Für eine marktwirtschaftliche Energie- und Klimapolitik
Der BDI hat eine bemerkenswerte Studie vorgelegt, nach der eine Senkung der CO2-Emissionen der deutschen Industrie um 80 % ohne Wohlstandsverluste und soziale Verwerfungen machbar ist. Eine weitergehende Reduzierung erfordere strukturelle Veränderungen, die nicht allein von den Unternehmen zu stemmen seien. Joachim Lang, Bundesgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) plädiert für Technologieoffenheit und eine kluge Wettbewerbs- und Industriepolitik, um den ökologischen Transformationsprozess wirtschaftsverträglich zu gestalten. Marktwirtschaftliche Prinzipien sollten Vorrang vor dirigistischen Eingriffen haben. Ein europa- oder weltweiter Emissionshandel sei einem nationalen Alleingang vorzuziehen.
Die Soziale Marktwirtschaft in Deutschland hat sich über Jahrzehnte als ein erfolgreiches wirtschafts- und sozialpolitisches Modell erwiesen, um Wohlstand, Wachstum und technologischen Fortschritt zu sichern. Dabei liegt die Stärke der Sozialen Marktwirtschaft vor allem darin, dass es sich nicht um eine Summe festgelegter Instrumente und Maßnahmen handelt, sondern um ein Leitbild für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Sie schafft mit ihrem ureigenen Prinzip des offenen Wettbewerbes ein Anreizsystem für die besten Lösungen und führt somit zu Allokationseffizienzen der eingesetzten Ressourcen. Die Verbindung von Umweltschutz mit wirtschaftlichem Wachstum und der kontinuierlichen Verbesserung des Lebensstandards für breite Schichten der Bevölkerung sollten auch Leitmotive für eine zukunftsweisende Klimapolitik im Industrieland Deutschland sein.
Die Politik sollte auch im Klimaschutz die Stärken der Sozialen Marktwirtschaft nutzen. Eine Balance von Markt und Staat kann das Prinzip der Nachhaltigkeit tief in der Wirtschaft verankern.
In einer Marktwirtschaft kommt es zu Externalitäten, die bisher nicht (vollständig) internalisiert sind. Insbesondere öffentliche Güter leiden unter diesem Phänomen. Der Klimawandel ist hierfür ein gutes Beispiel. Lokale Emittenten auf der ganzen Erde stoßen CO2 aus; dieses lagert sich in der Atmosphäre ab. Eine erhöhte Konzentration von Treibhausgasen (THG) in der Atmosphäre führt dazu, dass sich die Temperatur auf der Erde langsam erhöht. Die Atmosphäre dient als Lagerstätte von THG-Emissionen. Seit Jahren zeigt sich aber, dass dieser Mechanismus an seine Grenzen stößt, weil sich als Folge eine kontinuierliche Erwärmung einstellt: der negative externe Effekt. Ein Instrument zur Internalisierung fehlt. Noch gibt es keinen globalen Markt, der die Nutzung der Atmosphäre umfasst und Treibhausgasen einen Preis gibt, um sie dadurch zu einem handelbaren Gut zu machen. Das Vorliegen externer Effekte wird gemeinhin als Marktversagen in der ökonomischen Theorie anerkannt und legitimiert den Staat, dieser Entwicklung durch Auflagen, Preis- oder Mengeninstrumente zu begegnen.
Die Begrenzung solcher THG-bedingten Externalitäten durch ein von der Politik festgelegtes Reduktionsziel muss mit begleitenden rechtlichen und fiskalischen Instrumenten flankiert werden. Eine wirksame Flankierung sollte dabei auf marktwirtschaftlichen und technologieoffenen Instrumenten und Maßnahmen basieren. Ein Beispiel dafür ist der EU-Emissionshandel (EU-ETS) mit seinem Mengensystem, das CO2 einen marktbasierten Preis gibt. Dadurch findet die Begrenzung von Emissionen technologieoffen und effizient statt.
