Sachsen: Vom Erfolgs­mo­dell zum Problemfall

Quelle: Shut­ter­stock

Kurt Bieden­kopf hat Sachsen wirt­schaft­lich moder­ni­siert. Doch sein Regie­rungs­stil förderte die Unter­ta­nen­men­ta­lität und schadete der kriti­schen Zivil­ge­sell­schaft. Für Rechts­po­pu­listen ist das heute ein idealer Nährboden.

Als die DDR unter­ge­gangen war, und sich das neue Deutsch­land formierte, galt Sachsen als Hoff­nungs­träger. Die Voraus­set­zungen im Südosten waren besser als anderswo in Ostdeutsch­land –  der Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess von der zentralen Verwal­tungs­wirt­schaft  zum Kapi­ta­lismus, vom Kaser­nen­hof­so­zia­lismus in eine demo­kra­ti­sche Gesell­schaft: Hier könnte er gelingen.

Sachsen war ein Indus­trie­land mit einer über 100jährigen Tradition, ein Land der Inge­nieure und Tüftler. Zudem kannte die Welt den Land­strich, zumindest zwei seiner Groß­städte: Leipzig wegen der Messe, als Dreh­scheibe des Ost-West-Handels und Dresden, die alte Resi­denz­stadt an der Elbe mit ihren einma­ligen Gemäl­de­samm­lungen und Museen.

In der Bieden­kopf-Ära wurde vieles gefördert, nur eines nicht: der kritische, parti­zi­pa­ti­ons­fä­hige Bürger. 

Sachsen startete schnell. Während andere noch marode DDR-Betriebe abwi­ckelten und der verbli­chenen Indus­trie­mo­derne nach­trau­erten, entstanden in Dresden die ersten Halb­lei­ter­werke. Wissen­schaftler aus aller Welt zog es nach Sachsen in die neuge­grün­deten Forschungs­ein­rich­tungen. Das Schul­system wurde umge­krem­pelt, passgenau für die Erfor­der­nisse der neuen Zeit. Wenige  Jahre nach dem Fall der Mauer sah das Land schon ganz schön modern aus.

Doch dann kam erst die rechts­extreme NPD, später die rassis­ti­sche PEGIDA und die rechts­po­pu­lis­ti­sche AfD. Sachsen wurde zum Symbol eines gestrigen, häss­li­chen  Deutsch­lands: national, provin­ziell, auslän­der­feind­lich  und kulturreaktionär.

Doch wieso kippte die Stimmung ausge­rechnet in Sachsen? Es hat viel zu tun mit dem Mann, der das Land nach 1989 prägte, wie kaum ein andere: Kurt Bieden­kopf, der erste Minis­ter­prä­si­dent nach der Einheit.

Von Beginn an ist die Beziehung zwischen Sachsen und Bieden­kopf symbio­tisch. Die Sachsen brauchten einen wie Bieden­kopf. Und Bieden­kopf brauchte ein Land wie Sachsen.

Im Westen war der  CDU-Politiker auf dem Abstell­gleis gelandet. Als der Ostblock erodierte war der kluge Professor nur noch Zaungast. Ganz am Rand der poli­ti­schen Bühne musste er verfolgen, wie sein alter Wider­sa­cher Helmut Kohl mit der Vorbe­rei­tung der deutschen Einheit Geschichte schrieb. Bieden­kopf, in den siebziger Jahren CDU-Gene­ral­se­kretär, Wahl­kampf­ma­nager, Vor- und Quer­denker seiner Partei,  hatte abge­schlossen mit der aktiven Politik. Sein vorerst letzter Versuch in der Landes­po­litik Nordrhein-West­fa­lens war jämmer­lich geschei­tert. Bieden­kopf zog sich zurück in eine kleine aber mit lukra­tiven Mandaten ausge­stat­tete Anwalts­kanzlei in Bonn, schrieb Bücher über die Zukunft der  Rente und die Probleme in einer über­al­terten Gesellschaft. 

