Und jetzt, Frank­reich? Innen­an­sichten aus Macronien.

Imago

Von Aufbruch­stimmung keine Spur. Norma­ler­weise birgt jede Präsi­dent­schaftswahl einen Neuanfang. Aber diesmal wurde der Amtsin­haber wieder­ge­wählt. Und der hat sich dazu entschieden, zuerst einmal innezu­halten, als suche er noch den richtigen Schlüssel für eine stimmige Neuorientierung.

Inter­regnum

Frank­reich vor den Parla­ments­wahlen ist in einer seltsam schwe­benden Erwar­tungs­haltung. Als ob das Land noch gar nicht glauben könnte, dass es tatsächlich einen Präsi­denten im Amt bestätigt hat. Einen Präsi­denten, aus dem es nach wie vor nicht richtig schlau wird. Der in zahllosen Artikeln als ungeliebt oder gar verhasst beschrieben wird, dem es aber immerhin gelang, über fünf krisen­er­füllte Jahre hinweg einen erstaunlich stabilen Sockel von 25% der Wähler­schaft hinter sich zu sammeln und sein Mandat mit einer Zustimmung von über 40% und einer Kompetenz-Zuschreibung von über 60% zu beenden. In Frank­reich sind das Werte, die vor wenigen Jahren niemand für möglich gehalten hätte. Mancher Politiker, auch in anderen Demokratien, würde sich wünschen, ähnlich „ungeliebt“ zu sein.

Deshalb ist auch die weitver­breitete Analyse, der zufolge Macron „schlecht gewählt“ sei, also nur dank einer niedrigen Wahlbe­tei­ligung und als „kleineres Übel“ zur Verhin­derung von Marine Le Pen, doch sehr verein­fa­chend. Natürlich ist das Resultat des Rassem­blement National bedenklich und drückt eine in weiten Teilen der Bevöl­kerung tiefe Abneigung gegen „das System“ und auch die Person Macrons aus. Dennoch führt kein Weg daran vorbei, seine Legiti­mität anzuerkennen.

Genauso wenig kann man den dauer­haften Erfolg der 2017 vorge­nom­menen Sprengung des tradi­tio­nellen Partei­en­spek­trums bestreiten. Die alten Volks­par­teien, unfähig sich ihren Werten treu zu bleiben und sich in einer verän­derten Landschaft neu zu erfinden, sind buchstäblich zertrümmert. Und das Land findet sich mit zwei gestärkten Extremen wieder, zwischen denen sich die Sammel­be­wegung breit­ge­macht hat, die als La République en Marche gegründet wurde, in Bälde in Renais­sance umgetauft werden soll, und in den franzö­si­schen Medien oft „Macronien“ genannt wird: „La Macronie“, als wäre es eine Provinz, für die der Guide Michelin einen Reise­führer bereit hält.

Dass es in Macronien nicht einfach so weiter­gehen kann wie bisher, dessen ist sich der Präsident bewusst. Er hat auch explizit einge­räumt, dass sich nicht nur die Regierung, sondern auch das Regieren werden ändern müssen. Wie genau, das weiß im Moment niemand, denn mit den Details lässt er sich erstaunlich viel Zeit.

Drei lange Wochen musste das Land auf die Ernennung der neuen Premier­mi­nis­terin warten. Ein Indiz dafür, wie schwierig es ist, neben und unter Macron zu regieren? Oder ein Zeichen dafür, dass der Präsident selbst noch nicht weiß, wie er die am Wahlabend schon benannten sozialen und ökolo­gi­schen Imperative in Personal und Programm glaubhaft konkre­ti­sieren kann?

Die Ernennung von Élisabeth Borne, die sich als Arbeits- und Transport-Minis­terin sowie als „Minis­terin für den ökolo­gi­schen und solida­ri­schen Übergang“, wie das Umwelt- und Klimaressort in Frank­reich leicht blumig genannt wird, einen Ruf erarbeitet hat, hat sowohl symbo­li­schen als auch strate­gi­schen Charakter. Eine Frau als Regie­rungschef war überfällig – gerade für einen Präsi­denten, der sich als Vertreter der Parität sieht. Noch dazu eine, die glaubhaft techno­kra­tische Kompetenz und linke Sensi­bi­lität vereint, die dem Staat loyal und ohne Ego dienen wird, wie sie es schon als Präfektin oder als Direk­torin des Pariser Nahver­kehrs (kein Zucker­schlecken) getan hat und die, rein wahltak­tisch gesehen, die gemäßigten Sozial­de­mo­kraten dazu bewegen soll, bei der Stange zu bleiben.

