Offener Brief gegen die politische Repression in Russland
Wir verurteilen die politischen Repressionen und die Willkür in Russland und erklären unsere Solidarität mit der Opposition gegen das Regime von Präsident Putin. Ein Offener Brief von Personen aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft aus Europa und den USA.
Als Bewohner der freien Welt, die sich um die Zukunft der Demokratie weltweit sorgen, verfolgen wir die verstörenden Ereignisse in Moskau und anderen Städten Russlands, die sich im Laufe der letzten Monate entwickelt haben. Die Bürgerinnen und Bürger Russlands stellen an ihre Regierung lediglich Forderungen, die wir als selbstverständlich erachten:
- Das Recht, an freien und fairen Wahlen teilzunehmen
- Eine Beendigung der Strafverfahren gegen Aktivisten, die sich an friedlichen Protesten beteiligt hatten
- Dass Angehörige der Polizei, die willkürliche Gewalt gegen friedliche Demonstranten einsetzen, zur Verantwortung gezogen werden.
In Moskau wurde zunächst kein einziger unabhängiger Kandidat zu den Wahlen zur Stadtduma zugelassen; allen wurde auf rechtswidrige Weise die Registrierung verweigert. Mehr noch: Nahezu alle oppositionellen Kandidaten, die rechtmäßig diese Entscheidungen angefochten hatten, sind festgenommen und bis zu 30 Tagen in Haft genommen worden – aus keinem anderen Grund, als dass sie für ihre Rechte eintraten! Daraufhin sind zahlreiche Bürger aus Protest auf die Straße gegangen. Zehntausende friedlicher Demonstranten verlangten freie und faire Wahlen zum Stadtparlament. Die Behörden antworteten mit Polizei-Schlagstöcken, mehr als zweitausend Menschen wurden festgenommen, Dutzende wurden verprügelt, gegen etliche sind Strafverfahren eingeleitet worden.
Den Beschuldigten wurde die „Anstachelung zu Massenunruhen“ zur Last gelegt, obwohl Videoaufnahmen nur Gewalt von Seiten der Sondereinheiten der Polizei zeigen. Rechte, die in der Verfassung der Russischen Föderation verankert sind – das Recht sich friedlich zu versammeln und Versammlungen und Proteste zu organisieren –, werden von der Regierung als kriminelle Handlungen behandelt. Weit verbreitete Willkür, Gewalt gegen friedliche Bürger durch Angehörige der Polizei, die rechtswidrige Festnahme von Kindern, Drohungen an Eltern, all dies ist in Russland zur gängigen Praxis geworden. Es gibt bereits über 200 politische Gefangene im Land. Grundlegende Menschenrechte werden verletzt, die Verfassung wurde vollkommen ignoriert, und Wahlen wurden in Schaufensterattrappen von Demokratie verwandelt.
Gleichzeitig konnten wir sehen, wie das Regime von Präsident Putin Legitimität von den Demokratien des Westens zu erlangen sucht, wo korrupte Vertreter des Regimes ihre Gelder horten, Eigentum erwerben und Aufenthaltstitel, ja sogar Staatsbürgerschaften erlangen.
Diese Personen, die die Rechte der russischen Bürger verletzen, ziehen Nutzen aus den Rechten und Freiheiten demokratischer Länder. Sie nutzen Lobbyisten, Anwälte, ehemalige Politiker und Geheimdienstmitarbeiter für ihre Ziele. Sie korrumpieren aktive Politiker und Amtsträger, üben auf Unternehmen Druck aus und drängen andere dazu, nach ihren Regeln zu spielen und im Sinne ihrer Interessen tätig zu sein.
Die Regierung Russlands wirkt zunehmend auf die Gesellschaften des Westens ein. Ihre Beauftragten manipulieren Wahlen im Ausland, betreiben Desinformation und Propaganda, heuern Hacker an, richten Trollfabriken ein, entsenden Spione, nehmen Geiseln und begehen sogar Morde. Der Kreml annektiert Gebiete anderer Staaten und rüstet nuklear wie konventionell auf.