Portrait von Andreas Wassermann

Andreas Wasser­mann ist Redakteur beim Spiegel und arbeitete zuvor für die Dresdner Morgen­post und die Leipziger Volkszeitung

Dann sollte eine von vermö­genden Freunden subven­tio­nierte Gast­pro­fessur für Volks­wirt­schaft an der Karl-Marx-Univer­sität in Leipzig alles ändern. Im Osten, wo alles im Umbruch war, der Sozia­lismus abge­wirt­schaftet und der Kapi­ta­lismus sich noch ungewohnt und fremd anfühlte, fand Bieden­kopf wieder aufmerk­same Zuhörer. Sein Rat war gefragt, bei alten SED-Genossen, die sich zum persön­li­chen Wohl­ergehen wenden wollten, genauso wie bei ehema­ligen Montags­de­mons­tranten, die eine refor­mierte DDR  längst in der Sehnsucht nach einem vereinten Deutsch­land und einem aufer­stan­denen Sachsen vergessen hatten. Bieden­kopf versprach keine Wunder, erklärte immer wieder, wie steinig der Weg zu Wohlstand und Wohl­ergehen sein werde. Doch wenn es ein Volk schaffen könnte, dann die Sachsen, die in der Vergan­gen­heit prächtige Reiche gegründet hatten und im 19.Jahrhundert den Takt der Indus­tria­li­sie­rung vorgaben.

Und irgendwie war Bieden­kopf ja auch einer von Ihnen. Er war in Ludwigs­hafen geboren, aber seine Kindheit und frühe Jugend hat er in Schkopau verbracht, das damals, in den dreißiger Jahren, noch zu Sachsen gehörte.

Wer also, wenn nicht er, könnte Sachsen wieder zur alten Größe führen. Kurt Bieden­kopf, der Sohn eines Buna-Betriebs­lei­ters, der in den USA studiert hatte, Präsident der Ruhr-Univer­sität war, beim Wasch­mit­tel­kon­zern Henkel im Vorstand saß und die Union mit einem demago­gi­schen Freiheit-statt-Sozia­lismus-Wahlkampf zur stärksten Partei machte.

Als die DDR sich in Abwick­lung  befand, saß Bieden­kopf in mehreren Aufsichts­räten ehema­liger volks­ei­gener Betriebe und Kombinate. An einem Tag im August 1990 war er auf dem Rückweg von der Aufsichts­rats­sit­zung der Buna-Werke nach Leipzig in die Univer­sität. Die  Gewerk­schaft ÖTV hatte den Verkehr lahm­ge­legt, der Platz vor der Hoch­schule war gesperrt. Bieden­kopf parkierte seinen Wagen vor dem Gewand­haus, ausge­rechnet auf jenem Stell­platz, der für den Chef­di­ri­genten  Kurt Masur reser­viert war. Doch der  aufgeregt herbei­ei­lende Pförtner war nicht etwa unge­halten, sondern erfreut und schon  ein wenig huldvoll, als er den Falsch­parker erkannte: „Ei verbibsch. Der neie sächs‘sche Kenich“.

Wie die Mehrheit der Sachsen wollte auch Bieden­kopf niemals refor­mieren, sondern restau­rieren. Gemein­sames Ziel war  die Wieder­her­stel­lung einer präso­zia­lis­ti­schen Bürgerlichkeit. 

Die Geburts­stunde von König Kurt. Am 14.Oktober, einem sonnigen Herbst­sonntag ist Land­tags­wahl in Sachsen. Die Prognosen  verspre­chen einen fulmi­nanten Wahlsieg für die CDU und ihren Spit­zen­kan­di­daten. Am Ende waren es 53,8 Prozent, das beste Ergebnis für die CDU bei den ersten Land­tags­wahlen im Osten.

Dabei war der Wessi, der sich sogar noch in die DDR hat einbür­gern lassen,  alles andere als erste Wahl für Sachsens CDU.  Andere CDU-Politiker  waren im Gespräch. Helmut Kohl war jeder Recht, wie er dem damaligen DDR-Minis­ter­prä­si­denten Lothar  de Maizière erklärte, nur nicht „dieser Traum­tänzer“. Und damit meinte Kohl seinen Quer­denker Biedenkopf.