Denn das Haupt­au­genmerk gilt jetzt erst einmal den Parla­ments­wahlen am 12. und 19. Juni und insbe­sondere der rasch ins Leben gerufenen links-ökolo­gi­schen Union, in der sich praktisch die ganze Linke dank diverser program­ma­ti­schen Verren­kungen zusam­men­ge­rauft hat. Jean-Luc Mélenchon hat eine linke Parla­ments­mehrheit zum erreich­baren Ziel ausge­rufen und sähe sich in diesem Fall selbst als zukünf­tigen Regie­rungschef.

Zu Mélen­chons Leidwesen hat sich auch die große Mitte trotz leicht zentri­fu­galer Tendenzen zusam­men­ge­funden – unter dem wenig origi­nellen, aber zutref­fenden Namen „Ensemble“ – und die Wahlkreise zur offen­baren Zufrie­denheit aller Betei­ligten zugeteilt. Entspre­chend tendieren die Projek­tionen der Meinungs­for­scher im Moment zu einer eher beruhi­genden Mehrheit für Macrons Truppen. Indes, sicher sein kann man sich in Frank­reich immer erst am zweiten Wahlsonntag um 20 Uhr.

Es ist eine Wahl, in der eine große Zahl der 2017 aus der Zivil­ge­sell­schaft in die Politik gewor­fenen Abgeord­neten für eine zweite Legis­la­tur­pe­riode kandi­dieren. Eine gute Gelegenheit, Bilanz zu ziehen. Wie bewertet man die vergan­genen fünf Jahre eigentlich innerhalb von Macronien? Innen­an­sichten von drei Mitbürgern, die nie gedacht hätten, irgendwann in der Natio­nal­ver­sammlung zu landen.

Keine Playmobil-Figur: Nicole Dubré-Chirat

Jahrgang 1951, festver­wurzelt im ländlichen Westen Frank­reichs, ließ sich von Emmanuel Macron am Ende eines beruf­lichen Werde­gangs begeistern, in dem sie sich von der Kranken­schwester bis ins Gesund­heits­ma­nagement hochge­ar­beitet und vielerlei Erfah­rungen im öffent­lichen Dienst, in der Privat­wirt­schaft und als Selbständige gesammelt hatte. Sie verortet ihre politi­schen Überzeu­gungen als „Mitte-Links“ und konnte sich voll mit Macrons „humanis­ti­schen, wohlwol­lenden und positiven Ansatz“ identifizieren.

Nicole Dubré-Chirat steht 2022 zur Wiederwahl, trotz gemischter Erfah­rungen während der vergan­genen fünf Jahre. Enttäuscht ist sie insbe­sondere vom Verhalten der alten Parteien gegenüber den so zahlreichen Neuan­kömm­lingen im Sommer 2017. Über „stupide Obstruk­ti­ons­ver­suche durch Verfahren-Tricks, permanent theatra­li­sches Gebaren in der Plenar­sitzung, ständige Selbst­in­sze­nierung in Live-Tweets“ kann sie nur den Kopf schütteln.

Die abschätzige Karikatur der Neu-Abgeord­neten der République en Marche als „Playmobil-Männchen“, simple Befehls­emp­fänger des Präsi­denten mit der Hand an der Hosennaht, entspricht nicht ihrer Wahrnehmung: „Disziplin bedeutet, dass man sich intern streitet, einen Kompromiss findet, und diesen dann loyal verteidigt.“ Anderer­seits: „Eine gewisse Naivität kann man uns auch nicht absprechen.“

Ihre Bilanz fällt insgesamt positiv aus: zwischen einer großen „Zufrie­denheit, dass wir 85% unseres Programms tatsächlich umsetzen konnten, trotz all der Ereig­nisse und Krisen“ und einer echten „Enttäu­schung, dass die Renten­reform nicht durch­ge­zogen wurde.“