Verbote oder reine technologiespezifische Förderungen gewährleisten nicht das Erreichen des gewünschten Ziels. Zahlreiche unabgestimmte Regulierungen zwischen Klima- und Energiepolitik, wie sie in den vergangenen Jahren erlassen wurden, setzten falsche Anreize und führten zu Marktverzerrungen. Die Vielzahl an politischen Instrumenten zur Erreichung eines Reduktionsziels setzt immer ein enormes Wissen seitens des Staates voraus. So müsste der Staat vollständig Kenntnis haben, in welchen Sektoren welche Kosten zur Vermeidung von Treibhausgas anfallen. Dies erfordert verlässliche langfristige Prognosen und Informationen über mögliche Ausweicheffekte als Reaktion auf einzelne Maßnahmen. Da die privaten Haushalte und die Unternehmen keinen Anreiz haben dürften, Informationen wie die individuelle Zahlungsbereitschaft für bestimmte Güter dem Staat zur Verfügung zu stellen, stößt hier die öffentliche Hand an die Grenzen der politischen Steuerung.
Die Ankündigung der Bundesregierung, deutsche Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 um 80 Prozent bis 95 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 reduzieren zu wollen, hat ein konkretes klimapolitisches Ziel definiert.
Der vorliegende Beitrag bietet einen konzeptionellen Vorschlag des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), wie unter dem erfolgreichen Leitbild der Sozialen Marktwirtschaft eine volkswirtschaftlich tragbare Reduktion der Treibhausgasemissionen um 80 Prozent + X bis zum Jahr 2050 erreicht werden kann.
Dieser Vorschlag basiert auf dem Ziel der 80-prozentigen THG-Reduktion bis 2050. Die Realisierung dieses Ziels ist allerdings von gewissen Annahmen abhängig. So müssen beispielsweise die richtigen politischen Entscheidungen zur richtigen Zeit getroffen werden, dauerhafte Netzengpässe im Stromnetz vermieden oder die Industrie vor wettbewerbsverzerrenden Maßnahmen durch steigende CO2-bedingte Kosten geschützt werden. Bei zusätzlichen Technologiedurchbrüchen und deren Einsatz sind auch höhere Senkungen möglich. Hierbei sprechen wir etwa von erneuerbar hergestellten synthetischen Energieträgern und deren großflächigem Einsatz oder der Nutzung und Speicherung von CO2. Ebenso bietet die kostengünstigere Vermeidung von THG-Emissionen über Offsets die Möglichkeit, global effizienten Klimaschutz zu gestalten und nationale Vorgaben über 80 Prozent hinaus zu erfüllen.
Dieses ambitionierte Ziel erfordert eine kluge Verknüpfung von Klima- und Industriepolitik, damit sich wirtschaftliche Chancen ergreifen und Herausforderungen begegnen lassen:
Ein starker Wirtschaftsstandort Deutschland generiert Wachstum sowie Beschäftigung und kann so auch eine weitgreifend gesellschaftliche Zustimmung zu fundamentalen Veränderungen im öffentlichen wie privaten Lebensalltag schaffen. Die Erreichung der Klimaziele wird unbequem sein. Daher ist es umso wichtiger, dass die Politik funktionierende Konzepte entwickelt, die Chancen bieten und sich der wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen annehmen.
Realisierbarkeit eines volkswirtschaftlich tragbaren Reduktionsszenarios von 80 Prozent + X bis 2050
Der BDI hat mit seiner Studie Klimapfade für Deutschland gezeigt, dass eine Reduktion der deutschen Treibhausgasemissionen um 80 Prozent bis zum Jahr 2050 sowohl technisch möglich als auch gleichzeitig volkswirtschaftlich unter bestimmten Rahmenbedingungen tragbar zu erreichen ist.
Zum besseren Verständnis seien hier zunächst einmal das Referenzszenario und die Grundannahmen der Klimapfadestudie skizziert. Das Referenzszenario dient als Ausgangsbasis. Es legt die heutigen klimapolitischen Rahmenbedingungen zugrunde und beschreibt, welche Treibhausgasreduktionen sich bereits damit bis 2050 ergeben werden. Gleichzeitig wird von einem umfassenden und effektiven Carbon-Leakage-Schutz ausgegangen. Weitere Annahmen sind die Fest- und Fortschreibung der heute geltenden Gesetze und Verordnungen. Zudem wird unterstellt, dass die Politik die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit trifft.