Gegen Heiner Geißler, Bieden­kopfs Nach­folger als CDU-Gene­ral­se­kretär, hatte Kohl nichts, und die Sachsen-CDU hätten ihn liebend gern als Spit­zen­kan­didat aufge­stellt. Doch Geißler mochte nicht. Und so wurde Kurt Bieden­kopf gefragt  –  von Lothar Späth, damals Minis­ter­prä­si­dent Baden-Würt­tem­bergs, der sich ein wenig verant­wort­lich fühlte für die Gestal­tung der poli­ti­schen Zukunft in Sachsen.

Bieden­kopf stimmte  seinem poli­ti­schen Karriere-Comeback zu – unter  Bedin­gungen: Freie Hand beim Personal und keine Intrigen – gegen ihn, versteht sich. Ein Angebot, das Späth weder ablehnen konnte noch wollte. Und selbst Kohl überließ nun, wenn auch zähne­knir­schend, dem „Traum­tänzer“ den Südosten der DDR, der alsbald der Freistaat Sachsen werden sollte. Bieden­kopf notierte in sein Tagebuch: „Eine Genug­tuung habe ich. Ich werde nun wohl doch Minis­ter­prä­si­dent werden, wenn auch nicht in NRW“.

Die CDU-Notlösung sollte sich für die Sachsen als Glücks­fall erweisen. Sie bekamen einen Regie­rungs­chef, der ihnen zwar wirt­schaft­lich einiges zumutete aber nie ihre Selbst­ge­wiss­heit anzwei­felte oder auch nur kritisch in Frage stellte. Mit Bieden­kopf bekamen sie in einer wirren Umbruch­zeit genau den Mann, den sie brauchten; der sie darin bestärkte, dass nur das Joch des real­exis­tie­renden Sozia­lismus die Sachsen bisher daran hinderte, ein glück­li­ches und prospe­rie­rendes Völkchen zu sein.

Wie die Mehrheit der Sachsen wollte auch Bieden­kopf niemals refor­mieren, sondern restau­rieren. Gemein­sames Ziel war  die Wieder­her­stel­lung einer präso­zia­lis­ti­schen Bürger­lich­keit.  Dem Spät­be­ru­fenen machte so das Regieren große Freude. Ganz anders als in Nordrhein-Westfalen himmelte die gesamte Partei Bieden­kopf an, und in Sachsen wurde der spröde, selbst­ge­wisse Professor sogar populär, ein richtiger Landes­vater. „Eine Art höheres Wesen zum Anfassen“, schwärmte ein CDU-Land­tags­ab­ge­ord­neter  der ersten Stunde.

Und für Bieden­kopf wohl das Über­ra­schendste von allem, er musste sich dafür nicht einmal ändern. „Erstmals in seinem Leben agiert Kurt Bieden­kopf nun ohne Korrektiv. Kein Kanzler kann ihn hindern, kein Gegen­spieler ausbremsen. Die Sachsen erleben Bieden­kopf pur.“ So  bewertete der Spiegel das erste Dresdner Regierungsjahr.

Bieden­kopf pur – das hieß:  Regieren im Stil des Ober­se­mi­nars oder eines Vorstands­kon­zern-Meetings. Von seinen Ministern will er nichts von  Problemen hören, sondern Lösungen präsen­tiert bekommen. Er liebt den Diskurs, solange am Ende alle seiner Meinung sind. Denn Bieden­kopf weiß alles, oder zumindest alles besser.

Die Ressorts, die ihm besonders nahe sind, Finanzen, Wirt­schaft  besetzt er mit Männern seines Vertrauens aus dem Westen. Die anderen Minis­te­rien leiten Ostdeut­sche, CDU-Block­föten sind dabei und ehemalige DDR-Oppo­si­tio­nelle. Ihnen zur Seite stellt Bieden­kopf Staats­se­kre­täre aus dem Westen. In der Regel altge­diente Minis­te­ri­al­be­amte aus den unions­re­gierten Südlän­dern, Bayern und Baden-Würt­tem­berg, die Tricks und Fall­stricke bundes­re­pu­bli­ka­ni­scher Büro­kratie bestens kennen. Die West­be­amten  sollen auch Acht  darauf geben, dass ihre ostdeut­schen Minister die  Reali­täten des neuen Deutsch­lands akzeptieren.