Keineswegs enttäuscht ist sie von ihrem Präsi­denten: „Er hat seine Tugenden bewahrt, aber er hat auch eine unbere­chenbare Seite.“ Manche seiner „wohlüber­legten, verbalen Provo­ka­tionen“ machen ihr im Wahlkreis das Leben nicht leichter, und dass er „alles wahnsinnig schnell versteht und dann erwartet, dass ihm alle folgen können“, ist für viele ermüdend. Dennoch: „Er hat auch eine außer­ge­wöhn­liche Begabung, sich auf Augenhöhe mit den Menschen zu begeben und sie zu überzeugen.“

Gerne ließe sie sich auf eine zweite Legis­la­tur­pe­riode ein: „Eigentlich wollte ich nur ein Mandat machen. Aber man braucht glatt zwei Jahre, um sich zurecht zu finden, und dann sind die fünf Jahre schnell vorbei. Also versuch ich mein Glück noch einmal.“

Ihre Chancen stehen gut. So einfach wie 2017 mit 43% im ersten Wahlgang und über 60% im zweiten wird’s nicht werden. Aber in ihrem ländlich geprägten Wahlkreis ist man den Extremen nicht zugeneigt und der Westen Frank­reichs ist ohnehin eine verläss­liche Provinz Macroniens.

Resolut pro-Europa: Sabine Thillaye

Dass sie nur drei Jahre nach dem Erlangen der franzö­si­schen Staats­bür­ger­schaft gleich ins Parlament einziehen würde, hatte die 1959 in Remscheid geborene, seit den 80er Jahren in Frank­reich lebende Unter­neh­merin Sabine Thillaye nicht unbedingt auf dem Plan. Zwar hatte sie sich in ihrer Wahlheimat, der Touraine, schon seit langem in der Zivil­ge­sell­schaft engagiert, aber es in kürzester Zeit bis zum Vorsitz des Parla­ments-Ausschusses für EU-Angele­gen­heiten in der Assemblée Nationale zu schaffen, das darf man schon eine recht steile Politik­kar­riere nennen.

Der Auslöser für die Kandi­datur war die Gründung von En marché ! und die enthu­si­as­tische Aufbruch­stimmung des Macron-Wahlkampfs 2016/​17. Endlich einer, der sich „nicht in die ideolo­gische Ecke drängen“ ließ, der Effizienz statt Konfron­ta­ti­onskurs versprach, der vor allem das ewige Nörgeln an der Europäi­schen Union vom Tisch fegte. „Europa nicht als Hemmschwelle darzu­stellen, sondern als Lösungs­ebene“, dieses Bekenntnis Macrons gab den Ausschlag.

Sie selbst wurde jedoch weniger von der Person als von der Methode begeistert: „Weder links noch rechts – raus aus der Polari­sierung“ – eine unver­hoffte Chance, die verfahrene Politik umzukrempeln, was ihres Erachtens vor allem in den Arbeits­rechts-Reformen sehr gut funktio­niert hat (und die Zahlen des Arbeits­markts bestä­tigen sie in ihrer Einschätzung).

Ein Spaziergang waren die vergan­genen fünf Jahre aller­dings nicht. Weil sie an ihrem Ausschuss-Vorsitz trotz Rotati­ons­plänen in der Partei festhielt, musste sie sogar von ihrer Fraktion zur Partner-Bewegung MODEM überwechseln, einer seit langem etablierten Zentrums-Partei, die mit Macrons République en marche ! in einer festen Allianz verbunden ist und 57 der weit über 300 Mehrheits-Abgeord­neten stellt.

Im Nachhinein wäre es wahrscheinlich besser gewesen, der Wahlsieg 2017 wäre nicht gar so deutlich ausge­fallen. „50% neue Abgeordnete, das hätte auch genügt. Viele von uns sind im Parlament durch­ge­schleudert worden und wir haben recht schnell einige Leute verloren.“

Und die „Schwach­punkte der Fünften Republik“ haben die République en marche ! und ihr Präsident kaum behoben. Als da sind: das Wahlsystem („Die Einführung des Propor­tio­nal­wahl­rechts wurde leider fallen gelassen“), die Missachtung der Parla­ments („Die Legis­lative nimmt ihre Befug­nisse nicht so wahr, wie sie es sollte, insbe­sondere die Evalu­ierung der Regie­rungs­po­litik“) und die verti­kalen Auswüchse des Präsi­di­al­re­gimes („Diese Erwar­tungs­haltung, dass ein Mann allein alles richten soll“).