Das Referenzszenario ermöglicht es, die Lücke zwischen der Entwicklung unter aktuellen Rahmenbedingungen und den Klimaschutzzielen der Regierung aufzuzeigen. Darauf aufbauend wurden zwei Zielszenarien entwickelt. Bei den Zielszenarien geht es um die Frage: „Welche gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen nehmen wir an?“
Szenario 1: Nationale Alleingänge Das Zielszenario „Nationale Alleingänge“ unterstellt eine Welt ohne einen global einheitlichen UN-Klimaprozess. Ambitionierter Klimaschutz wird lediglich in Kerneuropa und vereinzelt in anderen Ländern verfolgt. Zentral ist in diesem Szenario, dass ein umfassender und effektiver Carbon-Leakage-Schutz unterstellt wird.
Aufgrund fehlender internationaler Klimaschutzambitionen ist dies notwendig, da ohne gleiche globale Wettbewerbsbedingungen (Level Playing Field) eine weitgehende Abwanderung industrieller Produktion ins Ausland mit oft geringeren Standards erfolgen wird.
Szenario 2: Globaler Klimaschutz Im Zielszenario „Globaler Klimaschutz“ verpflichtet sich die Weltgemeinschaft zur Erreichung des Zwei-Grad-Ziels und koordiniert dazu globale Instrumente zur Emissionsreduktion. Für die Industrie entsteht trotz einer hohen Klimaschutzambition annähernd ein Level Playing Field.
Die Zielszenarien unterscheiden sich im Wesentlichen in der Höhe hiesiger und internationaler Ambitionen zur THG-Reduktion sowie im resultierenden Preisniveau für CO2 und fossile Energieträger.
Für das Referenzszenario und das Zielszenario „Nationale Alleingänge“ wurde ein CO2 ‑Preispfad unterstellt, der langfristig zwischen den Szenarien „Current Policies“ und „New Policies“ des World Energy Outlook (WEO) 2016 der International Energy Agency (IEA) liegt, jedoch kurz- und mittelfristig langsamer ansteigt. Dabei wurde für das Modell angenommen, dass der CO2-Preis bis zum Jahr 2050 auf 45 Euro pro Tonne steigt. In Anbetracht der weiter wachsenden Nachfrage, vor allem in international expandierenden Volkswirtschaften, werden steigende Preise für fossile Energieträger unterstellt. So wird im Referenzszenario der Ölpreis mit 115 US-Dollar pro Barrel im Jahr 2050 angenommen.
Für das Zielszenario „Globaler Klimaschutz“ wurde der CO2-Preis am Szenario 450 ppm (parts per million) des WEO angelehnt, d. h. von einer Million Teilchen Luft in der Erdatmosphäre sind 450 Teile Kohlendioxid. Dieser Preis steigt auf 55 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2030 und auf 124 Euro im Jahr 2050. Der Ölpreis liegt in diesem Szenario aufgrund stagnierender bzw. rückläufiger Weltnachfrage nach fossilen Brennstoffen bei real 50 US-Dollar pro Barrel.
Kernergebnisse der Klimapfade-Studie: Mind The Gap!
Mit einer Fortsetzung derzeitiger Anstrengungen in Form bestehender Maßnahmen, beschlossener politischer und regulatorischer Rahmenbedingungen sowie absehbarer Technologieentwicklungen („Referenzpfad“) werden bis 2050 ca. 61 Prozent THG-Reduktion gegenüber 1990 erreicht. Es verbleibt damit eine Lücke von 19 Prozentpunkten zum deutschen 80-Prozent-Klimaziel.