Bieden­kopf genießt den Ruhm und ist dafür dankbar. Wohl auch deswegen ignoriert er erstmal, dass sich im Freistaat die ersten rechts­extremen Roll­kom­mandos formieren. 

Für Bieden­kopf spielt das Kabinett ohnehin nur eine Neben­rolle. Die wichtigen Entschei­dungen werden in der Küche getroffen – einer Regie­rungs-Wohn­ge­mein­schaft, die neben dem Minis­ter­prä­si­denten, seine Frau, alle West­mi­nister, Staats­se­kre­täre sowie Bieden­kopfs Staats­kanzlei-Entourage beher­bergt. Informell und auf dem kurzen Dienstweg regiert  das Küchen­ka­bi­nett, stellt wirt­schafts- und finanz­po­li­ti­sche Weichen, und lauscht dem Professor, wenn er wiedermal über die Lage Deutsch­lands und der Welt doziert.

Mit seiner Wahl zum säch­si­schen Minis­ter­prä­si­denten kehrt Bieden­kopf auch auf die bundes­po­li­ti­sche Bühne zurück. Der Beute-Sachse wird das Gesicht des Ostens in Bonn. Er handelt den Soli­dar­pakt mit aus, der die finan­zi­elle Unter­stüt­zung des Beitritts­ge­biets über mehr als zwei Jahr­zehnte sichern sollte. Er ist gefragt in Talkshows, wenn  über die die Treu­hand­an­stalt, Stasi, oder ostdeut­sches Selbst­ge­fühl geredet wird. Und selbst der Einheits­kanzler  muss sich nun wieder auf den  besser­wis­se­ri­schen Professor einlassen. Denn im Gegensatz zu seine Pendants in den anderen Ostlän­dern nimmt die poli­ti­sche Klasse in Bonn Bieden­kopf ernst.

Bieden­kopf genießt den Ruhm und ist dafür dankbar. Wohl auch deswegen ignoriert er erstmal, dass sich im Freistaat die ersten rechts­extremen Roll­kom­mandos formieren, völki­sches Gedan­kengut attraktiv und Rassismus normal wird.

Die Sieg-Heilrufe bei den jähr­li­chen Neonazi-Aufmär­schen in Dresden, verharm­loste  Bieden­kopf  als „einfaches Gano­ventum“, nichts politisch Brisantes, lediglich „ Rechts­wid­rig­keiten  von jungen Leuten, die entwur­zelt sind“. In Kurts Welt erschien Neona­zismus und Rassismus als ein poli­ti­scher Faktor erst, als die rechts­extreme NPD und neofa­schis­ti­sche Kame­rad­schaften bereits dabei waren, ganze Land­striche zu bestimmen und  vor allem auslän­di­sche Inves­toren zu verschrecken.

Doch auch dann noch ließ er die Rechts-Blinker in den eigenen Reihen gewähren. Sein Justiz­mi­nister sprach von einer angeb­li­chen Über­frem­dung, und Bieden­kopf schwieg. CDU-Land­tags­ab­ge­ord­nete mit DDR-Biogra­phie gefielen sich darin, „stolz Deutsche zu sein“ und zele­brierten einem provin­zi­ellen Sachsen-Chau­vi­nismus. Bieden­kopf ließ sie gewähren.

Wie in der Tiger­staaaten des fernen Osten war auch in Bieden­kopfs Sachsen Kritik eher unerwünscht. 

Denn derart naive Geschichts- und Welt­ver­ges­sen­heit, wirkte zwar etwas schrullig und gestrig, doch es erschwerte Bieden­kopfs  Sachsen-Wieder­ge­burts­hilfe nicht.  Sachsen wieder groß zu machen und glänzen zu lassen,  nur das zählte.

Und so entwi­ckelte sich in der Bieden­kopf-pur-Ära  Sachsen zu einem recht eigen­ar­tigen Land. So ein bisschen Singapur nur ohne Stock­hiebe. Wie in der Tiger­staaaten des fernen Osten war auch in Bieden­kopfs Sachsen Kritik eher uner­wünscht. Große Teile der Oppo­si­tion, vor allem die Sozi­al­de­mo­kratie,  ließen sich ohnehin und ganz frei­willig vom  Sachsen-Wir-Gefühl einlullen.

