und Kriegsdrohungen an Taiwan nicht das angemessene Format für Gespräche mit China. Alexander Görlach über deutsche Fehleinschätzungen und chinesische Interessen.
Die deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen waren für Peking ein voller Erfolg: Ministerpräsident Li Qiang traf mit Bundespräsident Steinmeier und Bundeskanzler Scholz zusammen, dem Staatsmann aus der Volksrepublik wurden militärische Ehren zuteil. Acht chinesische Kabinettsminister trafen sich danach mit ihren deutschen Counterparts zum Austausch. Wirklich Neues beschlossen wurde nichts, ein gemeinsames Abschlusskommuniqué wurde nicht verfasst.
Frommer Wunsch: Fairer Zugang zu Chinas Markt
Der Bundeskanzler musste sich stattdessen bei einer Veranstaltung des Bundesverbands der Deutschen Industrie anhören, dass Wirtschaftsspionage aus Peking immer noch ein Thema ist. Die Antwort des SPD-Politikers auf die ungleichen Marktzugänge gleicht der, die seine Amtsvorgängerinnen in den vergangenen zwanzig Jahren, seit China Mitglied der Welthandelsorganisation ist, gegeben haben: Peking möge fairen Zugang zu seinem Markt gewähren, genauso, wie es von einem Mitglied der WHO erwartet wird. Von Peking gab es darauf, wie gewöhnlich, weder eine Beteuerung, dass sich etwas ändern würde, noch das Eingeständnis eines Versäumnisses.
Risiken der Hochschulkooperationen
Im Vorfeld des Besuchs von Li schlugen deutsche Universitäten Alarm: Gastwissenschaftler aus der Volksrepublik spionierten für die Kommunistische Partei Chinas Forschungseinrichtungen und Unternehmen in Deutschland aus. Ob die Gäste aus China dies immer freiwillig tun, darf bezweifelt werden. Es ist bekannt, dass Peking Studierende in der freien Welt unter Druck setzt und ihnen droht, ihren Familienangehörigen in der Heimat etwas anzutun, sollten sie sich kritisch über China äußern.
Sind Regierungskonsultationen das angemessene Format?
Sind Regierungskonsultationen, die Ausdruck eines besonderen, engen und gar freundschaftlichen Verhältnisses der beiden Länder sind, angesichts des Gebarens, das Xi Jinping und seine Nomenklatura an den Tag legen, das angemessene Format? Wohl kaum. Vor allem deshalb, weil niemand dieses Format vermissen oder einfordern kann, wenn es nicht stattfindet.
Im Falle China wäre allerdings ein Bruch deutlich, denn diese Konsultationen begannen in einer Vergangenheit, in der in Peking doch noch das eine oder andere Zeichen auf Liberalisierung stand. Schon bei den letzten Konsultationen, im Jahr 2021 und wegen der Corona-Pandemie rein virtuell, war klar, dass es mit China unter Xi nur noch schwieriger, nicht einfacher werden würde. Die Kriegsdrohungen an das demokratische Taiwan, die Inhaftierung demokratischer Politiker in Hongkong, der Völkermord an den Uiguren, die Liste ist lang.
Quadratur des Kreises
Da inhaltlich während des Treffens die Quadratur des Kreises versucht wurde (China sei Partner und Rivale zugleich), wäre es ein deutliches Zeichen der veränderten Lage gewesen, hätte man von einer Neuauflage der Konsultationen abgesehen. Es ist sicher nicht verwegen zu behaupten, dass die kritischen Themen im Verhältnis zwischen Deutschland und der Volksrepublik im Vergleich zu den unstrittigen überwiegen.
Scholz beim BDI: keine neuen Strategie in Sicht
Wenn der Bundeskanzler bei seinen Ausführungen bei der Veranstaltung des BDI betont, dass Deutschland ein “de-risking” von der chinesischen Wirtschaft anstrebe, aber kein “de-coupling”, spricht er damit nur etwas aus, was den Gegebenheiten in der Realität entspricht: vom weltweiten Handel, von dem alle Beteiligten profitieren, wird niemand sehenden Auges weichen, warum auch? Im Übrigen versucht neben Deutschland und den USA auch die Volksrepublik selbst, ihre eigenen Abhängigkeiten vom Rest der Welt zu minimieren.
Xi will China autark machen
Machthaber Xi hat das Ziel ausgegeben, die Volksrepublik autark zu machen. Damit ist zum einen eine Autarkie von Lebensmittelimporten gemeint, zum anderen aber auch eine Entkoppelung von der Welt des Dollars, denn der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat gezeigt, dass Aggressoren über das existierende Bankensystem sanktioniert und für ihren Völkerrechtsbruch bestraft werden können.
Xi Jinping, der Beobachtern zufolge eine Attacke auf das friedliche, demokratische Taiwan vor der Küste der Volksrepublik in den kommenden Jahren plant, möchte nicht von Sanktionen getroffen werden, zumal die Wirtschaft im Reich der Mitte aufgrund verfehlter Politik der KP nicht richtig in Schwung kommt und die Jugendarbeitslosigkeit mit über 20 Prozent so hoch ist wie nie seit Beginn der diesbezüglichen Datenerhebung.
Regierungskonsultationen insinuieren ein nicht vorhandenes Ungleichgewicht
Es macht indes Sinn, mit Peking weiter im Gespräch zu bleiben, und Formate auszuloten, in denen dieser Austausch geschützt stattfinden kann. Olaf Scholz jedoch, der gegen den Rat wirklich aller Experten im Alleingang eine Beteiligung einer chinesischen Staatsfirma am Hamburger Hafen durchgedrückt hat, hat Peking mit diesen Regierungskonsultationen abermals einen Dienst erwiesen, der ein Ungleichgewicht im Verhältnis der beiden Länder insinuiert, das in der Realität nicht gegeben ist.
Deutsche Fehleinschätzung darf sich nicht wiederholen
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