Potenzial für NRW: CO2-Entnahme und negative Emissionen

Große Poten­ziale und lokale Wert­schöp­fung – Gemeinsam mit der Stiftung Mercator hat LibMod am 27. Februar in Essen mit Vertre­te­rinnen und Vertre­tern der lokalen Wirt­schaft, Politik, Wissen­schaft und Zivil­ge­sell­schaft die regi­ons­spe­zi­fi­schen Poten­ziale und Heraus­for­de­rungen von negativen Emis­sionen und Carbon Dioxide Removal in NRW diskutiert.

Als Deutsch­lands größtes Indus­trie­land beher­bergt NRW eine Vielzahl emis­si­ons­in­ten­siver Indus­trien, Start-ups und wissen­schaft­li­chen Einrich­tungen. So besteht in der ehema­ligen indus­tri­ellen Herz­kammer Deutsch­lands großes Interesse an einer zukunfts­ge­rich­teten Industrie und neuen Wert­schöp­fungs­ketten. Und: NRW hat bereits eine Carbon Manage­ment Strategie beschlossen.

In Deutsch­land konzen­triert sich die Carbon Manage­ment Diskus­sion bislang oft auf das Abscheiden, Speichern oder Wieder­ver­wenden von CO2 (CCS/​CCU). Die kürzlich vom Bundes­mi­nis­te­rium für Wirt­schaft und Klima­schutz veröf­fent­lichten Eckpunkte einer natio­nalen Carbon Manage­ment Strategie stellen hierfür wichtige Weichen.

„Netto-Null“-Klimaziel: 40 Millionen Tonnen CO2 müssen aus der Atmo­sphäre entnommen werden

Inzwi­schen rückt auch die Frage in den Fokus, wie CO2 aus der Atmo­sphäre entnommen werden und somit perspek­ti­visch negative Emis­sionen erreicht werden können. Um das „Netto-Null“-Klimaziel zu erreichen, müssen bis Mitte des Jahr­hun­derts in Deutsch­land etwa 40 Millionen Tonnen CO2 aus der Atmo­sphäre entnommen werden. Das ist eine erheb­liche Menge, was gleich­zeitig große Poten­ziale für die lokale Wirt­schaft in NRW bietet.

Die Diskus­sion mit Felix Schenuit (Stiftung Wissen­schaft und Politik), Domenik Treß (NRW.Energy4Climate), Christoph Zeiss (Wuppertal Institut), Florian Hilde­brand (Greenlyte Carbon Tech­no­lo­gies) sowie Dietmar Brockes (MdL/​FDP) und Christian Untrieser (MdL/​CDU) zeigte die großen Poten­ziale, aber auch die noch offenen Fragen

So muss das Wissen der Stake­holder zu den verschie­denen Methoden und Defi­ni­tionen weiter geschärft werden. Es besteht beispiels­weise oft Unklar­heit darüber, dass das Abscheiden und Speichern von CO2 an Punkt­quellen einen Prozess zwar weitest­ge­hend klima­neu­tral macht, dadurch aber aus der Atmo­sphäre kein CO2 entnommen wurde. Negative Emis­sionen entstehen nur dann, wenn das CO2 via Direct Air Capture (DAC) aus der Luft gefiltert wird oder wenn Biomasse in indus­tri­ellen Prozessen verwertet, und dass dabei entste­hende Kohlen­stoff­di­oxid anschlie­ßend abge­schieden und gespei­chert wird (BECCS).

NRW: Wichtige Rolle beim Anla­genbau und Transport von CO2

Zwar ist noch nicht klar, in welchem Umfang in NRW negative Emis­sionen erzeugt werden können, aber es zeichnen sich bereits regionale Chancen und Geschäfts­felder ab. So wird NRW voraus­sicht­lich beim Anla­genbau und Transport von CO2 eine wichtige Rolle spielen. Dabei ist vor allem im Indus­trie­land NRW das Zusam­men­spiel von Klima‑, Biodi­ver­si­täts- und Indus­trie­po­litik entscheidend.

Regionale Wert­schöp­fung

Poten­ziale für zukünf­tige regionale Wert­schöp­fung gibt es bei Tech­no­logie- und Logis­tik­an­bie­tern, Dienst­leis­tern und Forschungs­ein­rich­tungen – sowie zunehmend auch bei Schu­lungen und Weiter­bil­dungen. Kommunale und minis­te­riale Verwal­tungen müssen beispiels­weise beim Thema CDR Capacity Building betreiben. Chancen bieten sich auch insbe­son­dere für die Akteure, die Kohlen­stoffe sammeln – etwa kommunale Abfall­ent­sorger. Hier entstehen zukünftig viel­fäl­tige Verwer­tungs­mög­lich­keiten durch die Inwert­set­zung von Abfällen (z.B. die Nutzung von Nebenprodukten).