Dieses Vorgehen ist eine Gefahr nicht nur für Bürger Russlands, sondern für die ganze Welt. Wir rufen jeden auf, dem Demokratie und Menschenrechte wichtig sind, der Willkür des Regimes von Präsident Putin entgegenzutreten. Nachsicht oder Schwäche gegenüber diesem Regime unterminieren unsere Demokratie.
Insbesondere müssen wir einen entschiedenen Standpunkt gegenüber jenen einnehmen, die Putin und seinen Bundesgenossen helfen, gestohlenes russisches Kapital zu waschen. Bankiers, Lobbyisten, Politiker und Berater müssen erkennen, dass jede Hilfe, die solchen Offiziellen und ihren Komplizen gewährt wird, Beihilfe zu Verbrechen ist (und oft mit Geld aus kriminellen Quellen bezahlt wird).
Wir wenden uns darüber hinaus an internationale Unternehmen, deren Tätigkeit für die Verwirklichung der demokratischen Rechte und Freiheiten von Bedeutung ist. Die Behörden Russlands setzen ausländische Firmen – von Facebook bis Google – unter Druck, russische Gesetze anzuwenden, die die Zivilgesellschaft unterdrücken. Wir betrachten diese Nötigung als rechtswidrig und rufen internationale Unternehmen dazu auf, dem nicht nachzugeben.
Wir verurteilen die politischen Repressionen und die Willkür, die derzeit in Russland stattfinden. Mit jedem Tag wächst für die mutigen politischen Aktivisten, die im Land verblieben sind, die Gefahr, für Monate oder Jahre hinter Gitter zu wandern. Viele sind ins Exil getrieben worden. Sie alle zählen auf die Unterstützung internationaler Partner für ihr Engagement für Demokratie und Menschenrechte in Russland.
Wir erklären unsere Solidarität mit der Opposition gegen das Regime von Präsident Putin. Jeder Mensch verdient es in einem Land zu leben, das die Werte von Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit achtet und dafür sorgt, dass sie für alle Bürger gewährleistet sind.
Unterzeichner/innen:
Anne Applebaum, Washington Post Columnist and Senior Fellow, Johns Hopkins, the US
Anders Aslund, Senior Fellow, Atlantic Council, the US
Guto Bebb, Member of Parliament for Aberconwy, the UK
Marieluise Beck, Former State Secretary, Center for Liberal Modernity, Germany
David Benioff, Co-creator of the Game of Thrones, the US
Wolf Biermann, Singer and Writer, Germany
Arend Jan Boekestijn, Utrecht University, former member of Dutch Parliament, the Netherlands
Max Boot, Senior Fellow, Council on Foreign Relations, the US
Laurens Jan Brinkhorst, former Deputy Prime Minister, The Netherlands
William Browder, Head of the Global Magnitsky Justice Movement, the UK
Tina Brown, Founder and CEO of Tine Brown Live Media/Women in the World, the US
Chris Bryant, Member of the Parliament for Rhondda, the UK
John Bruton, Former Prime Minister, Ireland
Emmanuel Carrère, Writer, France
Bryan Cartledge, former British Ambassador to the USSR and Hungary, the UK
Viorel Cibotaru, former Minister of Defense, Moldova
Irwin Cotler, Former Minister of Justice and Attorney General, Canada
Herta Däubler-Gmelin, Former Minister of Justice, Germany
Martin Dewhirst, Russia expert, the UK
Larry Diamond, Senior Fellow, Hoover Institution, Stanford University, the US
Pr Hon. Gareth Evans AC QC, former Foreign Minister of Australia and President Emiritus of the International Crisis Group, Australia
Karl-Theodor zu Guttenberg, former Minister of Defense and Minister of Economics, Germany
Stephen Fry, actor and writer, the UK
Ralf Fuecks, Publicist, Center for Liberal Modernity, Germany
Timothy Garton Ash, Oxford University/Stanford University, the UK
Richard Harrington, Member of Parliament for Watford, the UK
Heidi Heitkamp, US Senator (retired), the US