Wie lässt sich diese Lücke schließen? Der 80-Prozent-Klimapfad zeigt die Chancen und Herausforderungen eines solch massiven Transformationsprozesses für die Volkswirtschaft und die Gesellschaft. Die kosteneffiziente Erreichung des 80-Prozent-Klimapfads würde aus heutiger Sicht in Summe Mehrinvestitionen von 1,5 Billionen Euro bis 2050 gegenüber einem Szenario ohne verstärkten Klimaschutz erfordern, darin schon enthalten sind rund 530 Milliarden Euro für eine Fortschreibung bereits im Referenzpfad bestehender Anstrengungen. Die Mehrinvestitionen müssen von der Wirtschaft, der öffentlichen Hand und den Bürgerinnen und Bürgern getätigt werden. Dabei geht es z. B. um Investitionen in emissionsärmere Anlagen, die energetische Gebäudesanierung privater und gewerblicher Gebäude oder den Aufbau von Speicher- und Ladeinfrastruktur. Die direkten volkswirtschaftlichen Mehrkosten lägen nach den Berechnungen des BDI bei etwa 470 Milliarden Euro bis 2050, da mit jeder Investition auch Einsparungen verbunden sind. Eine solche volkswirtschaftlich kosteneffiziente Erreichung der Klimapfade bedeutet allerdings nicht, dass sich die technischen Maßnahmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht für den individuellen Entscheider rechnen.
Circa 80 Prozent der erforderlichen technischen Maßnahmen brauchen daher spezifische Anreize. Aufgabe der Politik ist es folglich, die Lücke zur Rentabilität zu schließen, damit Unternehmen und Privatpersonen die notwendigen Investitionen tätigen. Ein Beispiel ist die energetische Gebäudesanierung im privaten und gewerblichen Bereich. Zurückgehaltene Investitionen können mit der privaten finanziellen Situation oder der aktuellen Lebensphase zusammenhängen. Erfolgreiche Klimaschutzbemühungen wären mit einer umfangreichen Erneuerung aller Sektoren der deutschen Volkswirtschaft verbunden – und könnten deutschen Exporteuren weitere Chancen in wachsenden Klimaschutzmärkten eröffnen. Studien erwarten, dass das Weltmarktvolumen der wichtigsten Klimatechnologien bis 2030 auf ein bis zwei Billionen Euro pro Jahr wachsen wird. Hiervon würde die deutsche Wirtschaft mit einer Außenhandelsquote von 86,9 Prozent (2017) besonders profitieren. Da die deutsche Industrie in der Entwicklung und im Absatz emissionsreduzierender Technologien stark ist, ergeben sich mit hoher Wahrscheinlichkeit positive Auswirkungen für deutsche Unternehmen.
Die grundlegende Chance und Herausforderung zugleich besteht vor allem darin, klimapolitische Ziele mit anderen gesellschaftlich wichtigen Politikzielen zu verknüpfen, etwa einem stabilen Wirtschaftswachstum und Beschäftigung, der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen sowie bezahlbarer Energie- und Versorgungssicherheit.
Klimaschutz mit den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft erreichen
Für das Erreichen klimapolitischer Ziele muss in der Sozialen Marktwirtschaft das Prinzip der Technologieoffenheit gelten. Grundsätzlich sind daher zwei ökonomische Instrumente denkbar: Zum einen ein mengenbasiertes Instrument, wie es der EU-ETS ist, zum anderen ein preisbasiertes Instrument wie eine Steuer oder Abgabe.
Das mengenbasierte Instrument legt eine Menge, hier THG-Emissionen, exogen und ex ante fest. Die zur Verfügung stehende Menge kann dann wiederum unter den Marktteilnehmern gehandelt werden. Im Fall des EU-ETS sind es Emissionszertifikate, die Unternehmen an der European Energy Exchange in Leipzig handeln. Der Preis bildet sich aus Angebot und Nachfrage. Ein mengenbasiertes Instrument gibt Sicherheit bei der Mengenentwicklung, hat aber gewissen Unsicherheiten bei der Preisbildung.
