China provo­ziert Kriegs­gefahr im Pazifik

Foto: Shutter­stock, Frank Fischbach

Beim ersten Treffen des japani­schen Premiers mit Präsident Biden sicherten die USA Japan Beistand angesichts chine­si­scher Macht­ge­bärden zu, ohne dabei allzu konkret zu werden. Lässt Präsident Xi sich von Putin inspi­rieren, dann drohen Annexionen und ein heißer Krieg zwischen der alten und der neuen Super­macht, analy­siert Prof. Alexander Görlach.

Es war das erste persön­liche Treffen von US-Präsident Biden mit einem auslän­di­schen Regie­rungschef. Japans Premier­mi­nister Yoshihide Suga war nach Washington gereist, um mit dem wichtigsten Verbün­deten seines Landes über die wachsende Bedrohung zu sprechen, die die Volks­re­publik China für sein Land und die Region insgesamt darstellt. Dabei sprachen die beiden vor allem über Taiwan, eine demokra­tische Insel­nation vor der Küste Chinas, der Macht­haber Xi Jinping bereits mehrfach die gewaltsame Annexion angedroht hat. Die Insel Taiwan war einmal eine japanische Kolonie, die beiden Länder verstehen sich heute als Partner.

Doch China möchte sich nicht nur Taiwan einver­leiben: Unweit der Insel liegen die Senkaku Inseln, die Peking ebenfalls einnehmen möchte. Die kleinen Archipel werden derzeit von Japan kontrol­liert. Ein weiterer Schau­platz, der Biden und Suga Kopfzer­brechen bereiten dürfte, sind die Spratley-Inseln, die zu den Philip­pinen gehören. Dort landeten im März 200 chine­sische Schiffe an, deren Besat­zungen die Inseln seitdem besetzt halten. China spricht ganz nonchalant von Fischer­booten, die philip­pi­nische Regierung hingegen nennt die Angelan­deten eine chine­sische Miliz. Xi Jinping hat sich bei der Besetzung der Inseln anscheinend von Russlands Macht­haber Vladimir Putin inspi­rieren lassen, der die zur Ukraine gehörende Krim im Jahr 2014 annek­tiert hat und seitdem besetzt hält.

Wenn man diese drei Schau­plätze chine­si­scher Aggression, die Senkaku Inseln, Taiwan und die Spratley-Inseln, auf einer Weltkarte mitein­ander mit einer Linie verbindet, erkennt man die Strategie Pekings ganz deutlich: die Inseln bilden eine Kette, die der Volks­re­publik die Kontrolle über das ost- und das südchi­ne­sische Meer liefern würde. Sollte China das gelingen, würde es endgültig die Macht in dieser Weltgegend an sich gezogen haben, Japan und die USA wären abgemeldet. Wie es in einer solchen Welt, in der China das sagen hat, zugehen würde, davon bekommen Japaner und die Taiwa­nesen bereits heute Kostproben: in den vergan­genen Wochen sendete China mehrfach einen großen Flugzeug­träger an der japani­schen Insel Okinawa, auf der ein US-Militär­stüt­zunkt liegt, vorbei, um Japaner und Ameri­kaner gleicher­maßen zu provo­zieren. Chine­sische Kampfjets dringen auf regel­mä­ßiger Basis in den taiwa­ne­si­schen Luftraum ein. Doch damit nicht genug, die Schikanen erstrecken sich auch auf andere Gebiete. Es ist erst einen Monat her, dass die Volks­re­publik China einen großen Teil der bestellten taiwa­ne­si­schen Ananas-Ernte einfach nicht abnehmen wollte. Japan sprang in die Bresche und kaufte Taiwan seine Früchte ab.

Peking provo­ziert die Weltge­mein­schaft und lotet aus, ob sich eine Allianz, die sich gegen sein Vorgehen stellt, bilden wird. Joe Biden und Yoshihide Suga haben sich bei ihrem, vom Ergebnis her betrachtet, eher symbo­li­schen Treffen zwar gegen­sei­tiger Unter­stützung versi­chert, ohne dass dabei deutlich geworden werde, wie diese im Falle einer militä­ri­schen Aggression Chinas gegen das demokra­tische Taiwan ausfallen würde. Taiwan liegt nicht nur strate­gisch gut, um das Meer zu kontrol­lieren. Dort werden auch viele der Chips herge­stellt, die in amerik­an­sichen Smart­phones und Tablets landen. Ginge Taiwan verloren, würde das auch der US-Ökonomie einen herben Schaden zufügen.

Das Verhältnis zwischen Japan und den USA war seit der Amtszeit von Präsident Trump belastet. Herr Trump forderte von den Alliierten Amerikas, sie sollten für den militä­ri­schen Schutz, den die USA bereit stellen, zahlen. Japan unterhält seit seiner Niederlage im Zweiten Weltkrieg keine offzielle eigene Armee mehr und muss in einem Konfliktfall auf die Sicher­heits- und Vertei­di­gungs­ga­rantie der Verei­nigten Staaten zurück­greifen. Das Verhältnis zu Taiwan wurde unter Präsident Trump hingegen aufge­wertet, was Peking sehr erzürnt, die kommu­nis­tische Nomen­klatura sieht Taiwan als eine Provinz der Volks­re­publik an. Nach dem Bürger­krieg gegen die Truppen Mao Zedongs zogen sich die Truppen der Republik China in den Jahren 1947 bis 1949 auf die Insel Taiwan zurück, um dort Kräfte zu sammeln, um schließlich das Festland zurück zu gewinnen. Daraus wurde nichts, in den siebziger Jahren erkannte die Weltge­mein­schaft Schritt für Schritt — die Macht des Fakti­schen — die Volks­re­publik als das neue China an, was Taiwan als eine Art Sonderfall der Geschichte zurück ließ. Seit den frühen neunziger Jahren ist das Land eine Demokratie, die überwäl­ti­gende Mehrheit der Einwohner sieht sich als Bürge­rinnen und Bürger einer eigen­stän­digen Nation.

Die USA haben bereits in den siebziger Jahren eine Sicher­heits­ga­rantie für Taiwan formu­liert, die aber nicht klar artiku­liert, ob die Verei­nigten Staaten im Falle eines Angriff der Volks­re­publik Truppen zur Vertei­digung Taiwans schicken würden. Selbst wenn die USA nicht direkt invol­viert wären, wären sie spätestens durch ihre Sicher­heits­ga­rantie gegenüber Japan in den Konflikt invol­viert. Das Treffen nun in Washington soll Peking signa­li­sieren, dass Japan und die USA in Sachen Taiwan den Schul­ter­schluss suchen. Ob das die Annexions- und Kriegs­wü­tigen in der Kommu­nis­ti­schen Partei von ihrer Absicht abbringen wird, darf bezweifelt werden. Jedem Kinder­gar­tenkind in China wird einge­trichtert, dass Taiwan ein Teil der Volks­re­publik sei. Präsident Xi hat sein Geschick als chine­si­scher Macht­haber mit der Taiwan-Frage, seiner Schick­sals­frage gleicher­maßen, verknüpft. Er kann eigentlich nicht mehr hinter seine Drohungen zurück. Alles läuft deshalb auf einen bewaff­neten Konflikt hinaus. In den Haupt­städten der freien Welt muss man sich deshalb auf das schlimmste gefasst machen und mehr bereit halten als reine Absichtserklärungen.

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