Geoffrey Hosking, Emeritus Professor of Russian History, University College London, the UK
Toomas Hendrik Ilves, former President, Estonia
Gyde Jensen, Member of Parliament, Germany
Garry Kasparov, Chairman of the Human Rights Foundation (NYC), Russia
Bob Kerrey, US Senator (retired), the US
Tinatin Khidasheli, former Minister of Defense, Georgia
Mikhail Khodorkovsky, Founder of Open Russia, Russia
Stephen Kinnock, Member of Parliament for Aberavon, the UK
Petr Kolar, former Deputy Minister of Foreign Affairs and Ambassador of the Czech Republic to the US and Russian Federation, the Czech Republic
Marcus Kolga, President, Central and Eastern European Council, Canada
John Kornblum, Former US Ambassador to Germany, the USA
Patrick Klugman, Attorney at Law, Deputy Mayor of Paris, France
William Kristol, Director, Defending Democracy Together, the US
David J. Kramer, former Assistant Secretary of State for Democracy, Human Rights and Labor, the US
Vytautas Landsbergis, former President, Lithuania
Dr Katrina Lantos Swett, President, Lantos Foundation for Human Rights and Justice, the US
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Former Minister of Justice, Germany
Bernard-Henri Lévy, Philosopher and Writer, France
Markus Loening, Former Human Rights Commissioner, Germany
Jon Meacham, Rogers Chair in the American Presidency, Vanderbilt University, the US
Markus Meckel, Foreign Minister in the last government of the GDR, Germany
Sarah Mendelson, former US Ambassador to the UN’s ECOSOC, the US
Adam Michnik, Editor in Chief of Gazeta Wyborcza, Poland
David Morris, Member of Parliament for Morecambe and Lunesdale, the UK
Herta Müller, Writer and Nobel Prize Winner, Germany
Cem Özdemir, Member of Parliament, Germany
Richard North Patterson, bestselling Novelist and Political Commentator, the US
Andrew Percy, Member of Parliament for Brigg and Goole, the UK
Baroness Pidding, member of the House of Lords, the UK
Rosen Plevneliev, former President, Bulgaria
Jamie Raskin, Member of the House of Representatives, the US
Malcolm Rifkind, Former Secretary of State for Foreign and Commonwealth Affairs, the UK
Karl Rove, former Deputy Chief of Staff and Sr. Advisor to President George W. Bush, the US
Manuel Sarrazin, Member of Parliament, Germany
Karl Schlögel, Professor of History, Germany
Karel Schwarzenberg, Vice-Chairman of the Foreign Committee of the Chamber of Deputies of the Parliament and former Minister of Foreign Affairs, the Czech Republic
Bob Seely, Member of Parliament for Isle of Wight, the UK
Mikhail Shishkin, Writer, Switzerland/Russia
Radek Sikorski, Member of the European Parliament, former Foreign Minister, Poland
Peter Tatchell, Human Rights Campaigner and Director of Peter Tatchell Foundation, the UK
Astrid Thors, former OSCE High Commissioner on National Minorities, Finland
Laurence Tribe, Harvard University Law Professor, the US
Lord David Trimble, former Minister of Northern Ireland, the UK
Tom Tugendhat, Member of Parliament for Tonbridge and Malling, chair of the UK Parliament’s Foreign Affairs Committee, the UK
Sir Graham Watson, former President of the Alliance of Liberals and Democrats for Europe and former MEP, the UK
Dan Weiss, Co-creator of the Game of Thrones, the US
James Wharton, former Member of Parliament for Stockton South, the UK
Dana White, Chief Pentagon Spokesperson for Secretary James Mattis, the US
John Whittingdale, Member of Parliament for Maldon, the UK
Sir Andrew Wood, former UK Ambassador to Russia, the UK
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