Dabei legt Sabine Thillaye aller­dings Wert darauf, dass ihr „Blick auf die Insti­tu­tionen weit kriti­scher ausfällt als der auf den Präsi­denten selbst“. Emmanuel Macron hat sie vor allem als „faszi­nie­rende Persön­lichkeit“ erfahren, als Politiker, „der alle Dossiers beherrscht, präzise und treffend formu­liert, und mit einem phäno­me­nalen Gedächtnis ausge­stattet ist.“

Sie selbst tritt mit unver­min­derter Motivation noch einmal an. Mit einer „berei­chernden und spannenden Erfahrung“ im Rücken, mit der Erwartung, dass „die Umwelt jetzt deutlich stärker in den Fokus rückt als zuvor“, mit „viel mehr Demut vor der Aufgabe als vor fünf Jahren“ und mit einem härteren Wahlkampf vor Augen.

Enttäuscht, aber kämpfe­risch: Matthieu Orphelin

Für Matthieu Orphelin, Jahrgang 1972, der sich als leitender Ingenieur bei der franzö­si­schen Energie­wende- und Nachhal­tig­keits-Agentur ADEME und als grüner Aktivist einen überre­gio­nalen Namen gemacht hatte, war der Sprung aus der ökolo­gi­schen Zivil­ge­sell­schaft in die nationale Politi­k­arena nicht vorge­zeichnet. Was ihn dazu bewog, sich der neuen Bewegung anzuschließen, war „die Frische“, die Emmanuel Macron 2016 verstrahlte, „dieser Eindruck, ein echter Neuanfang sei machbar“ und das implizite Versprechen des Kandi­daten, sich dem Klima­wandel ernsthaft zu stellen und den notwen­digen ökolo­gi­schen Wandel unideo­lo­gisch und effizient anzugehen.

Im Herbst 2016 war Macron auch sehr daran gelegen, seine Positio­nierung jenseits von links und rechts durch eine Reihe von Mitstreitern zu illus­trieren, die aus ganz verschie­denen Lagern zu ihm stießen. Die in zahlreichen Wortmel­dungen in den Medien belegte Fach-Kompetenz von Matthieu Orphelin passte prima ins Bild. Und sie ermög­lichte Macron in einem zweiten Schritt sogar, den Kontakt zu dem landesweit sehr promi­nenten Aktivisten Nicolas Hulot herzu­stellen, der mit seiner Stiftung seit Jahren als ökolo­gi­sches Gewissen der Nation wahrge­nommen wurde, und der sich tatsächlich von Macron bewegen ließ, das Umwelt-Minis­terium anzunehmen.

Was folgte, war eine Desil­lusion nach der anderen. Hulot, der mit einem weitrei­chenden „Klimaplan“ gestartet war, blieb grade mal 15 Monate im Amt, bevor er in einem Radio­in­terview tief enttäuscht seinen Rücktritt erklärte –  für Matthieu Orphelin ein herber Rückschlag. Nur sechs Monate später verließ er selbst die République en marche! ehrlich enttäuscht, sowohl inhaltlich (von den zahlreichen Rückschlägen im Kampf gegen den Klima­wandel und der zuneh­menden Rechts­las­tigkeit der Regierung) als auch in der Form (von einer infan­ti­li­sie­renden Partei­dis­ziplin, „die letztlich nur die Legis­lative beschädigt“).

Die Einrichtung der innova­tiven Bürger-Konvention zum Klima­wandel – eine Idee, die er schon während der Gelbwesten-Proteste 2018 in einem öffent­lichen Artikel ins Spiel gebracht hatte – verfolgte er schon als partei­loser Abgeord­neter. Auch diese „exzel­lente Initiative“ lief ins Leere: „Wenn man die Bürger fragt, darf man sich auch nicht wundern, dass sie hyper-ehrgeizige Ziele setzen.“ Aber kaum waren die 149 Empfeh­lungen der Konvention offiziell dem Präsi­denten überreicht, fingen Exekutive und Legis­lative an, „sie zu zerstü­ckeln und zurecht­zu­stutzen“ und erzielten so das Gegenteil des erhofften Impulses: „den Eindruck falscher Verspre­chungen, die dem ganzen Verfahren die Glaub­wür­digkeit nehmen.“

Seiner zuneh­menden Enttäu­schung mit Macrons Umwelt­po­litik hat Matthieu Orphelin gleich nach seinem Ausstieg 2019 ein kurzes Buch gewidmet, mit dem schönen Titel „Je ne marche plus!“, der sowohl ein Wortspiel mit dem Namen der Partei beinhaltet, den man aber auch mit „Mich legt ihr nicht mehr rein!“ übersetzen kann.