Wissens­transfer und Capacity Building

Große Poten­ziale liegen auch im Aufbau von CO2-Clustern, denn lokale Anla­gen­bauer stellen bereits heute Kompo­nenten her, die im DAC-Bereich benötigt werden. Dafür ist es nötig, Wissens­transfer zu fördern und zukünf­tige Geschäfts­mo­delle aufzu­zeigen. Viele Unter­nehmen, für die DAC relevant ist, wissen gar nicht, was es ist. Auch hier gibt es Geschäfts­po­ten­ziale für Schu­lungen und Weiterbildungen.

Start-ups brauchen finan­zi­elle Unterstützung

Um die Poten­ziale des Standorts NRW zu nutzen und die zahl­rei­chen Ideen umzu­setzen, brauchen Start-ups nicht nur finan­zi­elle Unter­stüt­zung, sondern auch schnel­lere und flexi­blere Geneh­mi­gungs­ver­fahren und Förder­pro­gramme. Hierfür sollten Forschung und Entwick­lung staatlich gefördert werden und tech­no­lo­gie­offen sein. Außerdem bedarf es einer stetigen, aber planbaren, Erhöhung des CO2-Preises auf EU und Bundes­ebene. Nur so werden Geschäfts­mo­delle rund um negative Emis­sionen und CDR mittel- und lang­fristig ökono­misch tragfähig.

Offen ist aller­dings, wer zukünftig CO2 nach­fragen wird und wie sich die Preise bilden werden. Auch die Finan­zie­rung der zu bauenden und teilweise schon geplanten CO2-Trans­port­in­fra­struktur ist noch nicht final geklärt. Wenn sie, wie in der Carbon Manage­ment Strategie des Bundes vorge­schlagen, privat finan­ziert wird, führt das zu einer schlanken Planung und Umsetzung, die Wirt­schaft­lich­keit gewähr­leistet. Ob aber die private Finan­zie­rung von CO2-Infra­struktur ausreicht, ist unklar. In jedem Fall sind staat­liche Absi­che­rungen nötig.

Klima- und Indus­trie­fragen zusammen denken

Um Klima- und Indus­trie­fragen schon jetzt zusammen zu denken, sollte bei der aktuellen Diskus­sion die Rolle von natür­li­chen Senken (Wald, Wiesen, Moore) stärker in den Fokus gerückt werden. Aus Klima- und Biodi­ver­si­täts­per­spek­tive ist auch relevant, dass für BECCS biogene Stoffe benötigt werden, die Risiken für die Biodi­ver­sität bergen können.

Gerade weil CDR und negative Emis­sionen auch mit Risiken behaftet sind, muss die Frage der gesell­schaft­li­chen Akzeptanz im Mittel­punkt stehen. Dabei kann eine trans­pa­rente Kommu­ni­ka­tion der Ziele und Motive – aber auch der bestehenden Risiken – Vertrauen in die Akteure und die viel­fäl­tigen CDR-Methoden schaffen.

Globale Entwick­lung von Carbon Manage­ment nicht aus dem Blick verlieren

Auch wenn der Fokus des Fach­ge­sprächs auf NRW lag, dürfen wir die globale Entwick­lung beim Thema Carbon Manage­ment nicht aus dem Blick verlieren. Eine zu starke Verengung auf die lokalen oder natio­nalen Bege­ben­heiten beschränkt inter­na­tio­nale Perspek­tiven und Chancen.

Carbon Manage­ment – und das Erreichen von negativen Emis­sionen – ist ein Baustein bei der klima­neu­tralen Trans­for­ma­tion der Gesell­schaft. Daher ist es für den Erfolg und die Akzeptanz der Tech­no­lo­gien wichtig, Stake­holder aus verschie­denen Bereichen in die Diskus­sion einzu­be­ziehen. Inter­essen sollten dabei trans­pa­rent kommu­ni­ziert werden, gleich­zeitig muss auch deutlich sein, dass fossile Geschäfts­zweige und Indus­trien ein Auslauf­mo­dell sind und dafür etwas Neues entsteht. Egal ob in Essen, Berlin oder Brüssel.

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