Bei einem preisbasierten Instrument erhält ein Gut ex ante einen exogen festgelegten Preis X. Jede THG-Emission würde demnach mit dem Preis X belastet. Der Konsument kann entscheiden, in welchen Mengen er das Produkt trotz des um X gestiegenen Preises kauft. Damit schafft ein preisbasiertes Instrument Sicherheit beim Preis, allerdings ist die resultierende Menge an THG unklar.
Die aktuelle Regulierung auf europäischer Ebene sieht für die Sektoren Energiewirtschaft und Industrie ein Mengensystem gemäß des EU-ETS vor. Schon heute steht fest: Mit seinem klaren Reduktionspfad der jährlich zu emittierenden THG werden bis 2050 weniger als zehn Prozent der THG-Emissionen von 1990 ausgestoßen werden.
Beim EU-ETS handelt es sich allerdings nur um eine Second-best-Lösung, da sich der Handel auf die Europäische Union beschränkt. Eine First-best-Lösung für die Sektoren Energiewirtschaft und Industrie wäre ein globales Regime. Bestmöglich wird ein solcher Ansatz nämlich international verfolgt, da die THG-emittierenden Anlagen und Prozesse in Deutschland im internationalen Vergleich global gesehen sehr effizient sind. Jede THG-Einsparung ist daher zwangsläufig teurer als in Entwicklungs- und Schwellenländern.
Deshalb sieht auch das Pariser Klimaschutzabkommen ausdrücklich den Einsatz marktwirtschaftlicher Instrumente vor. Im Dezember 2019 werden hierzu (Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens) die Verhandlungsteams der Pariser Vertragsstaaten um eine Lösung ringen, die internationale Regime und grenzüberschreitende Kooperationen einfacher und in das Pariser Klimaabkommen integrierbar macht. Bisher konnte zu Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens noch keine Einigung erzielt werden.
Eine One-size-fits-all-Lösung über alle Sektoren wird den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft nicht gerecht. Insbesondere die Sektoren Gebäude und Verkehr sind essenzielle Bestandteile des persönlichen Lebens. Veränderungen dort haben direkte Auswirkungen auf jeden einzelnen.
Daher muss Klimaschutz in beiden Fällen mit Wirtschaftlichkeit und sozialer Gerechtigkeit untrennbar verbunden sein. Ein Mengengerüst ist bei Verbrauchern mit unelastischer Nachfrage weniger geeignet.
Hierzu zwei Extrembeispiele:
- Im Gebäudesektor entstehen die überwiegenden Emissionen durch die Erzeugung von Kälte und Wärme. Eine strikte Begrenzung der Menge an THG-Emissionen für diesen Sektor bedeutete in letzter Konsequenz ein Heizverbot mit konventionellen Energieträgern oder eine vollständige Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energieträger.
- Der Verkehrsbereich emittiert, indem Kraftstoffe verbrannt werden. Eine Mengenbegrenzung kann hier im Extremfall dazu führen, dass es zu Fahrverboten kommt, wenn die erlaubte Menge an THG-Emissionen erreicht wurde. Die Fahrt zum Supermarkt oder zur Arbeit wäre mit diesen Kraftstoffen dann nicht mehr möglich.
Ziel eines politischen Instrumentes sollte es sein, eine wirtschaftlich effektive und sozialverträgliche Lenkungswirkung zu erzielen. Preissignale sind hier eine Option. Bei einem preisbasierten Instrument gibt es verschiedene Alternativen der Ausgestaltung. Zum einen kann ein Preis als zusätzliches Element ein Gut verteuern. Zum anderen kann es ein bisheriges Preiselement ersetzen. Unter den Gesichtspunkten einer wettbewerblichen und sozial verträglichen Ausgestaltung sind die beiden letzten Varianten der ersten vorzuziehen.
Ein preisbasiertes Instrument oder ein mengenbasiertes Instrument kann allerdings nicht das einzige Mittel der Wahl sein. Sie stellen jeweils einen Baustein für eine kohärente Energie- und Klimapolitik dar.
