Deutschland, Polen und die Ukraine: Wie können wir den „Versöh­nungs­kitsch“ vermeiden?

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Im letzten Beitrag unserer Reihe zum deutsch-polni­schen Verhältnis analy­sieren Anna Kwiat­kowska und Wojciech Konończuk, welche Lehren aus den Problemen des Aussöh­nungs­pro­zesses der beiden Länder zu ziehen sind – auch im Hinblick auf die polnisch-ukrai­ni­schen Beziehungen.

Der Versöh­nungs­prozess zwischen Polen und Ukrainern hat sich enorm beschleunigt. Und er ist von existen­zi­eller Bedeutung – was zu einer von unten nach oben verlau­fenden, authen­ti­schen und integra­tiven Versöhnung geführt hat. Der Prozess ist zwar noch lange nicht abgeschlossen, aber die Art und Weise, wie er abläuft, das bereits entstandene Vertrauen – und nicht zuletzt die gemein­samen Sicher­heits­in­ter­essen Polens und der Ukraine geben Anlass zur Hoffnung, dass der den deutsch-polni­schen Bezie­hungen bislang anhaf­tende “Versöh­nungs­kitsch” (ein von dem deutschen Histo­riker und Polito­logen Klaus Bachmann geprägter Begriff) ein Ende findet.

Der polnisch-ukrai­nische Versöh­nungs­prozess begann viel später als der zwischen Polen und Deutschen. Dennoch basierte auch er auf politi­schen Gesten und Erklä­rungen sowie dem Dialog zwischen intel­lek­tu­ellen Kreisen. Was zwar immer wichtig ist – aber nie ausreicht.

Lehren aus dem polnisch-deutschen Aussöhnungsprozess

Aus den Problemen des polnisch-deutschen Aussöh­nungs­pro­zesses sind mithin einige wichtige Lehren für die polnisch-ukrai­ni­schen Bezie­hungen zu ziehen.

Die wichtigste Erkenntnis ist: Komplexe Fragen dürfen nicht unter den Teppich gekehrt und sensible Themen nicht ausge­klammert werden. Ein Dialog ohne Aufrich­tigkeit wird nichts lösen. Der Ursprung der Probleme in den polnisch-deutschen Bezie­hungen liegt auch heute noch in der Flut leerer Gesten, mit denen man versucht, die Diffe­renzen zu überbrücken, während Gespräche und die Beschäf­tigung mit realen Problemen vermieden werden.

Ein Beispiel ist die regel­mäßig wieder­keh­rende deutsche Floskel vom „Nachdenken über die Zukunft“ und dem Willen, „voran­zu­kommen“, mit denen Deutschland auf konkrete Forde­rungen oder Wünsche Polens nach Klärung oder Maßnahmen antwortet, die der deutschen Seite nicht passen. Wenn Polen, Litauer und Ukrainer mit den Gefahren von Nord Stream 1, dann von Nord Stream 2 argumen­tieren, meinen die Deutschen: „Lasst uns nicht ein Wirtschafts­projekt verteufeln“ oder „Lasst uns über Klima­po­litik reden“. Uns gefällt das Abstim­mungs­system im EU-Rat nicht und wir haben eine bessere Idee? Lasst uns nicht streiten, lasst uns nach vorne schauen!

Versöhnung zwischen Polen und Ukrainern: Optimis­ti­scher Blick in die Zukunft

Die Versöhnung zwischen Polen und Ukrainern ist noch nicht abgeschlossen, aber wir können optimis­tisch in die Zukunft blicken. Polen verfügt am Dnipro (wie jetzt auch die Ukraine an der Weichsel) über die Art von sozialem Kapital, die Deutschland in Polen nie gehabt hat. Zwei bis drei Millionen in Polen lebende Ukrainer schaffen ein engma­schiges Netz von zwischen­ge­sell­schaft­lichen Verbin­dungen – unter anderem wegen der größeren Subjek­ti­vität, die die Ukrainer in Polen im Vergleich zu den „unsicht­baren“ Millionen assimi­lierter Polen in Deutschland genießen.

Es ist zu hoffen, dass die polnisch-ukrai­nische Versöhnung leichter wird, wenn der Vertei­di­gungs­krieg in der Ukraine endlich vorüber sein wird. Denn beide Länder – und vor allem beide Völker – werden ein großes Vertrau­ens­ka­pital aufgebaut haben, ein Vertrauen, das in den schwie­rigsten, im Wortsinne existen­zi­ellen Zeiten entstanden ist.

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