Für Bieden­kopf war parla­men­ta­ri­sche und außer­par­la­men­ta­ri­sche  Oppo­si­tion beim Aufbau Sachsens ohnehin eine zu vernach­läs­si­gende Größe, denn wie er selbst gerne alle wissen ließ, seine Oppo­si­tion sei die Wirk­lich­keit.  Und so wurde die CDU  eine Staats­partei, die  über Jahre das Gefühl vermit­telte, wenn man sie und Bieden­kopf nur unge­hin­dert machen ließe, werde alles gut.

Und sie hatten  ja durchaus  Erfolge vorzu­weisen: spek­ta­ku­läre Firmen­an­sied­lungen, wie VW bei Zwickau, BMW und Porsche in Leipzig und eine ganzes Cluster von HighTech-Betrieben in Dresden. Die Staats­fi­nanzen waren solide. Zu dem belegten  Sachsens Schüler bei den Pisa-Test regel­mäßig vordere Plätze in Mathe­matik und Natur­wis­sen­schaften. Sachsen wurde der Streber, der ostdeut­sche Klassenprimus.

Das tat der Seele vieler Sachsen gut. Endlich wieder vorne, endlich nicht nur verlacht wegen des ulkigen Dialekts. Die Sachsen waren Bieden­kopf dankbar, zweimal wurde er mit Adenauer-Ergeb­nissen wieder­ge­wählt. Und sie akzep­tierten bereit­willig jene Marotten, die sich bei Regie­renden mitunter flugs ausprägen, wenn sie unan­ge­fochten herrschen dürfen: Den Miss­brauch des Amtes, um Freunde und  Verwandte  den ein oder anderen Vorteil und das ein  oder andere gute Geschäfts zu ermög­li­chen, selbst wenn der säch­si­sche Steu­er­zahler dafür kräftig zahlen muss. Oder das Miss­ver­ständnis, ein demo­kra­ti­sches Amt auf Zeit sei mit quasi monar­chi­schen Privi­le­gien verbunden.

In Sachsen blieb die vorherr­schende Parti­zi­pa­ti­ons­form das Lamento, die Klage über die da oben. 

In der Bieden­kopf-Ära wurde vieles gefördert, nur eines nicht: der kritische, parti­zi­pa­ti­ons­fä­hige Bürger. Die Kultus­po­litik vernach­läs­sigte in den Schulen  die  Geistes- und Gesell­schafts­wis­sen­schaften. Kultur war dann förder­würdig, wenn sie als Image­träger für den Wirt­schafts­standort Sachsen taugte.  Kriti­sches, bürger­schaft­li­ches Enga­ge­ment, etwa gegen Neonazis wurde kaum unter­stützt, mitunter sogar kriminalisiert.

Bieden­kopfs Muster-Bürger sollten wählen gehen, sich viel­leicht ehren­amt­lich in Vereinen enga­gieren, sich aktiv am  Aufbau  von Sachsens Wirt­schaft betei­ligen und sonst die Politik Bieden­kopf und der CDU über­lassen. Und wenn sie etwas zu kriti­sieren haben, sich vertrau­ens­voll an Ehefrau Ingrid wenden. Der Minis­ter­prä­si­denten-Gattin richtete die Landes­re­gie­rung ein eigenes Bürger­büro in der Staats­kanzlei ein. Dort wurden Eingaben beant­wortet, wie in der DDR von der SED-Bezirksleitung.

Und wie in DDR-Zeiten blieb denn auch im Sachsen des neue geeinten Deutsch­lands die vorherr­schende Parti­zi­pa­ti­ons­form das Lamento, die Klage über die da oben, die ja ohnehin machen was sie wollen. Für Rechts­po­pu­listen sollte das ein idealer Nährboden sein.

Der Beitrag erschien in verän­derter Fassung im Sammel­band „Unter Sachsen – zwischen Wut und Will­kommen“, heraus­ge­geben von Matthias Meisner und Heike Kleffner im Verlag Ch.Links.

Textende

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