Zusätzlich bräuchte es eine Innovationspolitik, die Rahmenbedingungen für die Erforschung, Entwicklung und Erprobung von Zukunftstechnologien setzt. Deutschland wird Forschung, Förderung und Innovationen brauchen, um über die 80 Prozent hinauszukommen und die + X zu erreichen. Technologien der Zukunft werden aber nicht ohne eine entsprechende Infrastruktur auskommen. Dabei spielen die Ladeinfrastruktur für elektrische Mobilität, ein lückenloser Ausbau von 5G-Netzen und vieles mehr eine entscheidende Rolle. Hier kann der Staat durch eine kluge marktwirtschaftliche Ausgestaltung der Rahmenbedingungen den Grundstein für zukünftige Entwicklungen und Technologiesprünge schaffen.
Tatsächlich werden sich die Technologieentscheidungen weder auf dem deutschen Binnenmarkt noch in der Europäischen Union entscheiden. Langfristig ist die entscheidende Frage, ob die internationale Staatengemeinschaft sich auf vergleichbare Rahmenbedingungen für eine ökologisch nachhaltige Wirtschaft und ökologisch nachhaltiges Leben verständigen kann. Nach dem Pariser Klimaabkommen haben die Staaten immerhin die Absicht unterschrieben, in ihren Volkswirtschaften den Ausstoß von THG zu begrenzen. Bisher gibt es allerdings keine gemeinsamen oder vergleichbaren Rahmenbedingungen, die zu einem internationalen Level Playing Field führen.
Ein solches Feld ist essenziel, damit sich Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutzambitionen nicht entgegenstehen. Es kann helfen, Doppelregulierungen oder Carbon Leakage zu vermeiden. Solange es auf globaler, mindestens aber der G20-Ebene keine solchen Bedingungen gibt, braucht es den Schutz der deutschen Industrie vor Wettbewerbsnachteilen, damit Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit nicht auf der Strecke bleiben. Damit wäre auch dem Klimaschutz nicht gedient. Die Aufgabe der internationalen Politik der nächsten Jahre bleibt es, mehr Kongruenz zwischen den Staaten zu schaffen.
Fazit
Insgesamt sollten marktwirtschaftliche Prinzipien in stark regulierten Bereichen der Energie- und Klimapolitik gestärkt werden. Zwar sind Markteingriffe bei öffentlichen Gütern ökonomisch vertretbar, doch sollten die gewählten Instrumente wiederum den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft Rechnung tragen. Bei einer Internalisierung klimapolitisch relevanter Externalitäten sollte diese daher mit einem Abbau entgegenläufiger Regulierungen wie verschiedener Steuern, Abgaben oder Umlagen einhergehen. Dabei ist zu gewährleisten, dass staatliche Intervention die externen Kosten möglichst präzise adressiert und klare Ziel- und Instrumentenhierarchien verfolgt werden. Eine marktwirtschaftlich ausgerichtete Energie- und Klimapolitik muss vermeiden, dass die Politik zur Reduktion der Externalitäten technologiespezifische Regulierung verabschiedet und präferierte Einzelanwendungen politisch bevorzugt.
Die Politik steht vor einer schwierigen Aufgabe. Einerseits wächst der Druck der Öffentlichkeit auf das Parlament und die Regierung, jetzt zu handeln, wenn nötig auch rein national. Andererseits würden Maßnahmen und damit verbundene Kosten zunehmend für den Einzelnen spürbar (etwa bei Mobilität und Gebäuden), was die Akzeptanz von Klimaschutz in der Umsetzung wieder untergraben könnte.
Nationale Symbolpolitik erhöht die volkswirtschaftlichen Kosten. Die Rückbesinnung auf Technologieoffenheit statt Verbote, auf eine kluge Wettbewerbs- und Industriepolitik und auf den gezielten Abbau von Steuern und Abgaben für mehr soziale Verträglichkeit und höhere Akzeptanz kann helfen, den enormen klimapolitischen, gesamtgesellschaftlichen Transformationsprozess für die Bevölkerung und die Wirtschaft sozial und marktwirtschaftlich zu gestalten.
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