Verbittert zeigt er sich aller­dings nicht: „Die Entscheidung, Macron zu unter­stützen, habe ich keinen Tag bereut, und ich verbringe meine Zeit auch nicht damit, irgend­welche Rechnungen mit der République en Marche ! zu begleichen.“ Für eine Wiederwahl steht er nicht zur Verfügung, seine kämpfe­rische Energie wird er in den kommenden Jahren in den lokalen und regio­nalen Kontext investieren.

Im Moment schlägt er sich mit den großen Fragen herum, die ihm sein Mandat hinter­lassen hat. „Ich verstehe nicht, dass den Politikern in Regierung und Parlament ein echtes ökolo­gi­sches Bewusstsein abgeht. Und es gelingt mir nicht, die Kluft zwischen der öffent­lichen Bewusst­werdung und dem mangelnden Verständnis der Politiker zu erklären.“

Das gilt auch für den Präsi­denten, der den Klima-Imperativ intel­lek­tuell verin­ner­licht habe, diesen aber immer wieder anderen Priori­täten opferte. Ob dies unter dem Druck (oder Wider­stand?) der zahlreichen rechts­li­be­ralen Schwer­ge­wichte im Minis­terrat geschah oder aus anderen Beweg­gründen, ist letzt­endlich sekundär. Enttäu­schend bleibt die ökolo­gische Bilanz allemal.

Die Schluss­fol­ge­rungen, die er aus einer außer­ge­wöhn­lichen Legis­la­tiv­pe­riode zieht, werden im Sommer in Buchform erscheinen, unter dem Titel „Was jetzt zu tun bleibt“.

Renais­sance

Wer so viele Hoffnungen auf tiefgrei­fenden Wandel erweckt wie Emmanuel Macron vor fünf Jahren, der wird unwei­gerlich viele enttäu­schen. Die République en marche ! wurde zum Sammel­becken für eine nie erwartete Zahl von Bürgern, die eine nie vorher­ge­sehene Chance sahen, die erlahmten, dogma­tisch festge­fah­renen Polit­struk­turen der Fünften Republik aufzu­brechen. Plötzlich schien alles möglich.

Nach fünf Jahren stellt sich vieles aus dem Bereich des Möglichen als nur bedingt machbar heraus. Die hier skizzierten Innen­an­sichten aus der Macronie legen nahe, dass auch die motivier­testen Mitstreiter mit einer gewissen Ernüch­terung zurück­blicken. Sie zeigen auch auf, wie sehr der Grad der Ernüch­terung letztlich von den einzelnen Persön­lich­keiten, den indivi­du­ellen Priori­täten, den respek­tiven Lebens­wegen abhängt.

Gemein ist den ehema­ligen Politik-Neulingen ein sehr kriti­scher Blick auf das Regime und seine Insti­tu­tionen. Ausge­zogen, um den beherzten Vorsatz Macrons „Politik anders zu betreiben“ („faire la politique autrement“) mithilfe ihrer Erfah­rungen und Kompe­tenzen aus der Zivil­ge­sell­schaft umzusetzen, müssen sie heute anerkennen, dass weder sie selbst noch ihr Präsident es geschafft haben, diesen Anspruch in einem Umfeld einzu­lösen, in dem sich Verhal­tens­weisen, Rituale und Proze­duren über Jahrzehnte verhärtet haben.

In ein paar Jahren wird man wissen, ob die anste­hende Umbenennung der Bewegung in „Renais­sance“ nur eine hilflose Beschwörung längst abgehakter Hoffnungen war. Dabei schreit die Müdigkeit der franzö­si­schen Demokratie geradezu nach einer „Wieder­geburt“ der Republik.

 

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